Fragwürdige "Neuerschließung" eines unberührten Naturraums Die geplante Skischaukel im Malfontal
Das Malfontal zählt zu den noch naturbelassensten Tälern des Verwall, dem Urgesteinsgebirge zwischen St. Anton und der Silvretta. Im Winter liegt das Tal in vollkommener Stille da, nur eine beliebte Skitourenabfahrt führt von den Ausläufern des Skigebiets St. Anton, vom Rendl herüber. Genau von hier aus planen die Bergbahnen St. Anton eines der größten und das derzeit umstrittenste Lifterschließungsprojekt Österreichs: eine Skischaukel durch das bisher unberührte Malfontal hinüber ins Paznauntal nach Kappl.
Die Tiroler Umweltanwaltschaft und der Österreichische Alpenverein haben Beschwerden gegen das Projekt eingelegt. Vier Tage hat das Bundesverwaltungsgericht in Wien vom 27. bis zum 30. November für die mündliche Verhandlung angesetzt. Es ist eines der bedeutendsten Umweltverfahren der vergangenen Jahre, und wieder geht es darum, ob es Grenzen gibt für die touristische Erschließung unberührter Natur.
Eine gute Stunde sind wir auf Tourenski vom letzten Lift am Rendl ins Moostal hinabgestiegen und erreichen die 2700 Meter hochgelegene Roßfallscharte. Der Hohe Riffler, der zu den schönsten Wanderdreitausendern zählt, dominiert das unter uns liegende Malfontal. Von hier wird das ganze Ausmaß der Skischaukel-Planungen deutlich: Lifte sollen tiefer hinein ins Moostal und dann über die Scharte hinunter auf den oberen Talboden des Malfontals führen und jenseits wieder hinauf, wo hinter dem Kamm eine Liftstation von Kappl im Paznauntal zu sehen ist. Es wäre der Durchstich durch ein bisher unberührtes Hochgebirgstal.
Liliana Dagostin, die Abteilungsleiterin Naturschutz im Österreichischen Alpenverein, kämpft gegen das Projekt. Parallel dazu hat der Österreichische Alpenverein die Petition „Seele der Alpen“ laufen, um die letzten Naturräume des Landes dauerhaft unter Schutz zu stellen. Ab dem 4.Dezember will auch der Deutsche Alpenverein eine ähnliche Kampagne starten. Doch der politische Wind bläst in Tirol in die Gegenrichtung. Ohne großes öffentliches Aufsehen soll in Tirol bis Anfang Dezember das Seilbahn- und Skigebiets-Programm geändert werden, das die zulässigen Erweiterungen der 93 Tiroler Skigebiete regelt. Wie in der Vergangenheit wird wohl die Definition von „Neuerschließung“ erneut aufgeweicht werden.
Der Schnitt durch ein unberührtes Tal wie das Malfontal gilt trotz seiner gewaltigen Dimension nur als Zusammenschluss und somit nicht als Neuerschließung. Natur- und Umweltschützer haben gegen die herrschende Macht der Bergbahnen und der Politik einen schwierigen Stand. Dabei müssten gerade derart wichtige Zukunftsfragen öffentlich diskutiert werden, denn es geht um unwiederbringliche Naturräume. Im jetzt schon mit 88 Bahnen und Liften und 305 Pistenkilometern zugebauten Arlberggebiet ist das Malfontal einer der letzten Rückzugspunkte für einen sanften Tourismus. Doch dies aber scheint der Ski-Alpin-Lobby egal zu sein. Der Tourismusverband und die Bergbahnen St. Anton wollten sich auf Anfrage des Rucksackradios nicht äußern.
Einen Eindruck vom Malfontal in seinem jetzigen Zustand gibt Bergauf-Bergab in der Sendung vom 2. Dezember.
Interaktive Karte - es werden keine Daten von Google Maps geladen.
Karte: Das Malfontal
Kommentieren
Udo Langenohl, Freitag, 30.November 2018, 12:43 Uhr
5. Verbindung ist vom Tisch! BVG Wien hat entscheiden
Nach vier Tagen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Wien wurde der positive Bescheid nach der Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Skigebietsverbindung Kappl-St. Anton gekippt. Die Richterin hob in ihrer Entscheidung vor allem die schwerwiegenden naturschutzrechtlichen Eingriffe hervor.
Mehr:
https://www.tt.com/politik/landespolitik/15075758/genehmigung-fuer-skiverbindung-kappl-st-anton-gekippt
jo, Dienstag, 27.November 2018, 10:24 Uhr
4. hoffnugslos?
ich empfinde es als unsäglich schrecklich, dass selbst diese paar kleinen fleckchen "unberührter" natur noch "zivilisiert" werden "müssen"
nicht mal betriebswirtschafltliche argumente, wie, dass es immer weniger schnee gibt, verfangen...
welche mittel und maßnahmen könnten wir noch ergrefien, um die zerstörung aufzuhalten?
ich tue, was mir möglich ist... aber es kommt einem vor, wie ein kampf gegen windmühlen...
immerhin, am riedberger horn scheint das schlimmste szenario ja nicht einzutreffen...
mir ist egal, aus welcher (politischen) motivation heraus das möglich war....
M. Brunner, Samstag, 24.November 2018, 07:34 Uhr
3. Größenwahn
Während in anderen Regionen der Tourismus immer mehr auf Umwelt und sanften Tourismus setzt, glauben die Arlberger immer noch an Masse statt Klasse.
Die neue Verbindung von St. Anton nach Kappl wird fatale Folgen haben, nicht nur für die Umwelt.
Jahrelang war die Verbindung St. Anton (Alpe Rauz) nach Zürs in der Diskussion und wegen der Umwelt nicht machbar. Dann ist man eingeknickt und hat die Flexenbahn gebaut. Jetzt landen stündlich über 2.000 Skifahrer mehr in dem einst mondänen Skiort und machen ihn zum Stachus am Berg. Die Zahl der Skiunfälle ist dramatisch gestiegen, lange Schlangen an den Liften Richtung Lech erzeugen massiven Unmut bei den langjährigen Gästen, die immer häufiger dem Skigebiet den Rücken kehren. Die örtliche Gastronomie leidet, weil die Skifahrer kaum Zeit haben , sonst sind die angepriesenen Streckenkilometer auf dem „Run of Fame“ gar nicht zu schaffen und die Häfte der Zeit verbringt man eh in der Liftschlange oder im Lift. So wird es jetzt wieder sein.
Allabauer, Freitag, 23.November 2018, 22:48 Uhr
2. Riedberger Horn
Schutzgebiete schleifen für Tourismus und Profit? Es gibt doch schon genügend (teure) Schigebiete! Aber es gibt immer weniger Schnee. Als Wandergebiet ist es abgewertet. Das Projekt ist dreifacher Unsinn und eine Frechheit gegen die Bürger.
Günter Brombach Löwendorf, 37696 Marienmünster, Freitag, 23.November 2018, 19:22 Uhr
1. Malfontal
Ich liebe die Alpen; besonder diese (von Kreftzfahrzeugen) verschonten Regionen. Deshalb: Lass die Finger davon!