Nach dem Weltkrieg Wirtschaftswunder und Zukunftschancen
Der Boom nach dem Krieg hielt auch in den 50er-Jahren an. Mit mehr Mitarbeitern und bessere Technik kann in immer kürzerer Zeit immer mehr Porzellan gebrannt werden. Porzellan ist jetzt tatsächlich zur Massenware geworden.
Doch auch die zahlungskräftige Kundschaft wurde bedient. Nationale und internationale Designer gaben sich in Selb die Klinke in die Hand. Andererseits erschloss man sich mit speziell auf Krankenhäuser, Katinen oder Großküchen abgestimmten Sortimenten neue Massenmärkte. Doch mit dem Ende der 1960er Jahre sind die rosigen Zeiten für das "weiße Gold" endgültig vorbei. Firmen fusionieren - Lorenz Hutschenreuther übernimmt zum Beispiel die C.M. Hutschenreuther AG in Hohenberg - andere werden still gelegt oder schließen ganz.
Das Porzellan hebt ab
Arbeitgeber und Arbeitnehmer kämpfen gemeinsam darum, die Standorte zu erhalten. Neue Ideen sind gefragt. Junge Gestalter erhalten eine Chance. Der Landhausstil hält Einzug. Millionengeschäfte werden noch einmal mit den Fluglinien gemacht. Das Fliegen wird immer populärer und an Bord wird Porzellangeschirr gebraucht.
Modeschöpfer sollen's richten
Trotzdem: Der Abschwung scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Die Rosenthal AG trennt sich 1984 wegen hoher Verluste von der Sparte "Technisches Porzellan". Dollarabwertung und Turbulenzen an der Börse bremsen den Export. Die Branche reagiert auf das größere Interesse an Mode und Produktdesign und engagiert namhafte Modeschöpfer und Designer.
Druck aus dem Osten
Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges ändert sich noch einmal alles. Billigwaren aus Osteuropa und Asien überschwemmen den Markt. Die Mentalität und das Konsumverhalten der Verbraucher ändern sich. Das Essen direkt vom Herd auf den Teller oder den Kaffee von der Kaffeemaschine direkt in die Tasse - diese Gewohnheiten machen Porzellan-Schüsseln oder -Kaffeekannen überflüssig. In den 1990er-Jahren wird Hutschenreuther zerschlagen, weitere Betriebe melden Konkurs an oder gehen in die Insolvenz. Der Abwärtstrend setzt sich auch im neuen Jahrtausend bis heute fort - wenn auch verlangsamt.
Innovationen sichern Marktführerschaft
Dennoch: Trotz harter Einschnitte und Rückschläge und mit vielen innovativen Ideen sind die oberfränkischen und oberpfälzischen Porzellanhersteller immer noch immer Marktführer in Europa. Rosenthal wird nach der Insolvenz 2009 mit seinen nun 1.000 Mitarbeitern erfolgreich geführt. Hotelausstatter wie BHS tabletop sind gut im Geschäft und auch kleinere Betrieb behaupten sich zum Teil mit Nischenprodukten. Gepflegtes Essen wird wieder populärer, selbst Fast-Food-Ketten wie McDonnald's kommen auf das Porzellan zurück und junge Designer beschäftigen sich wieder mit dem Werkstoff. In Selb glaubt man wieder - oder immer noch - an die Zukunft des Porzellans.