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Radio München - Ein Sender der amerikanischen Militärregierung Sendestart 1945

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann eine neue Etappe in der Rundfunkgeschichte: Von 1945 bis 1948/49 beeinflusste die amerikanische Besatzungsmacht den Wiederaufbau des Rundfunks in Bayern maßgeblich. "re-education" lautete die Parole der Zeit. Deutschland sollte zurück in die Kulturgemeinschaft zivilisierter Nationen geführt werden, die es zur NS-Zeit verlassen hatte.

Von: Historisches Archiv, Bettina Hasselbring

Stand: 14.09.2023

Landkarte 1945 | Bild: Reuters (RNSP)

Besatzungssoldat im Jahr 1945 | Bild: BR, Historisches Archiv

"Hier ist Radio München, ein Sender der Mililtärregierung. Wir senden auf Wellenlänge 405 Meter, 740 Kilohertz… Es wird von der Militärregierung darauf hingewiesen, dass die Sendestation Radio München täglich um 19.30 Uhr und um 21.00 Uhr alle wichtigen Mitteilungen der Militärregierung und der Stadtverwaltung bekanntgibt. Stellen Sie zu den angegebenen Zeiten Ihren Apparat ein, damit Sie ständig alle neuen Nachrichten erhalten. Die Militärregierung weist nochmals darauf hin, daß von 19.00 Uhr bis 6.00 Uhr alle Zivilisten, gleich welcher Nationalität, sich in ihren Wohnungen oder Unterkünften aufzuhalten haben. Wir senden jetzt Musik."

So begrüßte der Besatzungssender 1945 die bayerischen Hörerinnen und Hörer, erst auf Englisch, dann auf Deutsch.

Erst zwei Wochen waren vergangen, seitdem der "Reichssender München" auf Befehl eines Wehrmachtoffiziers ausgeschaltet worden war. Einen Tag später, am 30. April 1945, marschierten die Amerikaner in München ein und besetzten das Funkhaus.

Der 1929 eingeweihte Riemerschmidbau am Rundfunkplatz, in der Nähe des Hauptbahnhofs, war 1944 durch Bombenvolltreffer stark beschädigt worden. Wie Augenzeugen berichten, sah es dort wüst aus: Die SS hatte geplündert. Die Instrumente der Musiker waren verschwunden. Der große Sendesaal ausgebrannt. Die meisten übrigen Räume vorläufig unbenutzbar. Deshalb meldete sich "Radio Munich" erstmals nach dem Krieg, am 12. Mai 1945, zunächst aus einem Notstudio des Senders Ismaning. Dort im Erdinger Moos stand seit Anfang der 1930er Jahre der hölzerne Sendeturm. Der Holzturm und die Sendeanlagen waren im Krieg unbeschädigt geblieben. Sie waren noch in den letzten Apriltagen Schauplatz eines Aufstandes der "Freiheitsaktion Bayern" gegen das Naziregime, unter Rupprecht Gerngroß.

Aber schon am 31. Mai 1945 war das Funkhaus wieder provisorisch eingerichtet und betriebsbereit. Damit hatte der Rundfunk nach dem Krieg einen besseren Start als die Presse. Zeitungen erschienen mangels Papier oft nur zweimal wöchentlich. So war das Radio in der ersten Zeit die wichtigste und manchmal die einzige Informationsquelle. Der Rundfunk bot sich als besonders schnelles und wirkungsvolles Kommunikationsmittel an, um möglichst alle Kreise der Bevölkerung zu erreichen. In den ersten Wochen sendete Radio München: Nachrichten, Durchsagen der Militärregierung und Suchmeldungen nach Kriegsvermissten. Das Musikprogramm wurde von Radio Luxemburg übernommen. Gleich im Mai 1945 sprach der Münchner Oberbürgermeister Karl Scharnagl über aktuelle Problemen der Stadt, in der Sendereihe "Der Bürgermeister spricht".  

Fritz Schäffer, der erste bayerische Ministerpräsident | Bild: Bayerisches Pressebild

"Nie soll es in Deutschland mehr eine zentralistische Diktatur geben. Deshalb muß unsere bayerische Heimat stark sein. Preußen-Deutschland und sein Geist ist im Nationalsozialismus aufgegangen und ist mit ihm gestorben. Bayern weist einen neuen Weg. Keine nationalsozialistische Lüge, kein Massenterror darf mehr sein. Auch der Zwillingsbruder des Nationalsozialismus, der Militarismus und Kadaver-gehorsam, muss verschwinden. Es ist unbayerisch, er ist eine Giftblüte aus der
Aufnordung des deutschen Südens,"

äußerte sich Fritz Schäffer, der erste bayerische Ministerpräsident, im Juni 1945

Diese vermutlich erste Sendung der Reihe "Bericht an das bayerische Volk“ ist eines der wenigen noch erhaltenen Tondokumente aus dem Jahr 1945. Eine Rede, ganz im Sinne des bayerisch-föderalistischen Selbstbewußtseins.

Deutschland wurde ja 1945 in vier Besatzungszonen aufgeteilt. In ihrem Potsdamer Abkommen formulierten Winston Churchill, Harry S. Truman und Josef Stalin die Ziele für Nachkriegsdeutschland: die sogenannten vier D's: Demilitarisierung, Denazifizierung, Dezentralisierung und Demokratisierung. Die Funkhoheit des Reiches war auf die alliierten Siegermächte übergegangen. Den Deutschen wurde bis auf Weiteres untersagt, Rundfunkstationen zu betreiben.

Die "Radio Control Officers" stammten meist aus Europa und hatten Deutsch als Muttersprache gelernt. Einer von ihnen war der erst 29jährige Field Horine. Horine übernahm im Mai 1945 die Leitung von Radio München. Der amerikanische Deutschlandexperte hatte in den 30er Jahren in Heidelberg und Bonn Pädagogik und Germanistik studiert. Er besaß bereits Funkerfahrung, denn seit 1939 verantwortete er bei "Columbia Broadcasting Systems" in New York sämtliche deutschsprachige Nachrichtensendungen sowie alle politischen und kulturellen Programme, die über Kurzwelle nach Europa übertragen wurden.

Bekannt war Horine auch als Simultanübersetzer aller Hitler-, Goebbels- und Goering-Reden aus dem Deutschen Reichstag, welche die CBS ausstrahlte. Field Horine galt als linksliberal und als überzeugter Gegner des Nationalsozialismus. Unter seiner Leitung waren 1945 etwa 40 Amerikaner und 30 deutsche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Programm, Technik und Verwaltung beschäftigt. Als Radio München 1946 Richtfest feierte, war die Zahl schon auf 400 Personen gestiegen.

Intendant Field Horine hält eine Ansprache zum Richtfest bei Radio München, 1946 | Bild: Historisches Archiv

"Wir Amerikaner haben uns bemüht, nachdem deutsche Kräfte für den Münchner Rundfunk gefunden worden waren, diese in jeder Weise zu unterstützen. Wir sahen und sehen unsere Aufgabe nicht darin, die deutschen Mitarbeiter zu bevormunden, sondern ihnen den Weg zu ebnen und sie damit zu befähigen, einmal selbstverantwortlich den Sender München zu übernehmen,"

betonte Field Horine in seiner Ansprache


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