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natürlich! wirksam? getestet! Ingwer stimuliert das Immunsystem und hilft bei Übelkeit

In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird die Wurzel schon seit Jahrhunderten eingesetzt und auch hierzulande schwören viele Menschen auf Ingwer: Als Tee oder Shot, beim Anflug einer Erkältung, als Kapseln gegen Übelkeit oder als Wickel, um Erschöpfungszustände zu lindern. Welche Inhaltsstoffe sind für die Gesundheitswirkung verantwortlich und wie gut ist Ingwer erforscht?

Von: Agnieszka Schneider

Stand: 22.04.2024

natürlich! wirksam? getestet!: Ingwer stimuliert das Immunsystem und hilft bei Übelkeit

In der Küche ist die scharfe Knolle beliebt: Als Sushi-Beilage oder als Tee bei Erkältung. Doch kann Ingwer auch bei Reiseerkrankungen eingesetzt werden? Helfen die scharfen Inhaltsstoffe der Pflanze bei Erschöpfungszuständen? Wie gut belegen die wissenschaftlichen Studien die Wirksamkeit von Ingwer? Und sind bei Überdosierung auch Nebenwirkungen zu erwarten?
Der Mediziner Prof. Jost Langhorst, die Ernährungs- und Zyklusberaterin Eva-Maria Dillitz und die Forscherin Dr. Gaby Andersen checken die gesundheitlichen Wirkungen von Ingwer in der Rubrik: natürlich! wirksam? getestet!

Ingwer – Zingiber officinale – kommt aus den tropischen Gebieten Südostasiens. In China ist die Pflanze bereits seit 2800 v. Chr. bekannt. Die Pflanze verbreitete sich über Griechenland und Rom weiter nach Nordeuropa und schon Hildegard von Bingen beschrieb ihre heilende Wirkung in einem ihrer Kräuterbücher. Ingwer ist eine alte Kulturpflanze, die Vermehrung ist nur durch Teilung des Rhizoms möglich. In Süd- und Ostasien existieren zahlreiche lokale Sorten mit unterschiedlichen Aromen und Schärfegraden.

Ingwer ist eine mehrjährige Pflanze, die eine Höhe von über einem Meter erreichen kann. Die langen schmalen Blätter erinnern an eine Schilfpflanze. Die Knolle wird mittlerweile auch in Deutschland angebaut. Aufgrund der kühleren Temperaturen hierzulande – Ingwer braucht mindestens 10 °C – muss er zunächst in einem Gewächshaus anwachsen, bevor er dann aufs Feld gesetzt wird. Zehn Monate nach dem Einpflanzen werden dann (meist im Herbst) die Rhizome geerntet. Die äußere Korkschicht wird nach dem Waschen abgeschält. Nach einigen Tagen Trocknung in der Sonne, ist der Ingwer bereit zum Verzehr.

Anwendung: Bei welchen Beschwerden hilft Ingwer?

Die Anwendungsgebiete von Ingwer sind sehr vielfältig. Vor allem wird der Knolle eine vorbeugende Wirkung bei Erkältungen zugesprochen. Doch auch bei Magenbeschwerden und Verdauungsproblemen, Übelkeit und Erbrechen kann Ingwer helfen. Regelbeschwerden werden ebenfalls damit behandelt. An der Klinik für integrative Medizin und Naturheilkunde in Bamberg spielt Ingwer eine große Rolle.

"Ingwer kommt bei uns in verschiedenen Anwendungen vor, wird täglich auf Station genutzt, z. B. in Form einer externen Auflage in Pulverform, als frisch aufgebrühter Tee für Appetitlosigkeit oder auch bei Dyspepsie oder Übelkeit und auch als Fertigpräparat bei Übelkeit."

Prof. Jost Langhorst, Internist, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Die 25-jährige Madlen Deißenberger leidet seit Jahren an Bauchschmerzen und hat zudem Regelbeschwerden. In der Bamberger Klinik wird sie während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes verschiedene Ingweranwendungen erhalten. Den Ingwerextrakt in Kapsel-Form bekommt sie drei Mal am Tag.

"Ich habe viel Übelkeit, Völlegefühl, habe häufig auf unklare Lebensmittel Durchfälle und dann drei, vier Tage mit Bauchschmerzen zu kämpfen. Ich habe schon zu Hause Ingwer genutzt, aber nicht in der Dosierung, die jetzt wahrscheinlich dann die volle Wirkung hoffentlich erzielt."

Madlen Deißenberger, Patientin

Ein Ingwer-Nieren-Wickel eignet sich besonders bei Patienten mit Erschöpfungszuständen und Kraftlosigkeit wie beispielsweise Krebserkrankungen oder Post-Covid. Auch bei Stresssituationen oder seelischer Unausgewogenheit wird er verordnet. Beim Ingwer-Nieren-Wickel wird zwischen zwei Kompressen das Ingwerpulver verteilt und anschließend mit warmem Wasser angefeuchtet. Der Wickel wird nun in der Nierenregion platziert und der Patient wird in ein Tuch eingewickelt. Etwa 20-30 Minuten Anwendungsdauer bringen die gewünschte Wirkung. Der Ingwer wärmt und wirkt schmerzstillend. Danach sollte die Haut mit einer reichhaltigen Creme gut gepflegt werden, da die Scharfstoffe des Ingwers sie reizen können.

