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Arzneipflanze Kümmel Hilft Kümmel bei Magen-Darm-Beschwerden?

Kümmel ist eines der ältesten Gewürze überhaupt. Er wird aufgrund seiner entblähenden Wirkung beispielsweise gerne bei Kohlgerichten verwendet. Kümmel ist aber mehr als nur eine Küchenzutat, er ist eine Arzneipflanze, die in der modernen Phytotherapie eingesetzt wird. Die enthaltenen ätherischen Öle helfen gegen Bauchkrämpfe und bei Magen-Darm-Problemen. Bei Babys wird das Kümmelöl gerne für eine Bauchmassage verwendet.

Von: Agnieszka Schneider

Stand: 27.03.2023

Arzneipflanze Kümmel: Hilft Kümmel bei Magen-Darm-Beschwerden?

Kümmel ist vor allem als Gewürz bekannt und beliebt und wird bei der Zubereitung vieler Speisen verwendet. Er macht zum Beispiel Kohl oder Brot bekömmlich. Kümmel ist aber auch eine beliebte Heilpflanze. Es gibt ihn als Öl zum Einreiben oder als Zäpfchen für Babys und als pflanzliche Arznei in Form von Dragees.

Aber kann die traditionsreiche Heilpflanze tatsächlich Magen- Darmbeschwerden, wie Blähungen und Krämpfe lindern? Welche Inhaltsstoffe sind in Kümmel enthalten? Gibt es ausreichend wissenschaftliche Studien zu der Pflanze? Und können bei der Anwendung Nebenwirkungen auftreten?

Kümmel selbst pflücken

Drei Personen nehmen den Kümmel in unserer Rubrik: natürlich! wirksam? getestet! genauer unter die Lupe: die Bloggerin und Krankenschwester für Risikoschwangerschaften und Wöchnerinnen Velia Sellner, der Mediziner an der Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde in Bamberg Jost Langhorst und die Kräuterexpertin Karin Greiner.

Der Kümmel – Carum Carvi – stammt aus der Familie der Doldenblütler. Die zweijährige Pflanze wird zwischen 80cm und 1,20m hoch. Die kleine eiförmige Frucht spaltet sich bei der Reife in zwei Teilfrüchte. Die Pflanze bevorzugt sonnige Standorte mit einem feuchten Boden. Den Vermutungen nach ist Kümmel eine einheimische Pflanze und wird als Gewürz in allen Teilen der Welt angebaut. Zu finden ist sie in Mitteleuropa auch auf Wiesen und Wegrändern und wird oft als Wiesenkümmel bezeichnet. Mit ein wenig Kenntnis kann man den Wiesenkümmel selbst pflücken, Blütezeit ist von Mai bis Juli.

Kümmel nicht verwechseln mit Kreuzkümmel oder Schwarzkümmel

Bereits in der Klosterheilkunde wurde Kümmel gegen Völlegefühl, Aufstoßen oder bei Koliken verwendet. Wertvoll an der Pflanze sind die getrockneten Früchte und das daraus gewonnene ätherische Öl. Neben Öl zum Massieren gibt es außerdem Dragees und Zäpfchen.

Kreuzkümmel und Schwarzkümmel

Der Echte Kümmel, der Wiesenkümmel, wird oft mit dem Kreuzkümmel oder dem Schwarzkümmel verwechselt. Zwar stammt Kreuzkümmel ebenfalls aus der Familie der Doldenblütler und kann ähnliche verdauungsfördernde Eigenschaften mitbringen, dennoch ist es nicht dieselbe Pflanze. Der Kreuzkümmel benötigt ein heißes Klima zum Gedeihen und wird in der asiatischen und arabischen Küche oft genutzt. Schwarzkümmel ist dagegen der Familie der Hahnenfußgewächse zugehörig. Die reifen dunklen Samen sind vor allem als Brotgewürz auf Fladenbrot bekannt, daher sein Beiname „Brotwurz“. Auch diese Kümmelsorte zeichnet sich durch einige Wirkweisen aus, hat aber mit dem Wiesenkümmel nichts gemein.

Anwendungsgebiete: Wofür eignet sich Kümmel am besten?

Die Bloggerin Velia Sellner ist in Sachen "Baby" im Internet unterwegs. Sie arbeitet als Krankenschwester auf der Wöchnerinnen- Station und begleitet als „Doula“ Schwangere während und nach der Schwangerschaft. Sie empfiehlt den Müttern Kümmel zur Anregung der Milchbildung und zur Regulation der Menstruation.

Am häufigsten wird Kümmelöl jedoch bei Magenbeschwerden bei Säuglingen und Kleinkindern genutzt. Es hilft die Verdauung zu regulieren, hat eine beruhigende Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt und kann bei Blähungen, Verstopfung und Koliken Abhilfe schaffen. Dafür wird eine kleine Menge Öl auf dem Bauch des Babys im Uhrzeigersinn einmassiert, etwa zwei bis drei Minuten. Als Alternative gibt es Kümmelzäpfchen, die bei akuten Beschwerden eine noch effektivere Variante darstellen.

