Stammzellspende Hoffnung und Rettung für schwer kranke Menschen
Am 28. Mai ist World Blood Cancer Day. Der Aktionstag gegen Blutkrebs soll Menschen ermutigen sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. Eine Stammzell-Transplantation ist oft die einzige Chance auf Heilung – nicht nur für Patienten mit Blutkrebs.
Benita ist 14 Jahre jung, sie liebt ihren Hund, die Natur, genießt das Leben, und das umso mehr, weil sie weiß, wieviel Glück sie hatte. Ihr erstes Lebensjahr hätte sie beinahe nicht überlebt. Weil sie mit einem nicht funktionsfähigen Immunsystem auf die Welt kam, war sie bereits mit neun Monaten todkrank.
Glück im Unglück: Passende Stammzell-Spender retten Leben
Ihre einzige Chance war eine Art Organspende. Neue Blutstammzellen, die genau zu ihrem Körper passen. Zu ihrem Glück findet sich damals ein Spender. Von diesem Unbekannten kommen die rettenden Blutstammzellen. Für Benita und ihre Familie ist das ein Geschenk, das sie bis heute dankbar macht.
Typisierungsaktionen: Neue Spender für todkranke Patienten
Damit ihre an Leukämie erkrankte Kollegin Mercan eine Chance auf ein Weiterleben hat, hofft auch Stefanie Dechant auf ein kleines Wunder. Die Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Nürnberg ist zuerst geschockt, als sie von der Erkrankung der Kollegin erfährt, entschließt sich aber bald, etwas zu unternehmen. Mercan braucht dringend eine Spenderin oder einen Spender, die genetisch genau zu ihr passen. Oft kommen Verwandte als Spender in Frage, oder es findet sich ein passender Spender in den Datenbanken. Doch beides gilt nicht für Mercans Fall.
Darum veranstalten ihre Freunde und Kollegen in Zusammenarbeit mit der DKMS, der Deutschen Knochenmarksspenderdatei, eine sogenannte „Typisierungsaktion“. Die DKMS ist eine von mehreren Organisationen, die in Deutschland in Sachen Stammzellspenden aktiv sind. Bei einer solchen Aktion werden neue potenzielle Spender „typisiert“. Das heißt, die genetischen Eigenschaften ihrer Stammzellen werden analysiert und in den Datenbanken registriert. Für diese „Typisierung“ müssen potenzielle Spender lediglich eine Speichelprobe einschicken.
Die Hilfsbereitschaft unter den Eltern ist groß. Über 200 Spender haben sich neu registriert. Die Typisierungsaktion hilft auch den Kollegen und Kindern aus Mercans Kindergarten-Gruppe, mit ihren Ängsten umzugehen.
Ablauf der Stammzellspende in der Praxis
Wie eine Stammzellspende abläuft, zeigt das Beispiel von Laura Horacek. Sie hat vor kurzem eine E-Mail bekommen und erfahren, dass ihre Stammzellen ein „Match“ ergaben. Das bedeutet, dass wichtige Eigenschaften ihrer Stammzellen mit denen eines schwer kranken Patienten irgendwo auf der Welt übereinstimmen.
In der sogenannten „Mobilisierungsphase“ spritzt sich Laura morgens und abends ein Medikament, das die Stammzellen im Knochenmark aktiviert und zur Vermehrung anregt. Nebenwirkung ist ein mehr oder weniger intensives „Krankheitsgefühl“. Laura verträgt das Medikament gut, kann sogar leichte Sporteinheiten absolvieren. Am Tag der eigentlichen Spende stellt sie sich in der Ambulanz der AKB, der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern, vor. Sie kennt die Ambulanz bereits. Hier wurde sie im Vorfeld der Spende bereits sehr gründlich gesundheitlich durchgecheckt.
Stammzellspende: Eine Art Blutspende
OPs, um Stammzellen zu gewinnen, gibt es heute nur noch in Ausnahmefällen. Direkt aus den Beckenknochen, dem Knochenmark, werden die Zellen nur entnommen, wenn die Spende für einen Säugling oder ein Kleinkind bestimmt ist.
In den allermeisten Fällen werden die Stammzellen aber aus dem Blut der Spender entnommen, wie auch bei Laura Horacek. Dr. Ulrich Hahn von der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern erklärt den Prozess.
"Die gelösten Stammzellen werden aus dem Knochenmark ins Blut ausgeschwemmt und an einer Maschine, dem Zellseparator, entnommen. Die trennt das Blut in seine Bestandteile auf. An dieser Maschine werden die Stammzellen in einen Sammelbeutel abgeführt und das restliche Blut geht sofort wieder zurück in den Körper."
Dr. med. Ulrich Hahn, Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern
Höchstens vier Stunden, oder zwei Spielfilmlängen, dauert die ganze Prozedur. Die „Stammzellenernte“ wird danach per Kurier zum Patienten gebracht. Die Spender bekommen dafür nichts, bis auf eventuelle Erstattungen für Fahrtkosten oder Urlaubstage.
Spender und Empfänger: eine besondere Beziehung
Frühestens zwei Jahre nach der Stammzellspende dürfen Spender und Empfänger sich kennenlernen, vorausgesetzt, beide wollen das auch. Benita lernte ihren Spender kennen, als sie zwei Jahre alt war. Ein völlig gesundes, fröhliches Kind, dank „ihrem“ Sepp. Seitdem ist Josef Felber ein Teil ihres Lebens – zwischen ihm und Benita ist inzwischen eine enge Freundschaft entstanden.
14 Jahre ist die Stammzellspende her, für Benita ein zweiter Geburtstag. Darum hat sie auch all ihre Geschenke zur Erstkommunion nicht behalten, sondern der AKB überlassen. Damit sich noch mehr Menschen dort registrieren und weitere Leben retten können. Das geht auch per Post. Ein „Registrierungsset“ mit Wattestäbchen und Zubehör kann man sich schicken lassen. Stammzellspenden sind - aus medizinischen Gründen - nur bis zu einem bestimmten Alter möglich. Bei der DKMS werden potenzielle Spenderinnen und Spender, die älter sind als 61 Jahre, aus der Kartei genommen.
Übrigens ist es egal, ob man sich bei der AKB oder bei der DKMS oder einer der anderen in Deutschland aktiven Organisationen registriert. Die meisten Organisationen sind deutschlandweit und oft auch international weltweit vernetzt. Eine Registrierung reicht also, um möglichst vielen Menschen zu helfen.