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Ilse Neubauer feierte 80. Alles Gute "Ilse-Hasi"!

Sie gilt als DIE Stimme des Bayerischen Rundfunks, spielte in unzähligen Serien des Senders mit und ist als "Ilse-Hasi" in den bayerischen Serienolymp aufgestiegen. Am 27. Juni feierte sie ihren 80. Geburtstag. Ans Aufhören denkt Ilse Neubauer aber noch lange nicht.

Von: Ursula Zimmermann, Unternehmenskommunikation

Stand: 29.06.2022 08:24 Uhr

Was für ein Glück, dass die junge Ilse wegen ihrer unglaublichen Schüchternheit nicht für immer in der Bühnenversenkung verschwunden ist. "Ich sprach ganz leise mit der Hand vorm Mund, […] bei den Proben rückte ich unbewusst immer weiter nach hinten, bis ich irgendwann aus dem Lichtkegel verschwand und bei den Kulissen landete", erinnert sie sich in einem Stern-Interview an ihren schweren Bühnenstart. Es war ihr Sprachlehrer im Bayerischen Rundfunk, der Schauspieler Fritz Strassner, ein strenger Kollege, aber großartiger Lehrer, der ihr half, ihre Schüchternheit und Selbstzweifel besser in den Griff zu bekommen.

Keine einfache Kindheit

Ilse Neubauer wuchs in Gräfelfing in gut situierten Verhältnissen auf. Dennoch verlief ihre Kindheit nicht unbeschwert. Ihr Vater hatte zu den Kindern ein sehr distanziertes Verhältnis, auch ihre Mutter war kühl und konnte keine Nähe zulassen. Später erfuhr Ilse die Tragödie, die dahinter steckte: Ihre Mutter war mit 16 Jahren von ihrem Stiefvater missbraucht worden und von zuhause weggelaufen.
Ilses ältere Schwester Inge litt an einer Verkrümmung der Wirbelsäule, was der lebenslustigen und lebhaften kleinen Schwester ständige Rücksichtnahme abverlangte. Ilse musste immer zurückstecken.
Als Ilse sieben Jahre alt war, zog die Familie auf einen Berghof in Mittergraseck bei Garmisch. Die Mutter betrieb dort eine kleine Pension. Bald schon ließen sich die Eltern scheiden. Der Vater starb, als Ilse elf Jahre alt war. 1954 verkaufte die Mutter den Hof und zog mit ihren Töchtern in die Schweiz, wo Ilse ein Internat für höhere Töchter besuchte.

"Ich will Schauspielerin werden"

Die neue Schule entpuppte sich als Glücksfall. Hier eröffnete sich ihr die Welt der Literatur und des Theaters. Der Internatsleiter hegte eine große Leidenschaft für die Kunst und die Bühne und konnte Ilse für das Theater begeistern. Er förderte sie und Ilse fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben wahr und als Person ernst genommen, erinnert sie sich in den BR Lebenslinien.

Trotz ihrer damals sehr hemmenden Schüchternheit beschloss sie, Schauspielerin zu werden. Sie kehrte nach München zurück, ihre Mutter wollte aber, dass sie eine Sprachenschule besucht. Ilse konnte aushandeln, neben der Sprachenschule eine Schauspielschule besuchen zu dürfen. Als sie dort die Abschlussprüfung bestand und vom Bayerischen Rundfunk ein Stipendium über 500 Mark für eine Sprechausbildung bekam, ließ sich auch die Mutter überzeugen.
Ihr Sprechlehrer im BR, Fritz Strassner, unterrichtete sie nicht nur, er wurde auch zu ihrem Mentor. Große Unterstützung erfuhr sie ebenfalls von Gustl Bayrhammer. "Strassner hat mir die Sprechkultur mit auf den Weg gegeben, Bayrhammer den Fleiß, die Leidenschaft für die Rolle – er hatte immer sehr leicht und locker gespielt", erzählt sie in den BR Geschichte(n).

Die Schauspielerin mit ihrem Sohn Andreas

Über ihre Sprechertätigkeit beim Bayerischen Rundfunk kam Neubauer zum Theater. Sie hatte Engagements im Münchner Residenztheater, im Volkstheater wie auch bundesweit.
Privat war sie mit einem bekannten Journalisten liiert und bekam 1965 ihren Sohn Andreas. Die Verbindung zu dessen Vater ging allerdings in die Brüche. Neubauer zog ihren Sohn alleine groß und verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Sprecherin beim Bayerischen Rundfunk. Da war sie Mitte 20.

