Wenig bekannte Tour in den Brandenberger Alpen Eine Wanderung auf das Schneidjoch
Die Voralpen für Genießer, die Chiemgauer Alpen für Langschläfer, die besten Touren mit Kinderwagen – Themenführer sind beliebt und haben die einst üblichen Gebietsführer abgelöst, in denen Berggipfel recht unspektakulär und ohne glänzende Farbfotos aufgelistet und kurz beschrieben waren.
Das hat Michael Mertel gestört. Der junge Mann hat seine Idee in die Tat umgesetzt und mit dem Buch „Die Brandenberger Alpen“ seinen dritten Wanderführer herausgegeben, mit dem er dazu anregen will, Touren selbst zu entdecken, ganz analog unterwegs immer wieder mal einen Blick in die Wanderkarte zu werfen und nicht nur vorgegebenen GPS-Tracks zu folgen. Eine dieser Touren führt hinauf aufs Schneidjoch – ein Doppelgipfel direkt gegenüber dem Guffert.
Die Brandenberger Alpen bieten eine Fülle an Möglichkeiten von Klettersteigen im Rofan über Touren, die an die Voralpen erinnern, bis zu Familien-Wanderungen und sind somit ein ideales Ziel für Entdecker. An Tief- und Weitblicken mangelt es auch nicht – normalerweise. Heute aber will die Wolkendecke so gar nicht aufreißen und schert sich wenig um die guten Wettervorhersagen. So geht es durch den Nebel langsam nach oben, der Forststraße entlang, über einen Steig zur Schneidalm und weiter zur Baumgrenze. Der Weg ist auch im Nebel reizvoll, und die Tannenwipfel, die immer wieder zwischen Wolkenfetzen auftauchen, lassen die einsame Gegend noch verwunschener wirken. Kein Mensch ist hier unterwegs, nur ein paar Rehen und Gämsen begegnen wir und haben Zeit, um uns über das Wandern und Bergsteigen Gedanken zu machen, über Touren und Tourenplanung. Genau das ist auch die Idee, die hinter dem Buchkonzept von Michael Mertel steckt. In seinen schlicht gestalteten Führern gibt es selbst aufgenommene Fotos in Schwarz-Weiß, auf denen grob die Wege eingezeichnet sind; dazu spärlich Informationen zu Wegverläufen, Gipfeln und markanten Punkten – er will, dass sich die Wanderer und Bergsteiger mit ihren Touren auseinandersetzen, sich von der Gegend und ihren Möglichkeiten inspirieren lassen und selbst eine Karte in die Hand nehmen. Mertels Buch ist somit nichts für jeden. Wer am Wochenende ein schnelles Bergerlebnis sucht, auf gut beschilderten Wegen zur nächsten Hütte möchte, der sollte besser zu einem anderen Führer greifen. Wer aber schon bei der Planung die Vorfreude auf die Tour spüren möchte, wer auch unbekannte Nebengipfel auf selten begangenen Wegen schätzt, der ist hier richtig.
Wir sind inzwischen auf dem Gipfel des Schneidjochs angekommen, auf 1811 Metern. Und es dauert nicht lange, da lichten sich die Wolken und das Panorama wird sichtbar: das Kaisergebirge, die Bayerischen Voralpen, das Karwendel und der Guffert. Während andere noch das Panorama genießen würden, hat Michael Mertel auf den Nachbargipfeln schon längst die nächsten Wege und Steige entdeckt, die er noch nicht kennt. Das perfekte Ziel für seine nächste Tour, und vielleicht eine Ergänzung für die zweite Auflage seines Führers.
Die Gebietsführer „Bayerische Voralpen“, „Chiemgauer Alpen“ und „Brandenberger Alpen“ von Michael Mertel sind erschienen bei Books on Demand: