BR Fernsehen - Wir in Bayern


20

Ernährung Koffein – gesund oder schädlich?

Sie kommen ohne Kaffee morgens nicht in die Gänge? Dann sind Sie in guter Gesellschaft, denn im Schnitt trinkt jeder Bundesbürger über 150 Liter Kaffee pro Jahr. Doch Koffein steckt nicht nur in Kaffee, sondern in vielen anderen Lebensmitteln. Wie gesund oder schädlich Koffein ist, erklärt Ernährungsexpertin Jutta Löbert.

Stand: 02.03.2023

Kaffee  | Bild: BR/Lisa Hinder

Koffein ist eines der ältesten von Menschen genutzten Stimulanzien. Es ist nicht nur in Kaffeebohnen, sondern in über 60 anderen Pflanzen enthalten, wie beispielsweise in Teeblättern, Mate-Blättern, Kakaobohnen, Guaranabeeren und Kolanüssen. Koffein fungiert hier als natürliches Insektizid, denn es beeinträchtigt das Nervensystem der Insekten. Aus diesem Grund bleiben Insekten koffeinhaltigen Pflanzen fern. Zudem wird es bestimmten Lebensmitteln, wie etwa Energie-Drinks, künstlich zugesetzt.

Teein ist Koffein

Kommt Koffein in Tee vor, wird es in der Regel als Teein bezeichnet. Chemisch gesehen ist es jedoch die identische Substanz, ein sogenanntes Purin-Alkaloid. Allerdings setzt die Wirkung des in Tee enthaltenen Koffeins später ein, hält dafür aber länger an.

Wie wirkt Koffein im Körper?

Das über Nahrung oder Getränke aufgenommene Koffein gelangt vom Magen und Dünndarm ins Blut und wird mit diesem im gesamten Körper verteilt.
Im Gehirn blockiert Koffein die Adenosin-Rezeptoren. Diese geben normalerweise hemmende Impulse weiter, wodurch die Zellen langsamer mit Sauerstoff versorgt werden, was Müdigkeit und Trägheit zur Folge hat. Indem Koffein diese Rezeptoren blockiert, werden die Weichen weg von Entspannung hin zu Aktivität gestellt.
Zudem werden durch Koffein die Blutgefäße im Gehirn erweitert, wodurch die Großhirnrinde mit mehr Sauerstoff versorgt wird. Die Großhirnrinde ist der "neueste" Teil des menschlichen Gehirns: alles, was das "Menschsein" ausmacht - Intellekt, Sprache und Gefühle (emotionale Intelligenz) ist hier angesiedelt. Koffein beschleunigt folglich die Denkgeschwindigkeit, erhöht die Aufmerksamkeit, aktiviert das Sprachzentrum und verkürzt die Reaktionszeit. In welchem Maße dies geschieht, ist von individueller Konstitution und Tagesform abhängig.
Außerdem bewirkt Koffein eine vermehrte Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol, die der Körper normalerweise in Gefahrensituationen ausschüttet, um schneller flüchten zu können. Dadurch steigen der Blutdruck, die Herztätigkeit und die Sauerstoffversorgung der Zellen. Wir fühlen uns wacher, leistungsfähiger und können uns besser konzentrieren.

Des Weiteren bewirkt Koffein:

  • verstärkten Glykogen- und Fettabbau
  • Steigerung der Darmbewegung
  • Steigerung der Nierenfunktion mit daraus folgender vermehrter Harnausscheidung

Die anregende Wirkung des Kaffees hat ihren Höhepunkt nach 30 bis 60 Minuten erreicht und hält vier bis sechs Stunden an. Dann wird das Koffein in der Leber abgebaut und über den Urin ausgeschieden.

Viel hilft nicht viel

Mit zwei bis drei Tassen am Tag kann man die "eigene Funktionstüchtigkeit" optimieren.
Trinkt man aber zu viel Kaffee auf einmal, erreicht man das Gegenteil: die Konzentration lässt nach, das Wohlbefinden schwindet.

Wo kommt Koffein in welchen Mengen vor?

  • 1 Tasse Kaffee (150 ml): 30-100 mg
  • 1 kleine Tasse Espresso (30 ml): 40 mg
  • 1 Tasse Schwarztee: bis zu 50 mg (je länger er zieht, desto mehr Koffein ist enthalten)
  • 1 Tasse Kakao: etwa 6 mg
  • 100 g Vollmilchschokolade: etwa 15 mg
  • 100 g Halbbitterschokolade: etwa 90 mg 
  • 1 Dose koffeinhaltiger Energy-Drink: etwa 80 mg
  • 100 ml Cola: maximal 25 mg
  • 100 g Guarana: 4-9 g

Wieviel Koffein ist unbedenklich?

