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Pepper, Da Vinci & Co Helfen Roboter heilen?

„Pepper“ ist in der Altenpflege im Einsatz. „Da Vinci“ operiert. Und „Luna“ soll in der Ergotherapie beim Training helfen. Roboter sind in der Medizin immer mehr im Einsatz.

Von: Tom Fleckenstein

Stand: 01.01.2024

Roboter in der Reha

Die 16jährige Verena Losert hatte einen Schlaganfall und war halbseitig gelähmt.

"Ich hatte eine Hirnblutung. Das war ein Knoten im Kopf aus Arterien und Venen, das ist geplatzt. Meine komplette rechte Seite war gelähmt, ich konnte nicht laufen, nicht reden und wurde mit einer Magensonde ernährt."

Verena Losert

Dennoch verfolgt sie hartnäckig ihren Traum: Motorrad fahren. Dafür trainiert sie eisern bei der Ergotherapeutin. Katharina Vöst setzt in ihrer Augsburger Praxis auf Roboter. Mit „Luna“ soll Verena die Muskulatur für ihre Hand wieder stärken. Dabei muss ihr Gehirn wieder mühsam neu lernen, über die Nervenbahnen die Gelenke anzusteuern. Der Roboter misst, wieviel Unterstützung Verena braucht. Darin sieht Katharina Vöst entscheidende Vorteile gegenüber der herkömmlichen Ergotherapie.

"Wenn ich die Hand nehmen würde und so zehn Minuten die Bewegung passiv für sie machen würde. Dann gibt es keine neurologischen Verschaltungen, weil das Gehirn nach ganz kurzer Zeit abschaltet, wenn es nicht aktiv mitarbeiten muss. Deshalb arbeiten wir hier nur mit aktiven Übungen, damit die Patienten möglichst viele Verschaltungen wiedererlangen und so möglichst viel Bewegung erreichen können."

Katharina Vöst, Ergotherapeutin, Augsburg

Reha-Klinik setzt auf Roboter

Im oberbayerischen Vogtareuth in der Schön-Klinik ist Professor Steffen Berweck Spezialist für die Rehabilitation nach Schlaganfällen. 300 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind pro Jahr betroffen. Steffen Berweck checkt Verena von Kopf bis Fuß durch. Seine Diagnose: Die Gehirnblutung hat die Feinmotorik auf der rechten Seite massiv geschädigt. 

"Sie hat eine Schwäche und die ist umso ausgeprägter, je weiter es zur Hand- und Fingerfunktion geht. Was typisch ist, weil gerade diese feinen Bewegungen der Finger von einer ganz feinen und guten Verbindung zwischen Gehirn und den entsprechenden Muskeln abhängen. Wenn diese Verbindung einmal unterbrochen ist, dann ist sie durch nichts zu ersetzen. Und deshalb ist meine Einschätzung, dass es bei Verena schon sehr schwer werden wird, diese Fingerfunktion wieder zurückzugewinnen."

Prof. Dr. med. Steffen Berweck, Fachzentrum für pädiatrische Neurologie, Neuro-Rehabilitation und Epileptologie, Schön Klinik Vogtareuth

Das heißt, ihre rechte Hand wird demnach nie mehr funktionieren wie vorher. Aber mit viel Training lässt sich noch etwas erreichen. Auch die Experten in der Schön-Klinik setzen dabei auf eine roboter- und computergestützte Therapie, um möglichst viele Nervenbahnen zwischen Gehirn und Gelenken wiederherzustellen. Steffen Berweck ist überzeugt:  

"Gerade in dieser Phase sind die Roboter eine super Ergänzung. Das Gerät soll darauf reagieren, was kann der Patient selbst. Und gibt noch ein bisschen was dazu, damit die Bewegung auch wirklich ausgeführt wird. Und gerade bei diesen beiden Dingen sind die Roboter toll, weil sie eine hohe Wiederholungsrate ermöglichen."

Prof. Dr. med. Steffen Berweck, Fachzentrum für pädiatrische Neurologie, Neuro-Rehabilitation und Epileptologie, Schön Klinik Vogtareuth

Roboter helfen Querschnittsgelähmten

Wieviel möglich ist, zeigt die Ergotherapeutin Katharina Vöst bei ihrer Patientin Heidi Horn. Sie ist nach einem Herzinfarkt querschnittgelähmt und auch noch erblindet. Mit dem Ekso-Roboter soll die 65-Jährige wieder gehen lernen. Für Heidi Horn ist das Roboterskelett die einzige Chance, aus dem Rollstuhl wieder herauszukommen. Sie schafft mit dem Roboter 1.200 Schritte, hat viel weniger Schmerzen, mehr Lebensqualität und will unbedingt wieder gehen können. 

"Das ist mein Traum, mein Ziel, auszuprobieren, und wenn ich noch fünf Jahre brauche, das wäre mir egal."

Heidi Horn

Obwohl sie mit dem Einsatz von Robotern große Erfolge erzielt, bekommt Katharina Vöst von den Krankenkassen keinen Cent mehr als für eine herkömmliche Therapie. Dennoch hat sie in moderne Technik investiert. Die Krankenkassen argumentieren, es gäbe noch keine Studien, die den Erfolg ausdrücklich belegen.

