Malen gegen den Strom
Für ihn ist Stil etwas, das überwunden werden muss. Wie ein Haken schlagendes Kaninchen malt Gerhard Richter immer dann in eine andere Richtung, wenn man dachte, es ginge nur noch geradeaus.
Unscharf abgemalte Fotos, Farbfelder, abstrakte Bilder, Monochromien, Glasscheiben und Spiegel - Gerhard Richters Werk präsentiert sich auf den ersten Blick willkürlich unterbrochen und inkonsequent. Doch es gibt den roten Faden, und wer ihm folgt, entdeckt eben doch eine Art Programm.
Gebranntes Kind scheut Feuer
Richter kommt am 9. Februar 1932 in Dresden zur Welt. Seine Kindheit während des Krieges beschreibt er einmal als die spannendste Zeit seines Lebens. In der Hitlerjugend kommt er mit der Ideologie der Nationalsozialisten in Berührung, aber er ist noch Kind genug, sie nicht zu verinnerlichen. Der Krieg geht zu Ende, die Russen besetzen den Osten des Landes. Richter geht auf die Wirtschaftsschule, das Geld reicht nicht fürs Gymnasium.
Zwei abgebrochene Ausbildungen später beginnt er ein Kunststudium in Dresden. Er spezialisiert sich auf Wandmalerei und bekommt bald erste Aufträge vom Staat. Doch die sozialistische Ideologie der DDR, dieses laut Richter "erstickenden Staates", stört ihn. 1959 fährt Richter zur Documenta 2 nach Kassel, sieht Werke von Jackson Pollock und Ernst Wilhelm Nay und ihm wird bewusst, dass er eine so kühne Kunst in der DDR niemals wird schaffen können. Richter flieht 1961 mit seiner ersten Frau Marianne in den Westen.
Ideologiefreier Neuanfang im Westen
In Düsseldorf fängt er von vorne an. Richter studiert noch einmal Kunst. Seine tief sitzende Abneigung gegen Ideologien macht sich schon an der Akademie bemerkbar. Richter will zu keiner Gruppe gehören und keiner Richtung folgen. Sein Werk spiegelt bis heute, wie vehement Richter sich weigert, vereinnahmt zu werden. Der Zufall spielt im Entstehungsprozess seiner Bilder eine tragende Rolle, Unschärfe und Zerstörung stellen die Wahrheit hinter Richters Arbeiten immer wieder in Frage. Jedes einzelne Stück zeichnet eine dem Bild eigen-artige Abgeschlossenheit aus. So ließe sich zwar jedes Werk, jede Serie für sich durchaus einem künstlerischen Stil zuordnen - wenn nicht jede nachfolgende Arbeit diesen Stil prompt wieder brechen würde.
Richters Werk spaltet sich in viele Gruppen und Phasen. Zwei Kriterien allerdings machen es dem Betrachter leichter, sie zumindest grob einzuteilen - in Bilder, die nach einer Vorlage entstanden sind und solche, die Richter ohne Vorlage malte.