Wechseljahre Wechseljahre – Zeit für Veränderung
Meist beginnen die Wechseljahre zwischen 45 und 50 Jahren. Die Eierstöcke produzieren weniger Geschlechtshormone, die Fruchtbarkeit nimmt ab. Für viele Frauen ist das eine intensive Zeit, die oft mit den typischen körperlichen Beschwerden wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen einhergeht. Es gibt verschiedene Methoden, um gut durch die Wechseljahre zu kommen. Welche die Passende ist – das ist von Frau zu Frau verschieden.
Kreativ, aktiv, gesellig. Schlagworte, die das Leben von Künstlerberaterin Kirsten Kastalio beschreiben. Und dabei will sie sich nicht aufhalten lassen. Erst recht nicht von ihrem eigenen Körper und den Wechseljahren. Erste Veränderungen bemerkte sie vor etwa drei Jahren.
"Ich habe zugenommen wie ein Weltmeister und überhaupt nicht mehr abgenommen. Außerdem habe ich schlecht geschlafen und meinen Mann dafür verantwortlich gemacht, weil er geschnarcht hat. Der war es aber nicht. Und ich wurde extrem schlecht gelaunt. Irgendwann wurde es unerträglich, wurde ich unerträglich, für mich selbst und andere."
Kirsten Kastalio
Wechseljahre: Nicht jede Frau hat Beschwerden
Ob Beschwerden auftauchen – und welche, das ist von Frau zu Frau verschieden. Während ein Drittel keine Probleme hat, berichten die anderen je zu einem Drittel über leichte bis mäßige beziehungsweise mittlere bis schwere Beschwerden. Besonders weit verbreitet sind: Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Scheidentrockenheit sowie Haut-, Haar- und Gewichtsveränderungen.
In der Frauenklinik des Universitätsklinikums rechts der Isar in München sieht die Professorin Marion Kiechle die unterschiedlichsten Patientinnen.
"Viele Frauen, die in die Wechseljahre kommen, stehen mitten im Berufsleben. Sind oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie müssen und wollen jeden Tag performen, früh aufstehen und leisten. Gerade solche Frauen sind natürlich extrem stark belastet durch Schlafstörungen und zum Beispiel durch Hitzewallungen."
Univ.-Prof. Dr. med. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar, TU München
Wechseljahresbeschwerden: Hilfe durch Hormone
Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme. Für Kirsten Kastalio stand schnell fest: So soll es nicht weitergehen.
"Mein altes Ich war mir wirklich wichtig. Ich war aktiv und viel unterwegs. Und ich habe gemerkt, dass ich mich zu allem immer mehr motivieren muss. Und das wollte ich nicht mehr. Ich wollte nicht hinter allem herrennen und wirklich sprichwörtlich die Kontrolle über mein eigenes Leben verlieren."
Kirsten Kastalio
Vor zwei Jahren entschied sie sich deshalb gemeinsam mit ihrem Gynäkologen Dr. med. Harry Tschebiner für eine individuell angepasste Therapie mit bioidentischen Hormonen. Der Fokus des Mediziners liegt dabei darauf, so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu dosieren. Er empfiehlt, die Therapie in Absprache mit dem behandelnden Arzt nach fünf Jahren aufzuhören und zu hinterfragen: Wie geht es mir nach vier bis sechs Wochen? Kommen die Symptome wieder? Wie ausgeprägt sind sie? Brauche ich noch Hormone?
"State of the art ist, Östrogene über die Haut und Progesteron als Kapsel zu geben. Es ist kein Wundermittel. Aber Sie können doch viele Dinge verlangsamen. Und ganz wichtig ist der Lebensstil. Das sollte immer die erste Stellschraube sein. Und Hormonen kommen dann zusätzlich, um Dinge zu bessern, die speziell im Wechsel schlechter geworden sind."
Dr. med. Harry Tschebiner, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Menopause-Zentrum München
Früher wurde noch wesentlich mehr mit Hormonen therapiert. Anfang der 2000er sorgte eine Studie für Verunsicherung. Inzwischen hat sich die Zahl der Frauen, die Hormone nimmt, stabil eingependelt. Die WHI-Studie (Women‘s Health Initiative) wurde damals abgebrochen, weil bei den Probandinnen vermehrt Thrombosen, Schlaganfälle, Herzinfarkte und Brustkrebs auftraten. Inzwischen wurden große Teile neu ausgewertet und auch relativiert.