Serien-Unsterblichkeit

1967 begann Ilse Neubauer Fernseh-Rollen zu übernehmen, ab 1973 auch im damaligen Bayerischen Fernsehen: Für die Komödienstadel-Episode "Die drei Dorfheiligen" stand sie an der Seite von Gustl Bayrhammer vor der Kamera. Es folgten weitere Rollenangebote und viele Jahrzehnte spielte sie in unzähligen BR-Fernseh-Produktionen, darunter in zahlreichen Kult-Serien wie "Münchner Geschichten", "Polizeiinspektion 1", "Meister Eder und sein Pumuckl", "Café Meineid", "München 7", sie gab die Mutter von Effendi in "Irgendwie und Sowieso", spielte die Oma Eberhofer im Eberhoferkrimi "Dampfnudelblues" und übernahm die Rolle der Johanna Schrödinger im "Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze".

Serien-Unsterblichkeit erlangte Ilse Neubauer als "Ilse-Hasi" in der mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten BR-Produktion "Die Hausmeisterin". Ihre liebste Rolle, wie sie in Interviews betont und eine Figur, die die Fernsehgemeinde sichtlich bewegt hat: "Erst haben mich die Leute gehasst, da hieß es, ich sei die Alexis [Colby, das Biest aus der Serie "Denver Clan"] von Haidhausen, weil der Fischer die wunderbare Fitz verlassen und dann diese blöde Kuh geheiratet hat [...]. Es hat einige Folgen gedauert, bis die Leute gemerkt haben, dass er "Ilse-Hasi" genauso betrügt wie seine erste Frau und dann hat man mich mehr geliebt", erinnert sie sich in den BR Geschichte(n).

Ilse Neubauer war und ist immer noch ein vertrautes Gesicht in der deutschen Film- und Serienlandschaft. Sie gilt als sehr wandelbare Schauspielerin. Sehr gerne spiele sie aber böse Rollen, weil sie selbst im Leben aggressionsgehemmt sei, erzählt Neubauer in einem Interview im Münchner Merkur 2021.

"Ich möchte gerne 100 werden und im letzten Lebensjahr noch eine schöne kleine Rolle spielen."

Ilse Neubauer auf die Frage, was sie sich denn zum Geburtstag wünscht.

Eine große Erzählerin

Ihre große Leidenschaft galt und gilt aber nach wie vor dem Sprechen. Jahrzehntelang hat sie daran gefeilt und es zu einer großen Kunst gebracht. Man hört sie oft und man hört ihr gerne zu. Sie hat die Gabe, Leute mitzunehmen. Sie hat unzählige Produktionen für den Bayerischen Rundfunk gesprochen, viele davon ausgezeichnet, im Fernsehen wie im Hörfunk: Sie sprach die Agnes Grandauer in der berühmten Familiensaga "Die Grandauers und ihre Zeit", sie wirkte in zahlreichen Hörspielen und Features mit, vertonte Magazinbeiträge und nahm Sendungen für den Schul- und Kinderfunk auf. Sie war jahrzehntelang die Stimme des Bayerischen Rundfunks und spricht auch heute noch für den Sender. Ihre Vorliebe fürs Radio begründet sie in "Eins zu Eins. Der Talk" auf Bayern 2 auch mit dem Fehlen der Kamera: "Es ist egal, wie man ausschaut, wie viel Gewicht man hat, ob man frisiert ist. Man muss nur bei Stimme sein. Das finde ich wunderbar."

Kämpferin für Gleichberechtigung

Ihre Schauspiel- und Sprecherkarriere war aber nicht immer selbstverständlich. Immer wieder hatte Ilse Neubauer in ihrer Karriere mit Vorurteilen gegenüber Frauen zu kämpfen. Auch in ihren ersten Jahren beim BR: "Die Vorurteile damals gegen Frauen waren enorm. Frauen durften früher keine Politik sprechen. Ich wurde mit zwei weiteren Sprecherinnen getestet, ob wir fähig wären, politische und wirtschaftliche Themen zu sprechen.“
Immer wieder setzte sich Ilse Neubauer für gleiche Rechte und gleiche Bezahlung ein. Sich selbst bezeichnet sie als Feministin. "Feministin ist doch kein Schimpfwort", meint sie in einem Bayern 2-Interview, "sondern heißt: Ich bin für Gleichberechtigung. Und das sollte doch jede Frau sein!"

Ilse Neubauer vor ihrer Galerie "Schauraum 1899" mitten in München

In ihrem denkmalgeschützten alten Stadthaus in der Münchner Ludwigsvorstadt hat Neubauer im Erdgeschoss die Galerie "Schauraum 1899" eingerichtet. Dort veranstaltet sie Vernissagen und fördert vor allem junge und unbekannte Künstlerinnen und Künstler. Sie ist vielseitig interessiert, auch politisch, liebt die Natur und ihren Garten. Der befindet sich hinter ihrem Haus mitten in der Stadt. Hier kommt sie zur Ruhe. Aber sicher nicht an ihrem besonderen Geburtstag. Denn dafür ist das "Ilse-Hasi" einfach zu bekannt.