Rezept für Ingwer-Shot

Besonders beliebt und leicht selbst herzustellen ist ein Ingwer-Shot. Die Ernährungsberaterin Eva-Maria Dillitz teilt das Shot-Rezept mit ihren Followern auf ihrem Instagram-Account sunfoodstories. Dafür verwendet sie 85 g Ingwer, 150 g Zitrone und 200 ml Wasser. Diese Portion reicht für ca. 3-4 Tage, denn man sollte nur eine kleine Menge des scharfen Getränks zu sich nehmen. Die Expertin empfiehlt außerdem, Ingwer in Bio-Qualität zu verwenden und dabei die Schale nicht zu entfernen, da sich drunter wertvolle ätherische Öle befinden.

Rezept Ingwer-Zitronen-Shot

85 g Ingwer
150 g Zitrone
200 ml Wasser

Ingwer mit Schale in Stücke schneiden. Zitrone schälen und ebenfalls schneiden. Beide Zutaten mit Wasser im Mixer zerkleinern. Danach abseihen. Wer mag, kann die Fasern auch mittrinken. Der Shot hält sich im Kühlschrank bis zu einer Woche.

"Ich mag den Shot ganz besonders gerne, um morgens in den Tag zu starten, denn sowohl der Ingwer als auch die Zitrone regen die Verdauung an. Ich empfehle, morgens nach dem Aufstehen so ein kleines Schnapsglas voll zu trinken."

Eva-Maria Dillitz, Bloggerin und Ernährungsberaterin

Bei Periodenschmerzen hat die Zyklusberaterin noch einen Tipp. Sie presst einen Saft aus Ingwer, Karotte und Apfel. Der Ingwersaft kann mehrmals am Tag getrunken werden, auch schon vor Beginn der Periode.

Inhaltsstoffe: Was macht den Ingwer so wirksam?

Ingwer enthält zahlreiche ätherische Öle. Neben den Scharfstoffen Gingerol und Shogaol, die für den fruchtig-scharfen Geschmack verantwortlich sind, punktet die Knolle mit viel Vitamin C und ist damit ein echter Immunbooster. 

"Über die Scharfstoffe, über die ätherischen Öle haben wir einen Effekt schon auf der Zunge, aber auch im gesamten Verdauungstrakt, z.B. im Zwölffingerdarm, wo die Verdauungsstoffe abgegeben werden in den Speisebrei, so dass die Verdauung unterstützt wird und Übelkeit verbessert wird."

Prof. Jost Langhorst, Internist, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Wissenschaftliche Studien: Wie gut ist der Ingwer erforscht?

Es ist bekannt, dass Ingwer immunstimulierend wirkt. Am Freisinger Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München haben Forscher in einer neuen Studie genau diese Fähigkeiten nachgewiesen. Ausgangspunkt der Untersuchungen waren die Ergebnisse einer früheren Pilotstudie, die gezeigt haben, dass ca. 30 bis 60 Minuten nach dem Konsum von einem Liter Ingwertee signifikante Mengen von Ingwerscharfstoffen ins Blut gelangen. Der Scharfstoff [6]-Gingerol erzielte dabei den höchsten Wert. In Laborversuchen gelang es, schon durch geringe Mengen eines Ingwerscharfstoffs weiße Blutkörperchen in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen. An diesem Prozess ein Rezeptortyp beteiligt, der für die Wahrnehmung von schmerzhaften Hitzereizen sowie das Schärfeempfinden von Speisen eine Rolle spielt.

"Wir konnten unter anderem zeigen, dass dieser Scharfrezeptor auf diesen Blutzellen exponiert wird, dass er dort vorhanden ist und dass er durch die Scharfstoffe aus dem Ingwer auch aktiviert werden kann und das in der Folge dazu führt, dass die Immunzellen verstärkt auf eine bakterielle Infektion reagieren können."

Dr. Gaby Andersen, Lebensmittelchemikerin, Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie der TU München

Aktuelle Studien weisen zudem darauf hin, dass die Einnahme von Ingwerpräparaten Regel- und Muskelschmerzen lindern kann. Gut erforscht ist auch die Wirksamkeit bei Übelkeit.

"Es gibt viele Studien zu Übelkeit. In einer Metaanalyse sind bis zu neun Studien zusammengefasst, die gezeigt haben: Das wirkt sehr gut bei Reiseerkrankungen und auch in der Onkologie. Wir haben in der Leitlinie komplementäre Verfahren ein eigenes Kapitel für Ingwer, weil er so gut beforscht ist."

Prof. Jost Langhorst, Internist, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Risiken: Gibt es bei Ingwer unerwünschte Nebenwirkungen?

50 Gramm frischen Ingwer, beziehungsweise 5 Gramm getrocknetes Pulver pro Tag gelten als unbedenklich. Wegen der Scharfstoffe sollte man aber bei Kindern bis sechs Jahre vorsichtig sein. Personen mit empfindlichem Magen sollten die Menge richtig dosieren, um mögliche Schleimhautreizungen zu vermeiden.

"Es gibt ganz selten die Situation, dass vereinzelte Menschen allergisch auf Ingwer reagieren, das ist sehr selten und in der Schwangerschaft sollte man nur in Tee-Form Ingwer verarbeiten."

Prof. Jost Langhorst, Internist, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Fazit: Wie schneidet Ingwer im Check ab?

Ingwer ist ein Allroundtalent, das zur äußerlichen wie innerlichen Anwendung bei Erschöpfung oder Übelkeit gut geeignet ist. Die Scharfstoffe beeinflussen die weißen Blutkörperchen, was immunstärkend wirkt. Einige Studien zeigen gute Wirkung bei Übelkeit. Magenempfindliche Personen sollten bei der Dosierung vorsichtig sein. Ingwer ist damit ein vielseitiges Mittel in der Hausapotheke.


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