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Geschichte des Wetterberichts Wettervorhersage durch Götter, Bauernregeln und Meteorologen

Die Geschichte der Wettervorhersage: Früher fürchtete man den Zorn der Götter bei Blitz und Donner, dann sollten Bauernregeln wie der Siebenschläfertag Ordnung ins Wetterchaos bringen. Heute regeln das die Meteorologen - oder?

Stand: 18.07.2024

Eisheilige: Reiner Aberglaube, oder?

"Und nun zum Wetter... ." Was uns heute selbstverständlich erscheint, nämlich ein zuverlässiger Wetterbericht, war über die längste Zeit der Menschheitsgeschichte ein unerfüllbarer Traum. Früher fürchtete man den Zorn der Götter bei Blitz, Donner oder Dürren. Später sollten Bauernregeln Ordnung ins Wetterchaos bringen, einen angeblich "Hundertjährigen Kalender" gab es. Heute schimpft man über die Meteorologen, wenn die Wettervorhersage nicht stimmt.

Babylon und Ägypten: Wetterkunde im Altertum gleicht Bauernregeln

Die Wetterkunde beschränkte sich lange Zeit auf das Beobachten und Erklären von Witterungserscheinungen. Schon vor 5.000 Jahren schrieben Babylonier und Ägypter Wettersprüche auf, die mit unseren Bauernregeln vergleichbar sind. Jahrtausende hindurch glaubten die Menschen, durch Gebete und Opfergaben das gewünschte Wetter herbeiflehen und Wetterkatastrophen abwenden zu können.

Meteorologie begann im antiken Athen

"Turm der Winde" in Athen. Aristoteles glaubte, der Wind entspringe einer Quelle und werde von der Himmelsbewegung mitgeführt.

Schon damals suchte man nach empirischen Ursachen hinter der angeblichen Götterlaune: Mit Messungen im "Turm der Winde" in Athen begann die Meteorologie der Antike. Und im 4. Jahrhundert v. Chr. bemühte sich auch der Philosoph Aristoteles in seiner "Meteorologica" um eine wissenschaftliche Erklärung des Wetters.

Die 200 falschen Wetterregeln von Theophrast von Eresos

Sein Schüler Theophrast von Eresos schrieb nach jahrelangen Beobachtungen mehr als 200 Wetterregeln auf. Diese Prognosen lagen genauso weit daneben wie die Bauernregeln in den ersten Wetterbüchlein fürs Volk.

"Hundertjähriger Kalender": Bauernregeln beruhen auf Beobachtungen von Bauern

Auch der berühmte "Hundertjährige Kalender" war ein Fehlschlag. Dennoch gibt es viele Bauernregeln, die sich über die Jahrhunderte gehalten haben - und durchaus oft zutreffen. Sie spiegeln die Erfahrungen der Bauern über Generationen wider. Ein Erfahrungsschatz, der die Abhängigkeit der Landwirte vom Wetter verdeutlicht und der auf ständigem Beobachten des Wetters und der Witterung basiert.

Buchdruck beschleunigte die Verbreitung von Bauernregeln

Im 13. Jahrhundert veröffentlichte der Regensburger Bischof und Gelehrte Albertus Magnus eines der ältesten schriftlichen Zeugnisse zum Wetter: eine lateinische Abhandlung über die Beschaffenheit der Winde. Auch sie basierte auf bäuerlichen Beobachtungen. Ab dem 16. Jahrhundert erleichterte dann der Buchdruck die Verbreitung der Sprüche. Die Bauernregeln erschienen in Büchlein und Kalendern. Diese machten Angaben über die Aussaat und Ernte und über kirchliche Feste und Heilige.

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Geschichte der Bauernregeln

Wie sind die Bauernregeln entstanden?

Bauernregeln vereinen den bäuerlichen Erfahrungsschatz über Wetter- und Witterungsbedingungen. Sie handeln von Zusammenhängen zwischen dem Verhalten der Tiere und Pflanzen und dem Wetterverlauf.

Die meisten Sprüche sind in Reimform. Bis ins Spätmittelalter wurden sie hauptsächlich mündlich überliefert. Die älteste erhaltene deutsche Sammlung ist das "Wetterbüchlein", das 1505 gedruckt wurde.

Natürlich hängen die Bauernregeln davon ab, wo sie aufgestellt wurden: So gibt es spezielle Regeln für die Nordseeküste, andere für den Alpenraum.

Witterungsregeln

Bauernregeln, die den Wettercharakter eines längeren Zeitraums vorhersagen:

  • "Ist bis Dreikönigstag kein Winter, so kommt auch keiner mehr dahinter."
  • "Januar warm - dass Gott erbarm!"
  • "Hornung (Februar) hell und klar, gibt dem Flachs ein gutes Jahr."
  • "Donnert's im März, dann friert's im April."
  • "Gibt's im April mehr Regen als Sonnenschein, wird warm und trocken der Juni sein."
  • "Ehe nicht Pankraz, Servaz und Bonifaz (die Eisheiligen 12. - 14. Mai) vorbei, ist nicht sicher vor Kälte der Mai."
  • "Sophie man die Kalte nennt, weil sie gern kalt' Wetter bringt." (15. Mai, kalte Sophie)
  • "Regnet es am Siebenschläfertag (27. Juni), es noch sieben Wochen regnen mag."

