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Beeren-Jagd in Finnland nördlich des Polarkreises Herbst in Lappland

In Lappland, im Norden Finnlands, sind die Tage und Nächte jetzt noch in etwa gleich lang. Die ersten Nachtfröste haben dafür gesorgt, dass sich das Grün aus dem Laub zurückzieht und die prächtigen Rot- und Gelbtöne zur Geltung kommen. Petra Martin war nördlich des Polarkreises auf Beeren-Jagd – aber nicht mit dem Gewehr, sondern mit einem Korb, um die süßen Früchte des Waldes zu sammeln.

Von: Petra Martin

Stand: 17.10.2024

Beerensammeln in Lappland: Nach den ersten Frostnächten entfalten Preiselbeeren ihren säuerlich-süßen Geschmack. | Bild: BR/Petra Martin

Der ganze Waldboden ist hier im Gebiet des Pallas-Ylläs-Nationalparks ein Farbenmeer, vor allem die Blätter der Blaubeerbüsche leuchten rot in sämtlichen Schattierungen. Ein kleiner Sonnenstrahl zwischen den grauen Wolken reicht aus, um das Farbfeuer zu entfachen. Die Bäume selbst sind nicht so farbprächtig wie bei uns, denn hier stehen vor allem immergrüne Fichten und Kiefern, dazwischen leuchten gelb-golden die Birken.

Wildnisguide Jana Schett und Reporterin Petra Martin auf dem Weg zum Kellostapuli und auf der Suche nach Beeren.

Wir sind mit Jana Schett unterwegs. Die junge Frau stammt ursprünglich aus Salzburg, jetzt ist sie Wildnis-Guide im Norden Finnlands. In einer einjährigen Ausbildung hier in Lappland hat sie alles über Beeren und Bären, Rentiere, Bäume und Pilze gelernt. Wir wollen auf Beeren-Jagd gehen, aber freilich ohne Gewehr, sondern mit einem Korb bewaffnet. Denn noch gibt’s hier in der Tundra genügend Beeren zum Sammeln.

Wir wandern am Kellostapuli, einem der Tunturi hier in Lappland. Als Tunturi oder Fjell werden diese runden Hügel hier bezeichnet. Sie erheben sich etwa 400 bis 700 Meter und sie haben einen runden, kahlen Kopf. „Glatzkopfberge“ nennt Jana sie.

Noch säumen Bäume unseren Weg ...

Es geht gemütlich dahin, eine leichte Steigung führt uns bergauf. Die Finnen lieben ihre Natur, ganz besonders den Wald und so ist es wenig verwunderlich, dass wir nicht die einzigen sind, die die frische Waldluft und die wilde Schönheit genießen. Alles leuchtet in den buntesten Farben: grün, rot, gelb und golden.

Im Herbst sind nur noch ein paar wenige Blaubeeren da - aber sie schmecken herrlich süß!

Jana bückt sich, sie hat Blaubeeren entdeckt. Die dunkelblauen Kügelchen hängen zwischen den roten Blättern und haben es in sich: „In den Blaubeeren stecken viele Vitamine und sie haben auch Polyphenole. Sie gelten als Superfood, weil sie unter harten Konditionen wachsen. Je schwerer die Bedürfnisse für eine Pflanze, desto mehr wertvolle Inhaltsstoffe haben sie. Denn sie müssen sich selbst erhalten und auch den Tieren genügend Nährstoffe geben. Es ist ja immer ein Geben und Nehmen in der Natur.“

Meine Finger sind schon ganz blau von den vielen Blaubeeren, sie schmecken einfach zu gut. Immer wieder muss ich stehenbleiben und mich nach den Beeren bücken. Dann muss ich an Bärlauch und Maiglöckchen denken und hoffe, dass ich hier nicht aus Versehen die falschen Beeren esse. Aber Jana gibt Entwarnung. Es gibt zwar Beeren, die den Blaubeeren ähneln, aber die wachsen nicht im Waldboden, sondern im Sumpf, also nicht direkt nebeneinander. Sie sind auch nicht giftig, essen würde Jana sie trotzdem nicht: „Es gibt die Geschichte, dass man hässliche Kinder bekommt, wenn man die Beeren isst.“

Außer Blaubeeren wachsen im Wald auch Preiselbeeren: Puolukka auf finnisch. Die Beeren leuchten knallrot zwischen den immergrünen Blättern ihrer Büsche. Nach den ersten Frostnächten entfalten sie jetzt ihren säuerlich-süßen Geschmack.

Oberhalb der Baumgrenze wird's steinig und windig ...

Je weiter wir nach oben und Richtung Gipfel kommen, umso weniger Bäume umgeben uns. Der Wind bläst spürbar und wir laufen jetzt nicht mehr über weichen Waldboden, sondern treten auf Steinbrocken. Sie sind mit neongrünen Flechten bewachsen. Kurz unterhalb des Gipfels suchen wir uns eine windgeschützte Kuhle und Jana erläutert das 360 Grad-Panorama vor uns: „Dort drüben ist mein Lieblingstunturi, Kesänki, unter ihm der gleichnamige See. Auf der anderen Seite sehen wir Ylläs, mit 719 Metern der höchste der sieben Fjells hier in Äkäslompolo. Und da hinten sehen wir noch Kukas und Lainio.“

Es ist unbeschreiblich: zum einen diese Weite, zum anderen aber auch die runden waldlosen Hügel und darunter ein See, in dem sich der Tunturi oder Fjell spiegelt. Ohne Schutz der Bäume sind wir dem kalten Herbstwind arg ausgesetzt und deshalb treten wir den Rückweg an. Und auch in Finnland gibt’s keine Wanderung ohne Einkehr.

In einer Kota können wir die Hände über dem Feuer wärmen. Fürs Feuerholz sorgt der finnische Staat - kostenlos für alle Wanderer.

Hier im Norden Finnlands gibt’s überall im Wald Kotas und Lavus, das sind tipi-artige Hütten oder einfache Unterstände aus Holz, in denen man Feuer machen kann. Der finnische Staat sorgt dafür, dass immer Feuerholz vor Ort ist. Die Besucher können sich hier aufwärmen, Würstl grillen und den mitgebrachten Tee aufwärmen. Alles ist ordentlich und kostenlos. Selbstverständlich darf man keinen Müll hinterlassen und muss das Feuer löschen, wenn man wieder geht. Aber jetzt genießen wir erstmal einen warmen Blaubeertee und wärmen die kalten Hände am Feuer. Richtig gemütlich ist es hier in der dunklen, kleinen Hütte. Ein ganz typischer finnischer Ausflug in den Wald klingt hier am Feuer aus.


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