Philipp Anton Herrmann
Geschichte | RS, Gy |
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Der Absolutismus ist eine gesamteuropäische Erscheinung des 17. und 18. Jahrhunderts. Könige und Fürsten richten die Länder auf ihren gesteigerten Herrschaftswillen aus. Die Wirtschaft begreifen sie als Staatsangelegenheit.
Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, entwickelt sich in Europa eine Staats- und Regierungsform, die Absolutismus genannt wird. Der in der Forschung kontrovers diskutierte Epochenbegriff bezeichnet das Streben fürstlicher und königlicher Landesherren nach unumschränkter Alleinherrschaften in ihren Territorien.
Um den immensen Finanzbedarf ihrer Staaten zu stillen, greifen Herrscher wie Frankreichs "Sonnenkönig" Ludwig XIV. (1638-1715) lenkend in die Wirtschaft ein. Für das Bündel dirigistischer und protektionistischer Maßnahmen hat sich der Sammelbegriff Merkantilismus (lateinisch mercari = Handel treiben) eingebürgert. Letztlich jedoch ist der Merkantilismus keine geschlossene Wirtschaftstheorie, sondern ein Komplex praktisch-politischer Ratschläge, Regeln und Methoden mit einem obersten Ziel: Er soll den Wohlstand des Landes und vor allem den Reichtum des Landesherrn mehren. Typisch merkantilistische Werkzeuge sind eine aktive Gewerbe- und Handelspolitik im Inland, eine aktive Außenhandelspolitik sowie eine aktive Bevölkerungspolitik.
Zur wirtschaftlichen Staatstätigkeit, wie sie Ludwigs mächtiger Finanzminister Jean-Baptist Colbert (1619-1683) praktiziert, gehört unter anderem die Einrichtung von Manufakturen (lateinisch manu factum = mit der Hand gefertigt). In diesen Großbetrieben arbeiten zahlreiche Handwerker unter zentraler Leitung. Komplexe Arbeitsprozesse werden unter einem Dach vereint, für die Produktion gibt es strikte Qualitätsvorschriften. So entwickelt sich Frankreich zum führenden Hersteller von Luxuswaren. Möbel, Teppiche, Seide und Spiegel werden zu Exportschlagern.
Die Wirtschaftspolitik Colberts findet Nachahmer in ganz Europa, unter anderem im Kurfürstentum Mainz. Nach französischem Vorbild baut Lothar Franz von Schönborn (1655-1729), Fürstbischof von Bamberg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, eine staatlich gelenkte Spiegelproduktion in Lohr am Main auf. Gängiges Produktionsverfahren in der Kurmainzischen Spiegelmanufaktur ist die Beschichtung flacher Glasplatten mit Quecksilber. Lohrer Spiegel sind jahrzehntelang ein Segen für die Mainzer Staatskasse, den Arbeitern in der Manufaktur bringen sie kein Glück. Viele erkranken an Quecksilbervergiftung.