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Das Thema Kurzer Abriss der Bionik

Stand: 16.02.2012 | Archiv

Seit Millionen von Jahren sammelt die Natur Erfahrungen in ihren "Labors". So verwundert es nicht, dass die Menschen schon früh versuchten, ihre Tricks zu imitieren.

Von Tieren und Pflanzen lernen - Ein kurzer Abriss der Bionik

Bereits vor 5.000 Jahren soll sich der chinesische Kaiser Hsien-Yuan Luft mit Fächern zugewedelt haben, die dem Blatt der Fächerpalme nachempfunden waren. Als Urvater der Bionik gilt jedoch Leonardo da Vinci (1452-1519), ein Universalgenie, das sich mit Kunst, Naturwissenschaften und Philosophie beschäftigte. Er beobachtete den Vogelflug und entwarf Flugmaschinen, darunter ein flatterndes Holzgestell und ein Fluggerät mit Rotoren, das modernen Hubschraubern nicht unähnlich ist. Mangels Materialien und Wissen konnte da Vinci seine hochfliegenden Pläne jedoch nicht realisieren.

Fische als Vorbilder

Mathew Baker (1530-1613) war Mathematiker und Schiffsbaumeister der englischen Königin Elisabeth I. (1558-1603). Unter Elisabeth begann das Ausgreifen der Engländer auf den Ozean, Seefahrer wie Walter Raleigh stießen bis nach Amerika vor. Beim Aufstieg Englands zur Seemacht kam es zum Konflikt mit Spanien, der überwiegend auf See ausgetragen wurde. Baker ließ ein Kriegsschiff bauen, dessen Rumpf dem Kopf des Dorsches und dem Schwanz der Makrele nachempfunden war. Die Baker-Galeone war besonders wendig und fuhr mit geringem Wasserwiderstand.

Von den Vögeln lernen

Ein britischer Landedelmann, George Cayley (1773-1857), nahm sich Vögel zum Vorbild, baute ein Segelflugzeug und 1852 fand der erste Gleitflug der Geschichte statt - 130 Meter weit. Die kleinen Fallschirmchen des Wiesenbockbarts und des Löwenzahns inspirierten Cayley, 1829 einen Fallschirm zu entwickeln. Beim Cayley-Fallschirm liegt der Schwerpunkt tief und die Tuchflächen werden an den Rändern hochgezogen.

Der Traum vom Fliegen

Jean-Marie Le Bris (1817-1872), ein französischer Kapitän, konstruierte ebenfalls ein Gleitflugzeug. Dabei orientierte er sich an der Form der Albatrosse, die er während seiner Seefahrten eingehend beobachten konnte. Sein Landsmann Clément Agnès Ader (1841-1925) konstruierte ein Flugzeug mit Fledermaus-Tragflächen, die sich am Boden wie die Flügel der Tiere zusammenfalten ließen.

Deutschlands Luftfahrtpionier Otto Lilienthal (1848-1896) orientierte sich am Storch, dessen Flügelwölbung hervorragend Auftrieb liefert. 1889 veröffentlichte Lilienthal das Buch "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst". Der österreichische Pilot Igo Etrich (1879-1967) erfand einen Nurflügler-Gleiter und griff dabei auf seine Kenntnisse über den selbststabilisierenden Zanonia-Flugsamen zurück.

Naturimitate erobern den Alltag

Der Texaner Michael Kelly bastelte nach dem Muster des Osagedorns 1868 den ersten Stacheldraht.

Raoul Heinrich Francé (1874-1943), ein in Wien geborener Botaniker und Mikrobiologe, wurde durch die Zerstäuberwirkung der Mohnkapsel angeregt, einen "Neuen Streuer" zu entwickeln. 1920 ließ er ihn patentierten und erhielt das erste bionische Patent in Deutschland. Noch heute steht Francés Salz- und Pfefferstreuer auf vielen Tischen.

Als Erfinder des Klettverschlusses gelangte der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral (1907-1990) zu Ruhm. Als passionierter Jäger kamen er und sein Hund häufig mit Kletten in Kontakt, die an der Hose und im Fell des Tieres haften blieben. Unter dem Mikroskop erkannte de Mestral elastische Häkchen an der Spitze des Klettensamens, entwickelt ein Verschlusssystem und ließ es patentieren. Er gründete die Firma Velcro Industries, die 1959 den ersten Klettverschluss auf den Markt brachte.

Vom Kopieren zum Verstehen

Wie faszinierend all diese Erfindungen auch sind, es handelte sich um "schlichte" Nachbauten natürlicher Phänomene. Wichtige Oberflächenstrukturen und Formen waren mit damaligen Mitteln oder mit bloßem Auge nicht erkennbar. Dies änderte sich erst mit der Einführung neuer Möglichkeiten der Vergrößerung bzw. der Bilderzeugung wie dem Rasterelektronenmikroskop und dem Rasterkraftmikroskop. Nun konnte man Nanostrukturen sehen.

Ab Mitte des 20. Jahrhunderts betrachteten Forscher die Bionik als eigene Disziplin, doch diese kam nur zaghaft voran. Spätestens seit der Industrialisierung fühlte sich der Mensch der "tumben" Natur überlegen, Technikgläubigkeit dominierte. Erst in den 1960er und 70er Jahren nahm die Zahl der Wissenschaftler zu, die fragten, wie es die Natur eigentlich schafft, Jahrmillionen zu überdauern, wie Tiere und Pflanzen unter veränderten Umweltbedingungen überleben und wie stetig höhere Lebensformen entstehen.


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