Fernweh-Alpenmagazin Ein alpinkultureller Streifzug durch den Vinschgau
Der Vinschgau gehört zu den sonnenreichsten, aber auch niederschlagärmsten Regionen Italiens und rangiert mit nur 400 bis 600 Millilitern Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr ähnlich wie Sizilien. Daher prägen zahlreiche Waale als Zeichen einer jahrhundertealten Bewässerungskultur das Tal, das auf gut 70 Kilometer Länge vom Reschenpass bis nach Töll oberhalb des Meraner Talkessels reicht.
Der Vinschgau und seine Topographie
Der Vinschgau zählt nicht nur zu den sonnenreichsten Regionen Italiens, sondern auch zu den niederschlagärmsten. Mit nur 200 bis 600 Millimetern Niederschlag pro Jahr ist er ähnlich trocken wie Sizilien. Ohne das jahrhundertalte, ausgeklügelte Bewässerungssystem der Waale würde alles verdorren, gäbe es keinen Apfel- und Marillen-Anbau, der so typisch ist für den Vinschgau. Das Wasser für die Waale kommt vor allem von den Gletschern des Alpenhauptkamms und der Ortler-Cevedale-Gruppe im Nationalpark Stilfser Joch.
Vom Reschenpass zieht sich der Vinschgau auf rund 70 Kilometern Länge hinab bis nach Töll oberhalb von Meran. Hochalpine Seitentäler wie das Langtauferer, Matscher Schnals- und Martell-Tal prägen ihn ebenso wie alte Handelswege und die römische Via Claudia Augusta - und natürlich die Etsch, die Vinschger Lebensader, die am Reschenpass entspringt. Den Kirchturm von Graun, der aus dem aufgestauten Reschensee ragt und an das versunkene Dorf erinnert, kennt fast jeder. Nicht aber den großen Ansitz mit rosa Fassade, der auf dem Weg vom Reschenpass hinab nach Mals linkerhand im kleinen Ort Plawenn zu sehen ist: Der Ansitz der Grafen Salvini auf über 1700 Metern Meereshöhe ist der höchstgelegene Adelssitz Europas.
Malser Haide und Benediktiner-Abtei Marienberg
Zwischen den Ötztaler Alpen auf der einen Seite und der Sesvenna-Gruppe auf der anderen, befindet sich im Oberen Vinschgau die berühmte Malser Haide. Der baumlose Schuttkegel ist ein eiszeitliches Relikt, das durch die Gletscherströme geschaffen wurde. Haide bedeutet „weites neues Land.“ Wer vom Reschenpass die Malser Haide hinabfährt, der kann sie gar nicht übersehen: die Benediktiner-Abtei Marienberg - mächtig, archaisch, ab- und wegweisend zugleich. Mit ihren schneeweißen Mauern schmiegt sich die Abtei an den steilen Berghang oberhalb von Burgeis: so schneeweiß wie die Gipfelnase des Ortlers und mit so vielen Fenstern wie das Jahr Tage hat und mit dem höchstgelegenen Weinberg Europas. Der größte Schatz aber ist die romanische Krypta aus dem Jahr 1160, ein christlich-spiritueller Kraftort. Die Lumineszenz der originalen Freskofarben überwältigt ebenso wie die Fülle der himmlischen Heerscharen, wobei die Schutzengel auf kleinen Brettchen stehen und so die Verbindung zur Erde signalisieren. Irdische Realität und himmlische Sphäre auf 1350 Meter Meereshöhe. Kloster Marienberg ist nicht nur die höchstgelegene Abtei Europas, sondern auch die Klosteranlage mit der größten noch original erhaltenen romanischen Bausubstanz im deutschsprachigen Raum.
Wer von Marienberg hinabschaut auf Burgeis, der erkennt am Nordostrand des Ortes eine kleine romanische Kirche: St. Nikolaus. Von außen unscheinbar verbirgt sie in ihrem Inneren einzigartige Schätze. Neben der Majuskelschrift in der Apsis gehört dazu auch ein sehr spezielles Fresko: Es zeigt eine Sirene! Sie wird auch als „nacktes Fischweib“ bezeichnet und mahnt als Symbol des Bösen die Menschen daran, Gutes zu tun. Eine weitere Kuriosität ist in der Kassettendecke aus der Zeit der Renaissance dargestellt: ein Narr mit Weinglas und roter Nase. Kein Handwerkerstreich, sondern ein versteckter Hinweis auf einen Parallelweg zur Via Claudia Augusta, der direkt an St. Nikolaus in Burgeis vorbeigeführt hat und auf dem der Wein nicht verzollt werden musste.