"Ich wende bei Babys vor allem Kümmelöl an bei Blähungen, Verspannungen und Flatulenzen. Bei meinem eigenen Sohn habe ich damit auch gute Erfahrungen gemacht. Er hat sehr mit Bauchkrämpfen gekämpft, vor allem im dritten Monat. Aber auch bei den Schwangeren und Mamas, die ich begleite, war die Rückmeldung positiv."

Velia Sellner, Krankenschwester und Bloggerin

Kümmel gibt es ebenfalls als Salbe für Säuglinge. Dies ist ein hervorragendes Mittel gegen Windeldermatitis, da es die Haut beruhigt und desinfiziert. Eine Fußmassage, die Inhalation und ein Ölbad mit Kümmel sind weitere häufige Anwendungsgebiete.

Mit Kümmelöl gegen das Reizdarmsyndrom

Bei erwachsenen Menschen kann Kümmel bei einer Vielzahl von Beschwerden angewendet werden. Dazu gehören Blähungen, Magen-Darm-Krämpfe sowie andere Verdauungsprobleme. Kümmelöl hemmt die Gasbildung, da er antimikrobiell wirkt. Die nützlichen Bakterien werden dabei allerdings nicht gehemmt. An der Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde der Sozialstiftung Bamberg verschreibt Prof. Dr. med. Jost Langhorst Kümmel zur äußeren wie inneren Anwendung.

"Wir nutzen den Kümmel bei Magen-Darm-Erkrankungen, zum Beispiel beim Reizdarmsyndrom, weil er verschiedene und wichtige Wirkungen hat. Er wirkt entblähend – man weiß, dass die Oberflächenspannung verändert wird. Er wirkt gegen Krämpfe, also spasmolytisch. Er wirkt aber auch antibiotisch oder gegen Pilze."

Prof. Dr. med. Jost Langhorst, Facharzt für Gastroenterologie und Naturheilkunde, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Am Klinikum Bamberg bekommen Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom täglich eine Kümmelöl-Leibauflage. Auch die 61-jährige Sabine Kramer merkt den Rückgang ihrer Magen-Darm-Beschwerden. Damit die positive Wirkung bleibt, soll sie zu Hause die warme Bauchauflage weiterhin einmal am Tag nutzen.

"Die Wärme tut sehr gut, es beruhigt sich einfach alles. Der Körper kann runterfahren, der Bauch nimmt die Wärme und das Öl auf."

Sabine Kramer

Kümmeltee für die Verdauung

Für Kräuterexpertin Karin Greiner gehört Kümmel nicht nur ins Gewürzregal, sondern auch in jede Hausapotheke. Die Wirksamkeit der Pflanze fasziniert die Biologin. Beliebtes Hausmittel für sie: Kümmeltee. Dafür zerstößt sie einen gehäuften Teelöffel Kümmelfrüchte und gießt ihn mit ¼ Liter heißem Wasser auf. Das Wasser soll dabei nicht mehr kochen. Zehn Minuten ziehen lassen und den Tee schluckweise über den Tag trinken. Für Säuglinge sollte der Tee im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnt werden.

"Ich schätze Kümmeltee ganz besonders, wenn es so richtig üppiges Essen gegeben hat, das schwer im Magen liegt. Aber auch bei Gerichten wie Hülsenfrüchten oder Kohlgerichten oder einem frisch gebackenen Brot. Das rumort ab und zu im Magen und hat oftmals Nebenwirkungen, die man ungern hat."

Karin Greiner, Kräuterexpertin und Biologin

Aus einer alten Tradition heraus hat sich Kümmel auch bei Mund- und Zahnfleischentzündungen oder bei Mundgeruch bewährt. Den sogenannten "Kümmelzucker" konnten sich früher nur betuchte Menschen leisten. Heute lässt man für die Gesundheit der Zähne den Zucker weg und kann die Kümmelfrüchte im Mund einfach ein paar Minuten kauen und anschließend runterschlucken. Kümmel ist außerdem appetitanregend.

Die Inhaltsstoffe: Was macht Kümmel so gesund?

Der Hauptwirkstoff in Kümmel sind die ätherischen Öle, zu über 50 Prozent das ätherische Öl Carvon. Aber auch Limonen sind enthalten. Flavonoide, sowie Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Eisen und Magnesium sind ebenfalls wichtige Inhaltsstoffe. Mit 1350 Milligramm pro 100 Gramm ist das Gewürz der absolute Kalium-Spitzenreiter, noch vor der Banane.

