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Pflanzen Alte Apfelsorten und ihre Geschichten

Kaum eine andere Frucht ist mythologisch so stark aufgeladen und in unserem Brauchtum verwurzelt, wie der Apfel. Gerade in der Weihnachtszeit ist er nicht wegzudenken. Wer heute in den Supermarkt geht, bekommt im Apfelregal meist bekannte Sorten wie "Granny Smith", "Boskop" oder "Braeburn" angeboten. Dabei gibt es noch ganz andere und vor allem alte Apfelsorten. Gartenexpertin Brigitte Goss gibt eine kleine Kulturgeschichte des Apfels und stellt alte Sorten vor.

Stand: 21.11.2023

Alte Apfelsorten  | Bild: Brigitte Goss

Kulturgeschichte des Apfels

Der Apfel hat wie keine andere Frucht Eingang in das Brauchtum und die Literatur früherer Kulturen gefunden. Er wird mit Begriffen wie Fruchtbarkeit, Liebe, Leben, aber auch mit dem Tod in Verbindung gebracht. Häufig trägt er wundersame, unerklärliche Kräfte in sich.

Keine andere Frucht kann sich in Bedeutung und Symbolik mit dem Apfel messen. Er ist eines der Basisprodukte unserer Ernährung seit dem Beginn der Kultivierung von Lebensmitteln. Während sich die Begriffe Birne, Kirsche und Pflaume aus römischen Wortstämmen entwickelten, ist der Begriff Apfel viel älter. Daraus lässt sich schließen, dass der Apfel schon bei den Germanen eine Rolle spielte. Afal oder Aful war eine althochdeutsche Bezeichnung von Apfel. Man findet den althochdeutschen Apfelbaum noch heute in zahlreichen Ortsnamen wieder. Das sagenumwobene Avalon deutet auch auf einen Zusammenhang mit Äpfeln hin: Es wurde im 12. Jahrhundert als die "Insula Pomorum", die Apfelinsel, bezeichnet.

In der Genesis ist der Apfel das Symbol für die Bewusstseinswerdung des Menschen. Der Apfel galt als Frucht der Verlockung, als Frucht des Lebens, als Todesapfel. Er ist das Symbol der Erbsünde, aber in mittelalterlichen Abbildungen wird der Apfel in der Hand des Jesuskindes zum Symbol der Erlösung. Hiervon leitet sich auch die Bedeutung des "Weltenherrschers" in Form des Reichsapfels ab, seit Kaiser Konstantin gehört dieser zu den Insignien der geistigen, himmlischen und weltlichen Macht.

Auch in zahlreichen Märchen spielt der Apfel eine tragende Rolle, wie bei "Frau Holle", oder "Schneewittchen".

Mehr Infos über Äpfel:

Wie Sie die Heilkraft von Äpfeln für Ihre Gesundheit nutzen können, lesen Sie hier.
Erfahren Sie hier auch etwas über die Heilkraft von Apfelessig.
Rezepte mit Apfel aus der "Wir in Bayern"-Küche: Wildpflanzerl mit Apfel-Kartoffel-Gröstl und Wildsoße, Apfel-Schmand-Kuchen

Der Apfel zu Weihnachten

Als der Tannenbaum als Symbol der immergrünen Lebenskraft in die Stuben kam, bestand der Behang zunächst aus Äpfeln und Strohsternen. Makellose Exemplare der herbstlichen Apfelernte wurden dazu verwendet. Die "Rote Sternrenette" ist der klassische Apfel für den Weihnachtsschmuck. "Gewürzluiken", "Belle Fleur", "Glockenapfel" und "Wintergoldparmäne" bieten zusätzlich ein echtes Geschmackserlebnis.

Alte Apfelsorten

Rote Sternrenette

Synonyme: Weihnachtsapfel, "Pomme de Cœur" (= Herzapfel)

  • Sie kann bis in das Jahr 1820 zurückverfolgt werden.
  • Sie gilt geschmacklich nicht als der beste Apfel, ist aber als Schaufrucht bekannt.
  • Sie wird im Apfelweinanbau sehr geschätzt.
  • Sie kann bis März gelagert werden.
  • Sie sind am besten für den Streuobstanbau geeignet, nur der Boden darf nicht zu trocken sein.

Gewürzluiken

  • Erster Zufallssämling wurde etwa 1885 in Württemberg entdeckt.
  • Ist ein schön gefärbter Tafelapfel.
  • Die Bäume treiben spät aus und blühen auch spät, das schützt sie vor Spätfrösten.
  • Die Genussreife ist von Dezember bis März.
  • Dieser Apfel eignet sich hervorragend zur Saftherstellung.

Roter Bellefleur

Synonyme: Siebenschläfer, Pfingstapfel

  • Dieser Apfel ist in Holland beheimatet.
  • Der Baum treibt sehr spät aus und gilt deshalb als "Obstversicherung", da die Blüte nicht durch Spätfröste gefährdet ist.
  • Die Äpfel sind unempfindlich. Früher wurden sie in Gruben "eingemietet".
  • Der Bellefleur ist bis Mai lagerfähig.

Glockenapfel

Synonyme: weißer Winterglockenapfel

  • Er stammt vermutlich aus dem Alten Land bei Hamburg vor 1900 oder aus der Schweiz.
  • Die Genussreife ist von Dezember bis Juni.
  • Er hat eine glockenförmige Frucht mit grüngelber Farbe.
  • Er hat ein festes Fruchtfleisch mit milder Säure.
  • Der Glockenapfel ist lagerfähig bis Mai.

Winter-Goldparmäne

Synonyme: Goldrenette, Königin der Renetten

  • Diese Sorte wurde vermutlich vor 1700 von Frankreich über England nach Deutschland eingeführt. Es wird angenommen, dass sie bereits um 1200 entstanden ist.
  • Sie ist ein Tafelapfel mit würzigem, süß-säuerlichem Aroma.
  • Die Genussreife ist von Oktober bis Januar.
  • In den 50er Jahren war sie eine der meistangebauten Sorten.
  • Dieser Apfel ist anfällig für Schorf und anspruchsvoll in der Pflege.
  • Auf guten Böden entwickelt der Baum ausreichend große Früchte.
  • Sie hat bei einer Studie zur Verträglichkeit bei Apfelallergikern sehr gut abgeschnitten.

Riechapfel

  • Der Riechapfel ist keine eigene Sorte, sondern ein "Lifestyle-Produkt" vergangener Zeiten.
  • Zu Zeiten des Barocks und Rokokos schätzte man in Frankreich und England den "Pomme de Senteur" (Riechapfel).
  • Reife Äpfel wurden mit Nelken gespickt, um die Nase zu erfreuen - das funktioniert natürlich auch heute noch!

Frohe Weihnachten wünschen Brigitte Goss und "Wir in Bayern"!


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