Wetterregeln

Bauernregeln, die das kurzfristige Wetter der nächsten Stunden und Tage vorhersagen:

  • "Ander Wind - ander Wetter."
  • "Abendrot - Schönwetterbot"
  • "Starker Tau hält Himmel blau."
  • "Steigt morgens der Nebel empor, so steht Regen bevor."
  • "Wenn der Mond hat einen Ring, folgt der Regen allerding."
  • "Morgenrot mit Regen droht."
  • "Regenbogen am Morgen macht dem Schäfer Sorgen, Regenbogen am Abend ist dem Schäfer labend."
  • "Das Wetter erkennt man am Winde, wie den Herrn am Gesinde."

Tier- und Pflanzenregeln

Hier wird das Verhalten der Pflanzen und Tiere genutzt, um kurz- und langfristige Wetterprognosen zu wagen:

  • "Wenn die Spinnen im Regen spinnen, wird er nicht lange rinnen."
  • "Siehst du die Schwalben niedrig fliegen, wirst du Regenwetter kriegen."
  • "Bleiben die Schwalben lange, sei vor dem Winter nicht bange."
  • "Hat der Hase ein dickes Fell, wird der Winter ein harter Gesell."
  • "Wenn im Hornung (Februar) die Mücken schwärmen, muss man im März die Ohren wärmen."
  • "Hat Sankt Peter (27.4.) das Wetter schön, kannst du Kohl und Erbsen sä'n."
  • "Fällt das Laub sehr bald, wird der Herbst nicht alt."
  • "Viel Eicheln im September, viel Schnee im Dezember."

Wetterbeobachtung mit System: Im 18. Jahrhundert werden Beobachtungsstationen eingerichtet

Das Obseravtorium auf dem Berg Hoher Peißenberg ist die älteste Bergwetterstation.

Es dauerte lange, bis man Wetterphänomene systematisch beobachten und vorhersagen konnte. 1780 wurde ein erstes Netzwerk von Beobachtungsstationen errichtet, das von Grönland bis Russland reichte. Die älteste Station, die noch immer in Betrieb ist, steht übrigens auf dem Hohen Peißenberg in Bayern.

Wann gab es den ersten Wetterbericht?

Die moderne Meteorologie begann 1820, als der Breslauer Professor Heinrich Wilhelm Brandes die erste Wetterkarte mit Hochs und Tiefs erstellte. 1878 erfolgte durch Ludwig II. die Gründung der Meteorologischen Centralstation in Bayern. Ihre Berichte wurden an Bahnhöfen und Poststationen ausgehängt. Als Wegbereiter für die heutige Wetterprognose gilt der Brite Lewis Fry Richardson, der erstmals 1917 aus meteorologischen Beobachtungen das Wetter der Zukunft errechnete. Sein Buch "Weather Prediction by Numerical Process" ist heute ein Klassiker - und war damals wichtiger Geburtsthelfer. Ab 1929 brachten die Zeitungen regelmäßig Wetterkarten. Doch Prognosen im großen Stil scheiterten damals noch an der Technik.

14.05.1692: Erster Wetterbericht in der Zeitung

Und nun zum Wetter: Der Wetterbericht kommt ins Fernsehen

Am 29. Juli 1949 beginnt eine neue Ära für die Wettervorhersage: Sie wird fester Bestandteil des abendlichen Fernsehprogramms bei der BBC. Damals besteht sie laut BBC lediglich aus Karten, begleitet von einer Stimme, die aus dem Off den Wetterbericht vorlas. In den 1950er-Jahren zieht das deutsche Fernsehen nach. Der Wetterbericht der Tagesschau um 20 Uhr wird für viele Haushalte zum festen Ritual. Silke Hansen, die für die Wetterberichte der ARD zuständig ist, spricht noch heute von "einer der besteingeschaltetsten Minuten im deutschen Fernsehen".

Wetterbericht: Wettervorhersage ohne Gewähr

Heute wagt man mithilfe von Wettersatelliten immerhin Vorhersagen von bis zu zehn Tagen - freilich immer noch "ohne Gewähr". Doch die Prognosen werden immer genauer: Inzwischen können Meteorologen auch Daten aus den oberen Bereichen der Erdatmosphäre auswerten und das Wettergeschehen des Planeten langfristig beobachten. Genauer gesagt: Das Zusammenspiel zwischen Luftdruck, Temperatur und Wind.

Wetter wird dank Technik berechenbarer

Möglich ist das nur, weil Computer mittlerweile in kürzester Zeit unglaubliche Datenmengen sammeln, speichern und auswerten können. Ein Beispiel: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) füttert seine Wettermodelle täglich mit Millionen von Einzelmesspunkten. Diese werden mit einem komplexen mathematischen System ausgewertet. Die Rechenmodelle werden ständig weiterentwickelt und sollen eines Tages auch mittel- und langfristige Prognosen ermöglichen. Zumindest die 24-Stunden-Vorhersage erreicht laut Deutschem Wetterdienst mittlerweile eine Eintreffgenauigkeit von gut 90 Prozent.

Wetter ist ein chaotischer Prozess

Superrechner NEC Sx-9 des Deutschen Wetterdienstes hilft beim Erstellen von Wettervorhersagen.

Allerdings spielen beim Wetter und bei Wetterphänomenen hochgradig nicht-lineare Prozesse in der Atmosphäre eine Rolle. Anders ausgedrückt: Wetter ist ein teilweise chaotischer Prozess. Deshalb wird es die absolut zuverlässige Wettervorhersage über Wochen hinweg wahrscheinlich nie geben. Aber zuverlässiger als die Launen von Göttern, der "Hundertjährigen Kalender" oder die Bauernregeln sind moderne Wettervorhersagen allemal.

Sendungen zu den Themen Wettervorhersage und Bauernregeln: