Fliegen und Geckos können senkrechte Wände hochlaufen oder kopfüber an der Zimmerdecke spazieren. Sie haften an beliebigen Oberflächen, ohne kleben zu bleiben. Dazu nutzen sie keine Chemie, sondern reine Physik. Die Erklärung dieser erstaunlichen Fertigkeiten liefert das Elektronenmikroskop:

Klebfreies Haften à la Gecko und Spinne

Geckos besitzen an den Füßen so genannte Haftballen, die mit feinsten Härchen besetzt sind. Jedes dieses Hafthaare, die gerade einmal einen Fünftel Mikrometer dick und damit zehnmal dünner sind als ein menschliches Haar, ist am Ende in Hunderte noch kleinerer spatenförmiger Blättchen aufgespaltet. Diese nur noch zehn bis fünfzehn Nanometer dünnen Haarenden schmiegen sich passgenau in die Talsohlen winzigster Oberflächenstrukturen. Dadurch vergrößert sich erstens die Kontaktfläche und zweitens werden molekulare Anziehungskräfte (Van-der-Waals-Kräfte) wirksam: Die Moleküle an den Spitzen der nanogroßen Hafthaare und die Moleküle des Untergrundes ziehen sich physikalisch an.

Molekulare Anziehungskräfte ersetzen den Dübel

Weil sich durch die Vielzahl mikroskopisch kleiner Hafthaare die Van-der-Waals-Kräfte summieren, können die Beine des Geckos ein Vielfaches seines Körpergewichts an der Decke halten. Springspinnen, die dasselbe Prinzip nutzen, meistern das 170-fache ihres Gewichts und entwickeln eine Haltekraft, die 24 Tonnen pro Quadratmeter entspricht.

Obwohl Bioniker und Molekularbiologen bereits Polymerstrukturen mit einem künstlichen Mikroflor nach dem Vorbild der Gecko- und Spinnenhaare herstellen können, ist die Natur nach wie vor weit überlegen: Zum einen "verkleben" die bionischen Hafthaare aufgrund der Van-der-Waals-Kräfte auch untereinander, zum andern sind die erreichten Haftkräfte noch so schwach, dass serienreife Produkte in weiter Ferne liegen.

Attraktiv ist das Prinzip dennoch: Ein ausgereifter Mikroflor mit entsprechend hoher Haftkraft könnte nicht nur bisherige Klebetechniken, sondern auch beispielsweise das Dübeln und Verschrauben von Bildern oder Hängeschränken ersetzen. Selbst schwere Gegenstände ließen sich ohne Kleber, Löcher und Schrauben ganz einfach an die Wand heften und wieder abziehen ohne Spuren zu hinterlassen.