Prof. Marion Kiechle gibt teils Entwarnung: Die Studie sei damals teils falsch interpretiert worden und habe durchaus Schwachstellen aufgewiesen. So seien die Patientinnen zu Beginn der Therapie teils schon zu alt gewesen, das mittlere Alter habe bei 63 bis 64 Jahren gelegen. Auch seien sie zum Teil übergewichtig gewesen, die Hälfte habe geraucht, ein Drittel hatte Bluthochdruck. Das alles, so die Expertin, erhöhe das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie etwa einen Herzinfarkt. Denn, so die Erkenntnis inzwischen: Frühzeitig eingenommen, erhöhen Hormone nicht das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Typische Wechseljahresbeschwerden werden gelindert.
"Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, ist niedriger. Außerdem sorgen die Hormone für einen starken Knochen und schützen vor einer osteoporosebedingten Fraktur. Das Brustkrebsrisiko ist allerdings erhöht, insbesondere wenn die Frau kombinierte Hormone einnehmen muss, also Östrogene plus Gestagene. Niedriger ist das Brustkrebsrisiko, wenn die Frau lediglich Östrogene einnehmen kann."
Univ.-Prof. Dr. med. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar, TU München
Mit pflanzlicher Hilfe durch die Wechseljahre
Vor drei Jahren ging es bei Sybille Holzhauser los: Migräne, Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen. Und äußere Veränderungen: Haut und Haare veränderten sich, wurden trockener und stumpfer.
Hormone sind für sie derzeit keine Option. Schon die Pille habe sie früher nicht gut vertragen. Und auch die Furcht vor Thrombosen, Schlaganfällen und einem erhöhten Krebsrisiko schrecke sie ab. Stattdessen möchte sie auf Naturheilkunde setzen. Gemeinsam mit ihrer Heilpraktikerin Tanja Adamietz hat sie sich zunächst für Salbeitee und Frauenmanteltropfen entschieden. Bei den Hitzewallungen bemerkt sie erste Verbesserungen.
Heilpraktikerin Adamietz behandelt die Patientinnen mit Wechseljahresbeschwerden auch mit Akupunktur und Osteopathie. Studien zeigen: Akupunktur kann typische Wechseljahresbeschwerden - wie Hitzewallungen und Schlafstörungen - verbessern.
"Ein Klassiker ist die Alchemilla, der Frauenmantel. Sie bringt das Hormonsystem wieder in Balance. Bei Hitzewallungen oder Nachtschweiß hilft die Cimicifuga, die Traubensilberkerze. Sie hat auch gute Studienergebnisse. Eine Tasse kalter Salbeitee am Abend kann recht schnell Abhilfe bei Hitzewallungen schaffen. Mönchspfeffer ist eine hormonell ausgleichende Pflanze, die man in der Prämenopause gibt, wenn die Blutung unregelmäßiger wird."
Tanja Adamietz, Heilpraktikerin, München
Der Lebensstil spielt eine wichtige Rolle
Ihren ganz eigenen, bewussten Weg durch die Wechseljahre hat Birgit Gebauer gefunden. Für sie gehört dazu: Eisbaden, egal bei welchem Wetter – auch bei sieben Grad Wassertemperatur.
Zur ihrem bewussten Lebensstil gehören neben Eisbaden auch regelmäßige Meditationen und eine gesunde Ernährung. Das Winterfrühstück besteht aus wärmendem Porridge, Hafermilch, Overnight Oats, frischgepresstem Orangensaft, Granatapfel, Bananen, Hanfsamen, Leinsamen, Kakao-Nibs, Leinöl und Walnüssen. Hochwertige und gesunde Zutaten, die lange satt machen.
Die Bildungsreferentin und studierte Ernährungsberaterin klärt an Schulen über Fruchtbarkeit auf. Und gibt inzwischen auch Workshops für andere Frauen in den Wechseljahren. In ihren „Meisterinnen“-Kursen bekommen die Teilnehmerinnen Informationen über die Vorgänge im eigenen Körper, lernen, die Veränderungen und den Zyklus besser zu verstehen und anzunehmen. Nach dem Motto: Je früher Du Bescheid weißt, desto besser bist Du vorbereitet.
"Ich arbeite daran, den Frauen klarzumachen, dass die Wechseljahre nichts Schlimmes sind. Dass sie danach vielleicht sogar rausgehen und sagen: Ich freue mich drauf. Für mich war es auch schwierig am Anfang. Und es dauert eine Zeit, bis man sich damit anfreundet. Aber ich habe zwei Möglichkeiten: Entweder ich steuere dagegen an oder ich nehme es an und sage: So ist es und ich bin nicht schlechter, wenn ich Falten habe oder runzelig werde oder einen Rettungsring am Bauch habe."
Birgit Gebauer
Egal, ob die Entscheidung auf Hormone, auf natürliche Mittel oder auf etwas ganz anderes fällt: Wie Frau am besten in diesen Lebensabschnitt geht, ist ganz individuell.