Ein Teelöffel Kümmel liefert etwa zwei Gramm Ballaststoffe. Das entspricht zehn Prozent der empfohlenen Tagesmenge für einen Erwachsenen. Die Einnahme von Kümmel kann zu einer regelmäßigen Verdauung beitragen. Des Weiteren enthält Kümmel Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren, die beide essentiell wichtig sind, da der Körper sie nicht selbst produzieren kann. Gemeinsam schützen die ätherischen Öle sowie die antioxidativ wirkenden Flavonoide vor der zellschädigenden Auswirkung der freien Radikale.

Um viele der guten Inhaltsstoffe zu behalten, müssen die Früchte zerstoßen werden. Für den Hausgebrauch empfiehlt die Kräuterexpertin Karin Greiner ein Kümmelöl, das leicht herzustellen ist. Den angestoßenen Kümmel mischt sie mit einem Trägeröl, wie Rapsöl, Sonnenblumenöl, Traubenkernöl oder Mandelöl. Das Gemisch muss zwei Wochen bei Zimmertemperatur ziehen und sollte einmal am Tag geschüttelt werden. Danach abgießen - und das Öl kann zum Einreiben oder in der Küche verwendet werden.

"Kümmel, und das ist relativ typisch für die Phytotherapie, ist ein Vielstoffgemisch. Verschiedene Wirkstoffe wirken zusammen und machen diesen besonderen Fingerabdruck der Natur, den man über das spezifische ätherische Öl über die Nase entschlüsseln kann."

Prof. Dr. med. Jost Langhorst, Facharzt für Gastroenterologie und Naturheilkunde, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Der Forschungsstand: Gibt es wissenschaftliche Studien?

Prof. Langhorst hat mit seinem Team eine Anwendungsstudie zur Kümmel-Leibauflage gemacht. Die Behandlung wurde in die Leitlinie für das Reizdarmsyndrom aufgenommen.

"Im Rahmen dieser Studie konnten wir zeigen, dass die Patienten mit Reizdarmsyndrom signifikant profitieren. Das heißt, die Symptome sind um ein Drittel besser geworden, wenn sie regelmäßig die Anwendung durchgeführt haben."

Prof. Dr. med. Jost Langhorst, Facharzt für Gastroenterologie und Naturheilkunde, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Kümmel hat es sogar in ein pflanzliches Arzneimittel geschafft, das als Kombination mit Pfefferminze bei Reizdarmsyndrom und Völlegefühl empfohlen wird. Von 2015 bis 2017 wurden einige kontrollierte klinische Studien zur Wirksamkeit der hochdosierten Wirkstoffkombination aus den ätherischen Ölen der Pfefferminze und des Kümmels bei Verdauungsstörungen untersucht.

"Das Mikrobiota, also unsere Darmbakterien, sind heute ein sehr wichtiges Forschungsfeld. Und es gibt Studien zum Kümmel im Reagenzglas, die gezeigt haben, dass die Bakterien, die eher als problematisch angesehen werden, durch den Kümmel behandelt werden können. Und die Bakterien, wo man das Gefühl hat, sie stärken die Situation, bleiben verschont."

Prof. Dr. med. Jost Langhorst, Facharzt für Gastroenterologie und Naturheilkunde, Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde, Sozialstiftung Bamberg

Eine aktuell laufende klinische Studie soll die Wirksamkeit des pflanzlichen Arzneimittels noch einmal untermauern.

Die Risiken: Gibt es unerwünschte Nebenwirkungen?

Der Konsum von Kümmel ist eher unproblematisch. Ob als Tee oder den Speisen beigemengt – die Pflanze ist gut verträglich. Bei der Anwendung auf der Haut kann Kümmelöl allerdings zu allergischen Reaktionen führen – sowohl bei Babys, Kindern, wie auch bei Erwachsenen.

"Eine mögliche Nebenwirkung bei der Babyhaut, die auch sehr sensibel sein kann, ist auf jeden Fall eine allergische Reaktion. Deswegen sollte man das an der Haut ausprobieren, denn es können Rötungen, Schwellungen und Pusteln entstehen."

Velia Sellner, Krankenschwester und Bloggerin

Bei der Einnahme des pflanzlichen Präparates aus Kümmelöl und Pfefferminze ist zu beachten, dass es Schwangere sowie Kinder unter zwölf Jahren nicht einnehmen sollen. Für alle anderen Patientengruppen werden zwei Kapseln täglich empfohlen. Das hochkonzentrierte Medikament entspricht der Wirkstoffmenge von 73 Tassen Pfefferminz-Kümmeltee – das wären etwa elf Liter.

Kümmel: Heilpflanze mit Potenzial

Kümmel punktet bei der einfachen Anwendung: äußerlich wie innerlich. Die wertvollen ätherischen Öle wie Carvon machen ihn so wirksam. Es gibt einige positive Studien-Ergebnisse. Das pflanzliche Arzneimittel ist allerdings ein Kombipräparat. Und Achtung vor allergischen Reaktionen bei Kindern und Erwachsenen. Fazit: Kümmel ist eine Heilpflanze mit großem Potenzial.


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