Franken - Zeitgeschichte







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Nazis vor Gericht Die Angeklagten, die Urteile

Vier Hauptanklagepunkte, 281 Verhandlungstage und 236 Zeugen – es ist wohl die spektakulärste Verhandlung der Nachkriegszeit: Bei den Nürnberger Prozessen standen 24 Nazi-Größen vor Gericht, zwölf wurden zum Tode verurteilt.

Stand: 18.11.2020 | Archiv |Bildnachweis

Die Originalschrift der Urteile der Nürnberger Prozesse | Bild: picture-alliance/dpa

Die angeklagten Nazi-Größen wurden mit vier Hauptvorwürfen konfrontiert. Auf der Liste ganz oben stand "Verschwörung gegen den Weltfrieden". Außerdem: "Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges", "Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". An 218 Verhandlungstagen wurden 236 Zeugen gehört, rund 300.000 eidesstattliche Erklärungen und 5.330 Dokumente wurden zu den Akten genommen. Nach elf Monaten sprachen die Richter die Urteile.

Urteile des Internationalen Militärtribunals

Bereich: nationalsozialistische Führung

Hermann Göring
Reichsmarschall und Oberbefehlshaber der Luftwaffe

Urteil: Tod durch den Strang

Selbstmord am Vorabend der Hinrichtung

Abgetaucht und Suizid

Begingen Selbstmord: Bormann (m) und Hitler

Martin Bormann, "Sekretär des Führers", tauchte nach Kriegsende unter. Seine Leiche wurde 1973 in Berlin entdeckt und mittels DNA-Analyse identifiziert. Er hatte sich wohl selbst umgebracht. Auch Robert Ley, Leiter der "Deutschen Arbeitsfront", nahm sich noch vor Prozessbeginn das Leben. Hermann Göring, "Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches" (dieser Titel war eigens für ihn geschafffen worden), entzog sich seiner Hinrichtung durch Selbstmord in der Zelle. Gegen den Großindustriellen Gustav Krupp konnte wegen Krankheit nicht verhandelt werden.

Ziel: differenzierte Feststellung der Schuld

Akten des Internationalen Militärgerichtshofes Nürnberg

Vor allem der Wunsch der Amerikaner nach einer differenzierten Feststellung der Schuld der Angeklagten bedeutete für das international besetzte Tribunal nervenaufreibende Fleißarbeit. Mehr als tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Nürnberger Justizgebäude kümmerten sich um den Ablauf. Während des Prozesses übersetzten jeweils zwölf Dolmetscher simultan in die Sprachen Englisch, Französisch, Russisch und Deutsch. Unzählige Menschen waren mit der Prozessdokumentation beschäftigt. Schließlich baute der Organisator des Prozesses, der US-Bundesrichter Robert H. Jackson, in Nürnberg eine eigene Behörde auf – der Justizpalast mit seinen 530 Büros und rund 80 Sälen bot ausreichend Platz.

Der Nürnberger Justizpalast am 23. September 1946

Auch die Sicherheitsmaßnahmen waren außergewöhnlich. Aus Angst vor Racheaktionen von Nazi-Widerstandsgruppen war die Gegend um den Justizpalast weiträumig abgeriegelt, überall standen Panzer. Die Straßenbahn zwischen Nürnberg und Fürth durfte vor dem Justizpalast nicht halten. Zu den Prozessen waren nur ausgesuchte Berichterstattende und Zuschauer zugelassen.







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