Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Bayern genießen Wein - Bayern genießen im Dezember

"Bier ist Menschenwerk, Wein aber ist von Gott!" soll Martin Luther gesagt haben. An dem Satz ist eine ganze Menge dran.

Von: Gerald Huber

Stand: 02.12.2012 | Archiv

Bayern genießen: Wein genießen im Dezember

Die Themen von Bayern genießen im Dezember

  • Niederbayern/Oberpfalz: Die Stadt und die Wachau: Passauer Wein (Renate Roßberger)
  • Mainfranken: Der Geiger und der Klang: Frankenwein (Irina Hanft)
  • München: Der Bürger und die Küche: Münchner Wein (Hannelore Fisgus)
  • Schwaben: Der Berg und die Höhe: Allgäuer Wein (Viktoria Wagensommer)
  • Mittel-/Oberfranken: Die Glut in der Kälte: Nürnberger Glühwein (Inga Pflug)
  • Oberbayern: Der Evangelist und die Liebe. Johanniswein (Anderl Estner)

Redaktion und Regie: Gerald Huber

Wenn man nämlich einmal das Prinzip an sich betrachtet, dann braucht's im Gegensatz zum Wein zum Bierbrauen eine ganze Menge Energie, Technik und Handwerk, um aus Getreide ein alkoholisches Getränk zu gewinnen. Der Wein dagegen ist bei allem Können der Winzer und Önologen viel direkter ein Geschenk des Bodens, des Regens, der Sonne, der Gnade des Himmels eben. Und so wundert es nicht, dass dem Genießer selbst im Bierland Bayern auf Schritt und Tritt der Wein begegnet.

Niederbayern/Oberpfalz

Die Stadt und die Wachau: Passauer Wein

Wein wird das ganze Jahr über getrunken. Richtig genießen aber tut man ihn im Winter. Während in der warmen Jahreszeit auch in ausgesprochenen Weingegenden oft ein frisches Bier genossen wird, gehört der Wein so richtig in die Fest- und Feierzeit des Winters, vor allem rund um den Jahreswechsel. Auch und gerade in Bayern. Noch heute beispielsweise trägt die Marktgemeinde Spitz in der Wachau die bayerischen Wecken im Wappen. Nicht von ungefähr: Der Ort mit dem berühmten "Tausendeimerberg", der in guten Jahren weit über 50.000 Liter Rebensaft ergibt, gehörte im Spätmittelalter den niederbayerischen Herzögen und war der wichtigste Weinlieferant für den Herzogshof.

Weit über 700 Hektoliter Spitzer Wein wurden jährlich an der herzoglichen Tafel in Landshut verbraucht. Eine enorme Menge – aber nur ein Drittel des gesamten Jahresbedarfs von jährlich über 2.000 Hektolitern. Was heißt, dass die Herzöge, ihr Hofstaat und ihre Gäste täglich knapp sechs Hektoliter Wein getrunken haben. Soviel wie an keinem anderen deutschen Fürstenhof – nicht einmal am Hof des Kaisers. Aber das nur nebenbei. Die berühmte weinselige niederösterreichische Wachau ist bis auf heute mit Bayern und besonders den bayerischen Weinliebhabern eng verbandelt. Die allerengsten Bande hat man übrigens in Passau. Das dortige Heilig-Geist-Stift besitzt immer noch einige der besten Wachauer Weinlagen.

Mainfranken

Der Geiger und der Klang: Frankenwein

Wer tut das schon, den Wein allein trinken, das wär ja wirklich kein Genuss! Zum Wein gehört die Gemeinschaft.

Ob es eine städtische ist, eine kommunale, oder eine kirchliche – im Mittelpunkt der "Kommunion" stehen nicht umsonst Brot und Wein - oder ein ganz privates Fest: Das gemeinsame Trinken, ja der gemeinsame Rausch ist schon in den Gelagen der Antike, etwa beim Kult des Weingotts Dionysos, Teil des Rituals. Und weil Alkohol die Zunge löst, gehören auch das Lärmen und Lachen dazu. Und die Musik. Ein typisches Instrument für Gelage war in früheren Zeiten die Fidel, die so schön die menschliche Stimme und das Lachen nachahmen konnte, dass man sie die Gickernde, die Kichernde genannt, eine Bezeichnung, aus der sich übrigens unser heutiges Wort Geige entwickelt hat.

Die Geige also ist ein Weininstrument. Bisher hat das allerdings nur für den Wein gegolten, wenn er bereits im Glas ist. Wein in Traubenform hat mit Geigenmusik zunächst eher weniger zu tun. Der Würzburger Geigenvirtuose Florian Meierott ist da gänzlich anderer Meinung. Schließlich hat bereits im Jahr 1936 erstmals ein deutscher Wissenschaftler den "Einfluss der Musik auf die Milchergiebigkeit der Kühe" untersucht und positiv bewertet. Was seither Bauern recht ist, die auf Klassik im Kuhstall schwören, soll Winzern nur billig sein. Meint Meierott. Was dazu führt dass Spaziergänger in unterfränkischen Weinbergen zuweilen dem glatzköpfigen Violinisten begegnen, der die steilen Hänge hinauf- und hinunterläuft und dabei hingebungsvoll auf seiner Geige spielt.