Das magische rätische Dreieck
Kaum eine andere Region im Alpenraum hat eine so hohe Dichte an romanischen Kunst- und Kulturdenkmälern wie der Obere Vinschgau. Kleine schlichte Kirchen und Kapellen als Zeugnisse einer religiös geprägten alpinen Landschaft, die einst unwirtlich und gefährlich war. Die von Pilgern und Kreuzrittern, von Kaisern und Königen und Wanderhändlern wie den Karrnern durchzogen wurde und deren sakrale Stätten oft aus vorchristlichen Kultorten hervorgegangen sind, aus prähistorischen und bronzezeitlichen Siedlungen und aus rätoromanischen Relikten. Ein geo-spiritueller Nucleus zwischen Malser Haide und Ganglegg, dem einstigen Hauptort der Venosten. Gabi Obwegeser vom Vinschger Museum in Schluderns nennt diese Region das „magische rätische Dreieck“. Auch der knapp 1100 Meter hohe Tartscher Bühel zwischen Mals und Schluderns gehört dazu. Der kahle, felsige Gletscherschliffbuckel aus Glimmerschiefer war schon im Neolithikum besiedelt, beherbergt Reste rätoromanischer Häuser und ist gerade im Spätherbst und Winter ein geheimnisvoller Ort.
„Stiegen zum Himmel“ in Taufers und im Val Müstair
Vom Tartscher Bühel reicht der Blick nicht nur hinauf zu Kloster Marienberg, sondern auch hinein Richtung Graubünden ins Val Müstair. Taufers ist der letzte Ort auf Südtiroler Seite und die Kirche St. Johann in Taufers ein romanisches Kleinod in der Form eines griechischen Kreuzes - typisch für den Johanniterorden, der hier seit 1218 ansässig war. Das Pilgerhospiz ist noch weitgehend original erhalten. Pilger, Händler und Herrscher zogen über den Umbrailpass in Richtung Mailand oder über den Ofenpass ins Unterengadin. Außen an der Nordwand von St. Johann in Taufers, wo der alte Pilgerweg vorbeiläuft, befindet sich ein überlebensgroßes Christophorus-Fresko – über 800 Jahre alt und das älteste von ganz Tirol. Zum Schutz vor dem plötzlichen Tod blickt der Christophorus den vorbeiziehenden Pilger direkt an.
Von St. Johann in Taufers ist es nur ein Katzensprung hinüber nach Graubünden zum Kloster St. Johann in Müstair: UNESCO-Weltkulturerbe und seit dem Jahr 800 durchgehend bewohnt, heute von Benediktinerinnen. St. Johann in Müstair besitzt in der Apsis den größten noch erhaltenen karolingischen Freskenzyklus in ganz Europa und ist ein Ort von unglaublicher spiritueller Schönheit. Unter den später aufgebrachten romanischen Fresken findet sich eine weitere marginale Darstellung: keine Sirene, sondern ein „Säulenfresser“ mit fruchterregendem Gesicht und Schnauzbart. Die Figur vertilgt eine Säule und gilt als Symbol für das Vergängliche. Zu den Kostbarkeiten im Klostermuseum gehören Fensterglas aus karolingischer Zeit und eine romanische Schlagglocke.
Der Legende nach soll Karl der Große im Jahr 775 das Kloster St. Johann in Müstair gegründet haben. Auf der Rückkehr von Pavia, wo er 774 zum König der Langobarden gekörnt wurde, geriet er auf dem Umbrailpass in einen heftigen Schneesturm und gelobte, im Tal ein Kloster zu gründen, wenn er überleben würde. 775 wurde St Johann in Müstair geweiht, an einer strategisch wichtigen Stelle zwischen Umbrail- und Ofenpass, Via Claudia Augusta und Reschenpass. Vom Val Müstair aus ist der Talkessel von Mals im Oberen Vinschgau gut zu sehen. Auch in der romanischen Kirche St. Benedikt am Westrand von Mals gibt es ein Stifterfresko von Karl dem Großen.
