Bayern 1 - Experten-Tipps


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Nutztier und Kultfigur Wie die Kuh zum Menschen kam

Stand: 04.10.2012 | Archiv

Das Skelett eines elftausend Jahre alten Auerochsen  | Bild: picture-alliance/dpa

In der Vor- und Frühgeschichte des Menschen spielte die Kuh eine herausragende Rolle. Denn sie hatte einen erheblichen Anteil daran, dass der Mensch sich sesshaft machen konnte und von einem nomadischen Dasein als Jäger und Sammler zu einer ortsgebundenen Hochkultur überging.

Domestizierung vor 10.000 Jahren

Die Domestizierung des Rindes vor ungefähr 10.000 Jahren befreite den Menschen von dem Zwang, sich für jede frische Fleischmahlzeit auf einen mühevollen und gefährlichen Jagdzug zu begeben. Außerdem lieferte sie mit ihrer Milch das für die Ernährung wichtige tierische Eiweiß, als Zugtier half sie bei der Bearbeitung des Ackerbodens und nach ihrem Tod wurde der Talg als Brennmaterial für Lampen verwendet, die Häute zu Kleidungsstücken und Zeltwänden verarbeitet und die Knochen zu Werkzeugen und Nähnadeln.

Vorfahre Auerochse

Als Vorfahre unseres heutigen Hausrindes gilt der Auerochse, auch Ur genannt. Dieser war ursprünglich in der Gegend des heutigen Iran, Pakistans und des nordwestlichen Indiens beheimatet. Ganz vereinfachend gesagt gab es am Anfang zwei Sorten von Rindern: Erstens den Bos primigenius primigenius, umgangssprachlich als Auerochse oder Ur bezeichnet. Er wird als Vorfahre unserer heutigen westlichen Rinderrassen gesehen, die erst durch den züchterischen Einfluss des Menschen entstanden sind. Heute schätzt man, dass es zwischen 600 und 1.000 Rassen weltweit gibt. Der Auerochse ist heute ausgestorben - das letzte bekannte Exemplar starb 1627 in Polen. Daneben gab es noch den asiatischen Auerochsen, Bos primigenius namadicus, der auf dem indischen Subkontinent beheimatet war und ebenfalls ausgestorben ist. Aus ihm entwickelte sich die indischen Haustierrassen, die Zebus.

Mystifizierte Jagdtiere

Als wichtigstes Jagdtier des Menschen wurde der Auerochse stark mystifiziert. Älteste kulturelle Referenzen auf Ure in Europa sind etwa die Höhlenzeichnungen in Lascaux im Südwesten von Frankreich. Dort haben sich Portraits von Auerochsen und anderen eiszeitlichen Tiere erhalten. Noch in der Antike genoss der Auerochse einen hohen Stellenwert. So wurden Ur-Hörner des Öfteren von Römern als Jagdhörner verwendet. Auerochsen befanden sich auch unter jenen wilden Tieren, die man für Kämpfe in Kolosseen fing. In "De Bello Gallico" berichtet Cäsar, dass die Germanen sich größte Mühe gäben, Ure in Gruben zu fangen und zu töten. Die Hörner brächten dem Jäger größte Wertschätzung ein.

Die Verbreitung der Kühe

Ranch in Paraguay

Im Windschatten der europäischen Kolonisatoren eroberten Kühe seit Beginn der Frühen Neuzeit den gesamten Globus. Als Christoph Columbus 1494 zum zweiten Mal nach Amerika reiste brachte er die ersten Rinder in die Neue Welt. Im Gefolge der spanischen Konquistadoren breiteten sich Rinder im 16. Jahrhundert auch in Mittel- und Südamerika aus. Im 19. Jahrhundert werden schließlich Australien und Neuseeland als Weideland erschlossen, um den Rindfleischnachschub für das britische Empire zu sichern. Heute schätzt man, dass knapp 1,3 Milliarden Kühe auf dieser Erde grasen, ein Viertel der gesamten Festlandmasse dient ihrer Versorgung mit Gras und Getreide. Damit stellen Rinder die zahlenmäßig stärkste Großsäugerart der gesamten Erdgeschichte dar. Sie prägen damit maßgeblich das Antlitz dieser Erde, nicht nur der europäischen Kulturlandschaften sondern auch die Prärien Nordamerikas sowie Mittel- und Südamerika, wo Millionen Hektar tropischen Regenwalds abgeholzt wurden und werden, um Rinderherden Platz zu schaffen.


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