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Münchner Sozialcourage-Medienpreis Vier Produktionen ausgezeichnet

Große Freude: Die STATIONEN-Sendung "Mit Wut in die Pedale", das radioFeature "Ich heiße Ayşe" sowie das Dokudrama "Hitlerputsch 1923 – Das Tagebuch der Paula Schlier" und der Podcast "Paula sucht Paula" sind am Montag mit dem Münchner Sozialcourage Medienpreis ausgezeichnet worden.

Von: BR-Redaktion Religion und Orientierung

Stand: 13.06.2024 | Archiv

Susanne Poelchau (Leitung Redaktion Grundbildung, Geschichte und Gesellschaft), Andrea Bräu (Redaktion), Paula Nochte (Autorin Podcast), Johannes Bertoud (Redaktion radioFeature), Nabila Abdel Aziz (Autorin radioFeature), Oliver Halmburger (Autor/Regisseur Dokudrama), Christian Wölfel, Irene Esmann, Eckhart Querner (Autor, Moderation & Redaktion STATIONEN), Tilmann Kleinjung (Leitung Redaktion Religion und Orientierung) | Bild: BR

Seit zehn Jahren zeichnet der Diözesan-Caritasverband München und Freising Journalistinnen und Journalisten mit dem Münchner Sozialcourage-Medienpreis aus. Und dieses Jahr gingen von vier je mit 1.000 Euro dotierten Preisen drei an BR-Produktionen. Ziel des Preises sei es, einen "unabhängigen, qualitäts- und werteorientierten Journalismus" auszuzeichnen, der sich sozialen Themen und Missständen annehme, über Rassismus und andere Diskriminierungen sowie Menschen in Not berichte. Eingereicht wurden in diesem Jahr knapp 40 Beiträge.

Mit Wut in die Pedale

In der Kategorie Fernsehen/Film erhielten Eckhart Querner, Irene Esmann und Christian Wölfel die Auszeichnung für die STATIONEN Reportage "Mit Wut in die Pedale. Betroffene von Missbrauch radeln zum Papst" aus der Redaktion Religion und Orientierung mit Unterstützung des ARD-Studios Rom. Für die Reportage hat das Team Missbrauchsbetroffene auf ihrer Radtour bis zur Audienz bei Papst Franziskus begleitet. Laudator Michael Netzhammer würdigte die Nähe des Films. "Die Betroffenen haben Sie in ihr Herz gelassen. Erst dadurch konnten sich wunderbare Momente entwickeln." Durch die Bilder von weinenden Männern erreiche der Film die Menschen auf der Herzensebene, so Netzhammer. "Mit Ihren Bildern schieben Sie unseren Verstand zur Seite. Wir können den Schmerz mit unserem Herzen erfassen. Genau das macht Ihre Reportage einzigartig." Gewürdigt wurde explizit, dass das BR-Team bei Ministerpräsident Markus Söder und Kardinal Reinhard Marx immer wieder kritisch und unnachgiebig nachgefragt habe. Auch die langjährige Erfahrung in der Berichterstattung über das Thema sowie die Fachkompetenz zahlten sich aus.

Diskriminierung aufgrund des Namens

Wie Namen Leben prägen "Ich heiße Ayşe"

In der Kategorie Hörfunk wurde eine Produktion aus der Redaktion Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst ausgezeichnet. Im radioFeature ‚"Ich heiße Ayşe‘ - wie Namen das Leben von Menschen prägen" erzählt Nabila Abdel Aziz von zwei Frauen mit Migrationserbe, die ähnliche Erfahrungen mit ihren Namen machen. Menschen, denen sie begegnen reagieren unsicher, verwundert, manchmal ablehnend. Die Autorin erzählt auch von ihren eigenen Erfahrungen und sie überlegt, wie sie ihr Kind nennen soll, wenn es auf die Welt kommt. "Dieses Thema berührt. Das wollen Menschen lesen, sehen und hören. Mit dem Verweis auf eine Reihe von Studien zeigt die Autorin, dass es nicht ausschließlich ein Gefühl ihrer Gesprächspartnerinnen ist, aufgrund ihres Namens diskriminiert zu werden", so Laudatorin Isolde Fugunt. "Ein bedeutsamer Hörfunkbeitrag, der dazu anregt, das eigene Verhalten in der Begegnung mit Menschen unterschiedlicher Kulturen und Herkunft immer wieder auf Vorurteile zu überprüfen."

"Sowohl die STATIONEN-Reportage als auch das Hörfunk-Feature zeigen, dass sich Mut zu außergewöhnlichen Projekten und heißen Eisen lohnen. Dazu kommen Erfahrung, Kompetenz und langer Atem. Ein großes Kompliment an die Macherinnen und Macher. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung."

Ellen Trapp, Leiterin des Programmbereichs Kultur beim Bayerischen Rundfunk

Geteilter Sonderpreis für zwei BR-Produktionen

Mit einem geteilten Sonderpreis zur Demokratieförderung zeichnete die Jury zwei Beiträge aus der BR-Redaktion Grundbildung, Geschichte, Gesellschaft aus: Das Dokudrama "Hitlerputsch 1923 – Das Tagebuch der Paula Schlier" und der dreiteilige Podcast "Paula sucht Paula – Vergessene Heldin im Hitlerputsch?" seien gerade jetzt von erheblicher gesellschaftlicher Relevanz, so der Laudator Professor Hermann Sollfrank: "Auf den Spuren der stillen Widerstandskämpferin Paula Schlier sind ein sehenswertes filmisches Dokudrama und ein tiefgründiger dreiteiliger Podcast entstanden. Autorin und Autor haben das Puzzle Paula Schlier sorgfältig zusammengefügt. Deren politisches Tagebuch ist ein phänomenales Zeitzeugnis und im Hinblick auf die historische Vermittlung ein echtes Geschenk.

Beide Beiträge sind bei all ihrer Unterschiedlichkeit eine spannende und hochprofessionelle Annäherung an eine weitgehend vergessene und politisch hellwache junge Investigativ-Journalistin. Eine der damals wichtigsten weiblichen Stimmen gegen den Nationalsozialismus und für eine wehrhafte Demokratie. Danke auch an den BR, dass er diese qualitativ hochwertigen Produktionen 2023 zum 100. Jahrestag des Hitlerputsches in München möglich gemacht hat."

Erzählt wird die Geschichte von Paula Schlier, die sich 1923 als 24-jährige in die Redaktion des völkischen Beobachters eingeschlichen hat, um dort die Nazis aus nächster Nähe zu beobachten. Ihr Tagebuch mit ihren Aufzeichnungen aus der "Höhle der Löwen" war der Ausgangspunkt für die zwei ausgezeichneten Geschichten. Der Podcast von Paula Lochte und der Film von Oliver Halmburger seien akribisch recherchiert, packend erzählt und von hoher Qualität in der Umsetzung, so die Jury: "Ein künstlerisch wie ethisch beeindruckender und wertvoller Film mit großen Bildern und einer eindeutigen Botschaft: Nie mehr wieder!" Der Podcast sei ein "großartiger Beitrag zur Demokratieförderung in Zeiten eines sich verändernden Demokratieverständnisses in Deutschland. Menschenverachtung, Demokratieverweigerung und andere extremistische gesellschaftliche und politische Entwicklungen sind erneut auf dem Vormarsch. Umso wichtiger ist es, Haltung zu zeigen – und das tut die Autorin. Ihr Radiobeitrag ist technisch wie journalistisch hervorragend angelegt."


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