Karolingische Fresken und frühromanische Architektur sind das kulturelle Kapital des Oberen Vinschgau, das alle Zeiten überdauert hat. Ein ganz spezieller Kosmos der alpinen Romanik hat sich hier manifestiert - ein Panoptikum mit Schutzengeln, Säulenfressern und Sirenen. Wäre die Region durch viele Jahrhunderte hindurch nicht so arm gewesen, dann wären wohl die meisten romanischen Bauwerke barockisiert worden. So aber sind sie zu großen Teilen original erhalten geblieben - als „Stiegen zum Himmel“.
Whisky, Paarl und Palabirne
Die alpine Romanik der Region bietet Nahrung für Geist und Seele. Doch auch der Leib kommt im Vinschgau auf seine Kosten, denn es gibt hier jede Menge alpine Kulinarik mit innovativem Impetus.
Glurns, die kleinste Stadt Südtirols mit vollständig erhaltener Stadtmauer, ist nicht nur Geburtsort des Künstlers und Karikaturisten Paul Flora, sondern auch die Heimat von Puni, der einzigen Whisky-Brennerei Italiens. Es war eigentlich eine „Schnapsidee“, die der Musiker und Bauunternehmer Jonas Ebensperger 2010 in die Tat umgesetzt hat. Der auffällige Kubus der Destillerie wurde vom Vinschger Stararchitekten Werner Tscholl aus 5500 roten Ziegeln erbaut. Die Brennblasen für den Whisky stammen original aus Schottland. Originell aber war das Gepäck der schottischen Techniker, die damals nach Glurns kamen, denn sie hatten mitten im Winter Badesachen, da Italien für sie gleichbedeutend war mit Meer und Strand. In den Vinschger „Highlands“ reift der Whisky dank heißen Sommern und kalten Wintern besonders gut. Zunächst kommt das Produkt in Gärfässer aus Lärchenholz, dann in Bourbon-, Blauburgunder- und Marsalafässer. Sehr speziell sind die Langzeit-Lagerräume, denn es handelt sich um die Militärbunker aus Zweiten Weltkrieg. Kriegsrelikte friedlich genutzt! Der Name Puni ist übrigens rätoromanisch, bedeutet „Faustschlag“ und kommt in bester schottischer Tradition vom gleichnamigen Bach, der an der Brennerei vorbeifließt.
Wer statt Whisky lieber Kaffee trinkt, der ist - nicht weit entfernt von Glurns - in Prad am Stilfserjoch gut aufgehoben. Josef Gander betreibt hier die Kaffeerösterei Kuntrawant samt Café. Der Name stammt aus einem alten Vinschger Wörterbuch und leitet sich von „Contrabanda“ ab, dem italienischen Wort für Schmuggler. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde Kaffee aus Graubünden nach Südtirol geschmuggelt und gerne mal in einem Sarg mit Kranz transportiert.
Eine runde Sache ist das Vinschger Ur-Paarl. Die beiden zusammenhängenden flachen Brotlaibe – eben ein Paarl - wurden schon im Mittelalter hergestellt und waren a Als haltbares Vorratsbrot für den Winter war das Urpaarl unverzichtbar. Das Sauerteigbrot besteht zu zwei Dritteln aus Roggenmehl und zu einem Drittel aus Dinkelmehl, dazu kommen Wasser, Hefe, Salz, Kümmel, Fenchel und – ganz wichtig – der Brotklee. Als erstes Südtiroler Produkt wurde das Vinschger Urpaarl schon vor 25 Jahren als Slowfood-Lebensmittel klassifiziert. Alte Roggensorten, die inzwischen wieder angebaut werden, geben ihm den unverwechselbaren Geschmack.