Roboter in der Pflege

Auch in Erlenbach am Main sind Roboter im Einsatz. In der kleinen Gemeinde in Unterfranken geht die 80-jährige Gertrud Ananijev in die ambulante Altenpflege der Caritas. Der Morgen beginnt mit Gymnastik. Der Trainer: Roboter Pepper. Am Anfang waren die Senioren skeptisch. Doch mittlerweile machen fast alle mit. Pepper ist mit seiner kindlichen Stimme und den Kulleraugen eine willkommene Abwechslung im Alltag, sagt Gertrud Ananijev:

"Ich find ihn sehr lustig, den Pepper. Und er wird wahrscheinlich noch viel dazulernen, wenn er weiter programmiert wird. Und dann ist das doch eine ganz schöne Sache. Man kann sich mit ihm unterhalten."

Gertrud Ananijev

Pepper ist der erste Roboter der Welt mit Emotionen. Der Trend ist klar: Es gibt immer mehr Pflegebedürftige, aber immer weniger Pflegende. Und Roboter werden immer besser.  

"Es gab zur Einführung von Pepper kritische Stimmen aus der Öffentlichkeit, die gesagt haben, da sollen Pflegekräfte ersetzt werden. Und jetzt kommen die Roboter in die Pflege. Man muss dazu sagen, unsere Roboter pflegen nicht, die Menschen sind immer noch da zum Pflegen. Es war nie unser Bestreben, Mitarbeiter, Fachkräfte einzusparen. Ganz im Gegenteil, wir wollen, dass unsere Mitarbeiter Zeit für die Menschen haben und durch die Roboter entlastet werden."

Susanne König, Caritas Erlenbach am Main

Die Betreuung in der Tagespflege in Erlenbach ist persönlich. Kein Gast wird gezwungen, sich mit den Robotern zu beschäftigen. Doch viele sind auch neugierig und lernen die humanoiden Hilfskräfte immer persönlicher kennen. Dennoch ist Gertrud Ananijev der Händedruck einer Pflegerin lieber.

Roboter Pepper wurde vom Freistaat Bayern als Pilotprojekt mit 36.000 Euro gefördert. Die anderen technischen Assistenten hat die Tagespflege selbst finanziert. In Zukunft werden Roboter in der Pflege allein schon wegen der Personalknappheit nicht mehr wegzudenken sein. Die Software von Pepper wird weiterentwickelt. Dann kann er auch alleine mit Senioren spielen, Demenzkranke beschäftigen oder bürokratische Aufgaben übernehmen.

Roboter operieren

In Kempten im Allgäu ersetzen Roboter die Hände von Chirurgen. Marianne Menne wird bald operiert. Seit 61 Jahren ist sie mit ihrem Mann Günter verheiratet und war nie ernsthaft krank. Doch dann erhält sie nach einer Darmspiegelung die beängstigende Diagnose: ein Tumor im Enddarm. Die Klinik in Kempten hat seit 2019 Erfahrungen mit Roboter-Operationen gesammelt. Der Chirurg Christian Hart klärt sie vorher über den Eingriff auf.

"Der Tumor misst so fünf bis sechs Zentimeter im Durchmesser, der liegt sehr nah unten am Schließmuskel. So dass wir das operativ entfernen müssen. Er ist relativ groß. Aber nur im Becken. Das heißt wir haben eine Chance. Das Gerät, an dem der Chirurg sitzt, hat zwei Joysticks. Man guckt rein wie durch ein Mikroskop und man sieht, was die Kamera aufnimmt, die an diesen Armen befestigt ist."

Dr. med. Christian Hart, Klinikverbund Allgäu, Darmzentrum Kempten

Der Chirurg lenkt die Maschine: Der 1,5 Millionen Euro teure Roboter assistiert. Da Vinci eignet sich aber nicht für alle Operationen.

"Man muss schauen für welchen Patienten kann man die robotische Chirurgie wählen, das hängt von der Anatomie ab, vom Befund, von der Größe des Tumors, und vom Patienten, wie krank ist er, man muss Patienten während der Operation stark in der Kopf-Tieflagerung verlagern. Hält er das aus? Das sind die Überlegungen, aber wenn es geht, ist die Roboterchirurgie sicher die schonendere und die präzisere als die klassische offene Chirurgie."

Dr. med. Christian Hart, Klinikverbund Allgäu, Darmzentrum Kempten

Der Eingriff ist minimalinvasiv. Mit den Händen steuert der Chirurg die Greifzangen und scharfen Messer, die den Tumor herausschneiden werden. Mit den Füßen verschweißt und verödet er die Wunden, damit sie schneller heilen und es möglichst wenig Narben gibt. Durch das Okular sieht der Operateur dreidimensional und mit schärfster Auflösung, wo er schneidet. Und so bekommen sie auch den Tumor der Patientin in den Griff und können den Krebs vollständig entfernen.


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