  • Bei gesunden Erwachsenen sind Einzeldosen von bis zu 200 mg Koffein (etwa 3 mg pro Kilogramm Körpergewicht) unbedenklich, was etwa zwei Tassen Kaffee entspricht. Über den gesamten Tag verteilt sollten nicht mehr als 400 mg Koffein (etwa 5,7 mg pro Kilogramm Körpergewicht) konsumiert werden. Das sind etwa vier Tassen Kaffee pro Tag (je nach Stärke des Kaffees).
  • Kinder bis zum 3. Lebensjahr sollten keine koffeinhaltigen Getränke konsumieren.
  • Gesunde Kinder (3 bis 10 Jahre) sollten maximal 2 mg Koffein pro Kilo Körpergewicht pro Tag aufnehmen.
  • Gesunde Jugendliche (11 bis 18 Jahre) sollten maximal 3 mg Koffein pro Kilo Körpergewicht pro Tag aufnehmen.
  • Schwangere und Stillende sollten täglich maximal 200 mg Koffein aufnehmen. Bei Schwangeren durchdringt das Koffein die Plazenta, der Fötus kann noch kein Koffein abbauen und das Wachstum des Fötus kann durch zu viel Koffein behindert werden. Zudem steigt durch hohen Koffeinkonsum während der Schwangerschaft das Risiko für eine Fehlgeburt. Schwangere benötigen außerdem bis zu 20 Stunden für den Abbau von Koffein, im Gegensatz zu etwa vier bis sechs Stunden bei nicht schwangeren Erwachsenen. Bei Stillenden geht das Koffein in die Muttermilch über. Baby und Kleinkinder brauchen bis zu 100 Stunden für den Abbau des Koffeins.

Rechenbeispiel:

Drei Dosen Cola und drei Schokoriegel enthalten etwa so viel Koffein wie in zwei Tassen Kaffee enthalten sind (etwa 200 mg Koffein). Ein dreißig Kilogramm schweres Kind kommt somit auf eine Konzentration von 7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Dosis, die ausreicht, Nervosität und Schlafstörungen zu verursachen.

Was passiert bei einer Überdosierung mit Koffein?

In der Regel liegt ab etwa 1 g Koffein (entspricht 25 Espressi) pro Tag eine Überdosis vor, die folgende Symptome verursachen kann:

  • Nervosität und Unruhe
  • Angstzustände
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Herzrasen
  • Bluthochdruck
  • Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit
  • Schweißausbrüche
  • Kreislaufprobleme bis hin zum Kreislaufkollaps

Ab etwa 10 g kann Koffein tödlich sein, bei Kindern sind es bereits 5 g. Das entspricht aber 250 Espressi, die wohl kaum jemand trinkt.

Macht Koffein abhängig?

Bei regelmäßig hohem Koffeinkonsum nimmt die wach- und leistungsfähig machende Wirkung von Koffein ab. Das liegt daran, dass der Körper mehr Adenosin-Rezeptoren entwickelt, damit diese wieder Adenosin-Moleküle binden können. Es muss also mehr Koffein aufgenommen werden, um alle Rezeptoren zu besetzten und das müde-machende Molekül Adenosin zu blockieren.
Eine derartige Koffein-Toleranz entwickelt sich bereits nach sechs bis 15 Tagen starken Koffeinkonsums.
Wird der Koffeinkonsum stark verringert, können Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen und Übelkeit auftreten, die aber meistens nur von kurzer Dauer sind.

Wechselwirkungen von Koffein und Medikamenten

Koffein kann die Wirkung von Medikamenten beeinflussen, indem es sie entweder verstärkt oder abschwächt.

  • Die Wirkung von Schmerzmitteln mit den Wirkstoffen Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol werden verstärkt, weshalb diesen häufig auch Koffein zugesetzt wird.
  • Bestimmte Medikamente wie die Anti-Baby-Pille oder einige Antibiotika verlangsamen den Abbau von Koffein im Körper.
  • Durch Koffein wird die Aufnahme von künstlich hergestellten Schilddrüsenhormonen behindert.

Hat moderater Koffeinkonsum gesundheitliche Vorteile?

  • Moderater Kaffeekonsum (bis zu 4 Tassen) wirkt Bluthochdruck und den damit verbundenen Risiken (beispielsweise Arterienverkalkung, Herzinfarkt) entgegen. Allerdings kann ein hoher Kaffeekonsum auf Dauer zu Bluthochdruck führen.
  • Koffein kann Kopfschmerzen lindern, indem es im Gehirn verengte Blutgefäße erweitert und die Durchblutung anregt.
  • Das Risiko einer Parkinson-Erkrankung nimmt mit Koffeinkonsum ab.
  • Koffein senkt das Risiko für die Entstehung von Diabetes-Typ 2.
  • Zudem hat es einen vorbeugenden Effekt auf die Entstehung einer Leberzirrhose.

Wie so oft macht die Dosis das Gift. Gegen einen moderaten Konsum von Koffein, beispielsweise in Form von Kaffee, ist im Allgemeinen nichts einzuwenden. Personen mit empfindlichem Magen sollten auf milde Röstungen achten, den Kaffee nicht auf nüchternem Magen und mit einem Schuss Milch genießen.


20