Ganz unverwechselbar schmeckt auch die Palabirne. Die autochthone Birnensorte gibt es heute nur noch im Oberen Vinschgau. Früher stand vor jedem Haus ein Palabirnbaum. Seit einigen Jahren werden die mächtigen, gut 12 Meter hohen Bäume Bäume wieder gepflegt. Die dicke grasgrüne Birne mit den roten Backen wird Ende August reif und muss dann schnell geerntet und verarbeitet werden, da sie nur kurze Zeit lagerfähig ist. Mit ihrem feinkörnigen, ballaststoffreichen Fruchtfleisch gilt sie als Naturarznei und nicht umsonst als „Apothekerbirne“. Palabirnenmus passt besonders gut zum Kaiserschmarrn. Auch Dörrobst und sogar Mehl lassen sich aus der Palabirne machen, ebenso ein Palabirnbrot.
Nicht nur die Palabirnen und Äpfel gehören zum Vinschgau wie das Amen in die Kirche, auch die erst Ende August reifen Bergerdbeeren aus dem Martelltal und die Marillen aus Laas. Noch bekannter ist die Gemeinde für den Marmorabbau. Der reinweiße Laaser Marmor schmückt nicht nur viele romanische Sakralbauten im Vinschgau, sondern auch die U-Bahnstation Ground Zero in New York. In Form einer Taube wurde sie komplett aus Laaser Marmor gebaut.
Lebenselixier Wasser – die Waale
Was im Wallis die Suonen sind, sind im Vinschgau die Waale. Mit einem Durchschnittsgefälle von zwei Prozent fließt das Wasser vom Berg in die Trockenzonen, oft in Kandeln, also Rinnen aus Lärchenholz. Der Klang der Waalschelle verrät, ob alles im Fluss ist. Wasserdiebstahl und Streit ums Wasser waren früher keine Seltenheit, ging es doch um eine möglichst gerechte Zuteilung des Wassers auf den Bergbauernhöfen. Dafür zuständig war der Waaler, der Waalaufseher, der auch Sorge tragen musste, dass die Waale nicht verstopften oder Löcher hatten.
Auch am Oberortlhof von Simon Messner am Vinschger Sonnenberg unterhalb von Juval gibt es noch einen eigenen Waaler. Das Wasser kommt hier aus dem Schnalstal. Aufgrund instabiler Geologie und der Gefahr einer Hangrutschung ist der Schnalswaal derzeit gesperrt und für Wanderer nicht begehbar. Doch die vielen anderen Waalwege im Vinschgau sind ein beliebtes Ziel von Urlaubern wie den Vinschgern selbst, denn das Wandern am Waal hat durchaus etwas Meditatives.
Alte Bergbauernhöfe im Schnalstal
Als Seitental des Vinschgaus erstreckt sich das Schnalstal von Schloss Juval nach Kurzras bis an den Fuß des Alpenhauptkamms hin zu Weißkugel, Finailspitze und Similaun. Im Schnalstal stehen einige der einst entlegensten und ältesten Bergbauernhöfe Südtirols. Bis heute funktioniert hier das System der „geschlossenen Höfe“, das heißt, der Hof wird nicht aufgeteilt, sondern immer nur an einen Nachkommen weitergegeben, in der Regel an den erstgeborenen Sohn. Auf diese Weise haben sich im Schnalstal viele alte Höfe erhalten - Bergbauernhöfe zwischen Tradition und Moderne wie zum Beispiel der Finailhof.
In fast 2000 Metern Höhe schmiegt sich der Finailhof sonnseitig an einen steilen Wiesenfleck. Ein lärchen-bestandener Bergkegel über dem Hof bietet Schutz vor Muren und Lawinen. Der Finailhof ist ein Zwillingshof, das heißt zwei gleiche Höfe liegen nebeneinander mit Ställen, Mühle und Wirtschaftsgebäuden. Tief unten leuchtet türkis der Vernagt-Stausee. Links und rechts überziehen windgepresste Lärchen und Zirben wie eine zweite Haut die Berghänge. Finail, finis, finale – es ist der letzte Hof über dem Talgrund, in absoluter Steillage, knapp 600 Hektar groß bis zum Finailjoch hinauf, bis zur Dreitausendmeter-Marke.
