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Skitourenklassiker zwischen Ofterschwang und Bolsterlang Von Horn zu Horn im Allgäu

Es ist zwar nicht so viel Schnee gekommen wie erhofft und angekündigt war, aber im Allgäu hat es gereicht für Skitouren von den Tälern aus. Der Klassiker für solche talnahen Touren sind „die Hörner“ bei Sonthofen.

Von: Georg Bayerle

Stand: 03.01.2025

Skitourenklassiker zwischen Ofterschwang und Bolsterlang | Bild: BR; Georg Bayerle

Am Parkplatz Ostertal in Gunzesried lassen sich Anja und Wolfgang die tiefstehende Nachmittagssonne ins Gesicht scheinen. Ski und Rucksack lehnen an der Bushaltestelle. Am Morgen waren sie mit dem Bus nach Grasgehren gefahren und dann mit den Tourenski übers Riedberger Horn zum Berghaus Schwaben und weiter über den Ochsenkopf ins Gunzesrieder Tal gefahren. Es ist ein Tag wie aus dem Bilderbuch: Sonne pur, die Landschaft weiß verschneit. Aus Bochum und Berlin kommt die Familie seit langem immer in den Weihnachtsferien ins Allgäu, aber mit diesem Wetter hatten sie nicht gerechnet. Zu den vergangenen Weihnachtstagen hatte regelmäßig der Regen den Schnee weggespült.

Skiklassiker über die Hörner

Aufstieg

Heuer aber ging diese Variante der Hörnertour wieder richtig gut. Und die „Hörner“, vom Ofterschwanger Horn übers Rangiswanger und Bolsterlanger Horn bis zum Riedberger Horn sind die Skitouren-Klassiker seit es überhaupt Ski im Allgäu gibt – nachzusehen ist das im Skimuseum in Fischen. Vater Wolfgang hat die Kinder zum Tourengehen gebracht, weil es weniger Leute gibt, erholsamer ist und man mehr in der Natur ist, sagen sie. Einsam waren die beiden auf ihrer heutigen Tour aber nicht, den Gipfel des Riedberger Horns vergleicht Anja vom Auftrieb her mit dem Everest-Basecamp – trotzdem gibt es immer noch mehr Platz als auf der Piste und irgendwie verteilen sich die Massen dann doch. Das stellt auch der Revierförster in der Hörnergruppe, Hubert Heinl fest und betont, dass sich fast alle an die Naturschutzregelungen im Gebiet halten. Er ist jetzt jeden Tag draußen und geht in diesen Tagen der normalen Winterarbeit nach, der Holzernte und der Jagd. So ist er automatisch auf eigenen Wegen unterwegs und muss nur aufpassen, dass er nicht unbeabsichtigt falsche Spuren ins Gelände legt, die Touristen auf Abwege führen könnten.

Viel Platz in der Kletterhalle

Abfahrt vom Riedberger Horn

In der Kletterhalle ist nichts los, meldet Michael Turobin-Ort, der Geschäftsführer der DAV-Sektion Allgäu-Kempten, der selbst auf einem der Hörner-Gipfel in der Sonne steht. Alle sind draußen, alles geht, von Skitouren über Schneeschuhtouren, Rodeln und Winterwanderungen. Obwohl nur 1700 Meter hoch, sind die Hörner exzellente Aussichtsgipfel: Von der Zugspitze über den Allgäuer Hauptkamm bis zum Säntis in die Schweiz reicht der Blick. Über dem Nebel, der auf dem Schwäbischen Meer liegt, ragt dahinter sogar der Schwarzwald auf – so großartig ist die Sicht in der klaren Winterluft. So viel Licht und Sauerstoff in diesen Tagen sind fast schon gewöhnungsbedürftig, schmunzelt Michael. Da bleibt keine Zeit zum Ausschlafen, denn man muss jeden Tag wieder raus. In den ersten Tagen gab es sogar noch etwas unberührten Schnee zum „Zöpferlflechten“ bei der Abfahrt. Und da gilt eine klare Devise, sagen Wolfgang und Anja: Wedeln, also möglichst schöne Zöpfe in den Schnee zaubern, denn wer in fünf großen Schwüngen 200 Höhenmeter runterjagt, der betreibe „Höhenmeterverschwendung“. Auch das haben nach diesen Wintertagen im Allgäu wieder viele im Gefühl, die aus eigener Kraft unterwegs waren: Jeder Höhenmeter ist was wert!


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