Bayern 2 - radioWissen


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Philipp Anton Herrmann

Von: Volker Eklkofer / Sendung: Michael Zametzer

Stand: 02.03.2020 | Archiv

Gebäude des Lohrer Manufakturbetriebes. Zeichnung um 1800 | Bild: BR
GeschichteRS, Gy

Der Absolutismus ist eine gesamteuropäische Erscheinung des 17. und 18. Jahrhunderts. Könige und Fürsten richten die Länder auf ihren gesteigerten Herrschaftswillen aus. Die Wirtschaft begreifen sie als Staatsangelegenheit.

Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, entwickelt sich in Europa eine Staats- und Regierungsform, die Absolutismus genannt wird. Der in der Forschung kontrovers diskutierte Epochenbegriff bezeichnet das Streben fürstlicher und königlicher Landesherren nach unumschränkter Alleinherrschaften in ihren Territorien.

Um den immensen Finanzbedarf ihrer Staaten zu stillen, greifen Herrscher wie Frankreichs "Sonnenkönig" Ludwig XIV. (1638-1715) lenkend in die Wirtschaft ein. Für das Bündel dirigistischer und protektionistischer Maßnahmen hat sich der Sammelbegriff Merkantilismus (lateinisch mercari = Handel treiben) eingebürgert. Letztlich jedoch ist der Merkantilismus keine geschlossene Wirtschaftstheorie, sondern ein Komplex praktisch-politischer Ratschläge, Regeln und Methoden mit einem obersten Ziel: Er soll den Wohlstand des Landes und vor allem den Reichtum des Landesherrn mehren. Typisch merkantilistische Werkzeuge sind eine aktive Gewerbe- und Handelspolitik im Inland, eine aktive Außenhandelspolitik sowie eine aktive Bevölkerungspolitik.

Zur wirtschaftlichen Staatstätigkeit, wie sie Ludwigs mächtiger Finanzminister Jean-Baptist Colbert (1619-1683) praktiziert, gehört unter anderem die Einrichtung von Manufakturen (lateinisch manu factum = mit der Hand gefertigt). In diesen Großbetrieben arbeiten zahlreiche Handwerker unter zentraler Leitung. Komplexe Arbeitsprozesse werden unter einem Dach vereint, für die Produktion gibt es strikte Qualitätsvorschriften. So entwickelt sich Frankreich zum führenden Hersteller von Luxuswaren. Möbel, Teppiche, Seide und Spiegel werden zu Exportschlagern.

Die Wirtschaftspolitik Colberts findet Nachahmer in ganz Europa, unter anderem im Kurfürstentum Mainz. Nach französischem Vorbild baut Lothar Franz von Schönborn (1655-1729), Fürstbischof von Bamberg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, eine staatlich gelenkte Spiegelproduktion in Lohr am Main auf. Gängiges Produktionsverfahren in der Kurmainzischen Spiegelmanufaktur ist die Beschichtung flacher Glasplatten mit Quecksilber. Lohrer Spiegel sind jahrzehntelang ein Segen für die Mainzer Staatskasse, den Arbeitern in der Manufaktur bringen sie kein Glück. Viele erkranken an Quecksilbervergiftung.

Zentralisierung

Maximilian II. Emanuel, Kurfürst von Bayern; Generalstatthalter der Niederlande | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Der absolute Monarch und die Macht

Die straffe Zentralisierung der Herrschaft ist ein Merkmal des Absolutismus. Die Machthaber brauchen Geld. Mit einer gelenkten Wirtschaftspolitik sollen die Staatseinnahmen erhöht werden. [mehr]

Finanzen unter Ludwig XIV.

König Ludwig der XIV. mit seinem Finanzminister Jean-Baptiste Colbert | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Die Wirtschaftspolitik Colberts

Jean-Baptiste Colbert, Generalkontrolleur für Finanzen unter Ludwig XIV., setzt auf Dirigismus und Protektionismus. Um eine aktive Handelsbilanz zu erreichen, lässt er Frankreichs Exporte die Importe übersteigen. [mehr]

Kameralismus

Nymphenburger Pozellanmanufaktur | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Merkantilismus im Reich

Das Heilige Römische Reich ist in der Neuzeit ein Zusammenschluss weitgehend souveräner Staaten, die ihre eigene Wirtschaftspolitik betreiben. Außerhalb seiner Stammlande ist der Kaiser als Ökonom handlungsunfähig. [mehr]

Kreislaufschwäche?

Francois Quesnay, Mediziner und Nationalökonom. Begründer des Physiokratismus | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Kritik am Merkantilismus

Trotz Dirigismus und Protektionismus entwickeln sich die Staatsfinanzen in manchen Ländern krisenhaft. Das ruft eine Reihe entschiedener Kritiker auf den Plan, die eine Abkehr vom Merkantilismus fordern. [mehr]

Selbsterkenntnis

Zeichnung einer Werkstatt zur Spiegelherstellung | Bild: BR zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Kurze Geschichte der Spiegelherstellung

Seit jeher ist es ein Wunsch des Menschen, sein Ebenbild zu betrachten. Lange Zeit muss er sich mit Reflexionsbildern auf Tümpeln und Seen begnügen. Dann helfen Spiegel bei der Selbsterkenntnis. [mehr]

Colberts Spiegelmanufaktur

Unterer Teil einer Spiegelkommode aus Lohr am Main | Bild: BR zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Merkantilismus in der Praxis

Jean-Baptiste Colbert, der Wirtschaftsdirigent Ludwigs XIV., betrachtet den Staat als Riesenfirma, deren Einnahmen zu erhöhen sind. Statt teure Waren wie Spiegel einzukaufen, produziert er sie in Manufakturen selbst. [mehr]

Vorbild

Porträt des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn | Bild: BR zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Frankreichs Beispiel macht Schule

Lothar Franz von Schönborn ist ein ehrgeiziger Herrscher mit Hang zum Großen, der "Sonnenkönig" ist sein Vorbild. Nach französischem Muster startet der Mainzer Kurfürst im frühen 18. Jahrhundert die Spiegelproduktion in Lohr. [mehr]

Quecksilber

Prügelbock | Bild: BR zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Die Schattenseite des Spiegelbooms

Die Arbeit in einer Spiegelmanufaktur ist gefährlich. Der Belegschaft droht Vergiftung - hervorgerufen durch Quecksilberdämpfe in geschlossenen Räumen. Um teure Medizin zu kaufen, handeln Arbeiter mit gestohlenem Quecksilber. [mehr]

Hätten Sie's gewusst?

Quiz - Fragezeichen | Bild: colourbox.com zur Übersicht Vergiftet am Arbeitsplatz um 1770 Testen Sie Ihr Wissen!

Merkantilisten betrachten das Gebiet eines Staates als großen, einheitlichen Markt. Der absolute Herrscher greift bewusst lenkend durch Gesetze und Vorschriften in die Wirtschaft ein. [mehr]


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