Bis 1967 war der Finailhof der höchstgelegene Kornhof Europas. Doch mit dem Bau der Gletscherseilbahn fanden die Knechte besser bezahlte Arbeitsplätze, der Anbau von Winterroggen war nicht mehr rentabel. Einer, der sich Jahrhunderte früher als Knecht auf dem Finailhof verdingt hatte, war Herzog Friedl mit der leeren Tasche. 1416 wurde er auf dem Konzil von Konstanz für vogelfrei erklärt, musste fliehen und kam vom hintersten Ötztal über ein vergletschertes Joch ins Schnalstal zum Finailhof. Zum Dank für die Aufnahme überließ er dem Finailbauern dann seinen Trinkbecher mit wertvoller Goldmünze und sein Essbesteck. In einer Vitrine bewahren die heutigen Finailbauern Manfred und Veronika Gurschler bewahren diesen Schatz bis heute am Hof auf. Herzog Friedl ist damals vermutlich über das wenig begangene Finailjoch gegangen. Nicht weit entfernt davon, zwischen Tisen- und Hauslabjoch, wurde 1991 der „Mann aus dem Eis“ gefunden: Ötzi, über 5300 Jahre alt.
Noch immer gibt der Mann aus dem Eis Rätsel auf. Vermutlich war er nicht nur Handelsreisender, sondern auch Schamane und Schafhirte. Die sogenannte Transhumanz, der Übertrieb tausender Schafe im Frühjahr vom Schals- ins Ötztal und im Herbst wieder zurück über das Hoch- oder Niederjoch ist nachweislich noch älter als Ötzi. Das archaische anmutende Ritual zieht jedes Jahr viele Zuschauer an.
Simon Messner und der Oberortlhof
Der Extremkletterer und Filmemacher Simon Messner war schon als Kind in den Sommerferien immer auf Schloss Juval, heute eines der Messner Mountain Museen seines Vaters. Unterhalb der Burg liegen der Ober- und der Unterortlhof. Letzter ist ein reiner Weinhof, bekannt für seinen Riesling, und verpachtet. Den Oberortlhof bewirtschaftet seit kurzem Simon Messner zusammen mit seiner Freundin Anna – beide sind fertig studierte Molekularbiologen und bewegen sich als Bergbauern nun auf neuem Terrain.
Die Geschichte des Oberortlhofs reicht weit zurück. Schon 1331 - und somit früher als die Burg Juval - wurde der Hof urkundlich erwähnt. Damals führte die wichtigste Handelsroute nach Österreich nicht über den Reschenpass oder Brenner, sondern durch das Schnalstal hinüber ins Ötztal. Auf Juval war der Zoll für die Waren zu errichten – eine gute Einnahmequelle. Auch Simon Messner hat sich neue Einnahmequellen erschlossen und drei Ferienwohnungen im Oberortlhof ausgebaut.
Wie die Malser Haide und der Tartscher Bühel ist auch der Burghügel von Juval ein typischer Gletscherschliffrücken. Bereits in der Stein- und Kupferzeit wurde er als Siedlungs- und Kultplatz genutzt. Davon zeugen zwischen dem Ober- und Unterortlhof auch Schalensteine – die größten von ganz Südtirol. Ihre Funktion ist noch nicht endgültig geklärt, vermutlich dienten sie schamanischen Ritualen sowie der Kommunikation. Als Bergbauer kommuniziert Simon Messner vor allem mit seinen Tieren: Esel, Pferde, Hühner, Ziegen, Schnalser Bergschafe und Schweine. In diesem Sommer kam ein junger Eber dazu, der bisher immer im Stallgestanden hatte und nun am Vinschger Sonnenberg ins Freie durfte – mit dem Ergebnis, dass er sich gleich einen heftigen Sonnenbrand geholt hat.
Zum Oberortlhof gehören insgesamt sieben Gebäude - und da geht auch im Herbst und Winter die Arbeit nicht aus: einige Schindeldächer müssen neugemacht werden, dazu das Holz und an die 30 Kilometer Zäune. Nach Allerheiligen aber kehrt Ruhe ein auf dem Juvaler Hügel., es wird still. Simon Messner taugt das, er wird zum „Einsiedler“, igelt sich ein und möchte dann eigentlich gar nicht mehr hinab ins Tal.