München

Der Bürger und die Küche: Münchner Wein

Früher einmal waren nicht nur die Franken, sondern auch die Altbayern vornehmlich Weintrinker. Bis herauf ins 19. Jahrhundert war der Wein von der Donau und der Isar der vielgetrunkene Standard.

Im Weinkeller der Landshuter Burg Trausnitz, der so groß ist, wie eine Kathedrale, gab es Riesenfässer, die das berühmte Heidelberger Riesenfass an Größe sogar übertrafen. Erst die allmähliche Verschlechterung des Klimas in der Neuzeit und schließlich die Reblauskatastrophe zu Beginn des 19. Jahrhunderts machten dem Baierwein bis auf wenige Reste bei Regensburg den Garaus. Der Siegeszug des Biers begann und damit auch der Aufstieg der Brauereien.

So wurde auch München im 19. Jahrhundert zur Bierstadt, in der riesige Biertempel für die breite Bevölkerung aus dem Boden wuchsen. Die feineren Münchner Bürger aber blieben weiterhin beim Wein.

Die berühmte altbayerische, speziell die Münchner Bürgerküche wäre ohne Wein undenkbar. Mit Wein und Essig – beides gehört ja zusammen – hat man Fleisch mürb und länger haltbar gemacht.

Mit Wein verfeinerten die oft vom Land stammenden Herrschaftsköchinnen auch ihre legendären Saucen und Süßspeisen. So kommt es, dass sich in alten Kochbüchern mehr Rezepte mit Wein als mit Bier finden.

Schwaben

Der Berg und die Höhe: Allgäuer Wein

Wein braucht ein warmes und mildes Klima. Das hat es im Mittelalter bei uns in Bayern an vielen Orten gegeben – nicht bloß in den Tieflagen des Mains oder des Bodenseees, sondern auch an der Isar, an der Donau, oder am Chiemsee. Erst seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Klima allmählich kälter.

Das ist nebenbei gesagt, auch der Auslöser für das Bayerische Reinheitsgebot auf Bier. Das wurde 1516 erlassen, just in dem Moment, in dem auf einmal der Wein in höheren Lagen immer schlechter ausreifte, immer weniger Süße gewann. Und Süßwein war früher viel gefragter als unser heutiger trockener Wein. So kam es dazu, dass auch das Allgäu vielerorts ein Biertrinkerland geworden ist – obwohl ein guter Rotwein zum Käs doch viel besser ist. Doch die erneute Klimaerwärmung, die nun seit einigen Jahren zu verzeichnen ist und die kleine Zwischeneiszeit ablöst, hat da auch ihre guten Seiten. So wollen zwei Hoteliers im Oberallgäu ihre sonnigen Südhänge nicht länger ungenutzt lassen: Seit vier Jahren bewirtschaften sie in Bad Hindelang und Weitnau-Hellengerst die "höchstgelegenen Weinberge Deutschlands" – auf tatsächlich 850 respektive 950 Metern Höhe. Die beiden haben 2011 sogar eine Winzergemeinschaft gegründet und verfolgen unbeirrt ihren Plan, Allgäuer Wein zu keltern. Viktoria Wagensommer hat sie besucht.

Die Glut in der Kälte

Nürnberger Glühwein

Wie schon erwähnt: Winterzeit ist Feierzeit – und zum Feiern gehört der Wein. Dionysos, der antike Gott des Weins, ist tatsächlich ein Wintergott. Eines seiner Hauptfeste war die Wintersonnenwende, also da, wo wir heute Weihnachten, also die Geburt des Gottessohns feiern. Das ist kein Zufall, im Gegenteil. Dionysos heißt übersetzt soviel wie Gottessohn. Und es gibt noch mehr Parallelen. Bei dem erwähnten Fest liefen die Mänaden, die Anhängerinnen des Dionysos im alten Griechenland durch die Berge des Parnass und suchten den kleinen Dionysosknaben, der dem Mythos zufolge in einer Höhle in einer Getreideschwinge schlief. Mit viel Lärm sollte er geweckt werden. Wer da an Krippenspiele, an lärmende Perchten, ans Böllerschießen und anderen ausgelassene Festfreude zur Advents- und Weihnachtszeit denkt, der ist schon auf dem richtigen Weg.

Das Rezept

Zutaten:
3 Esslöffel Zucker (Menge nach Geschmack variieren)
etwas Weinbrand
1 Liter trockener Rotwein, zum Beispiel einen Spätburgunder aus Franken
(bei halbtrockenm Zuckermenge reduzieren)
1 Orange
1 unbehandelte Zitrone
Gewürze (Sternanis, 2 Zimtstangen, 3 Nelken, Piment- und Pfefferkörner, eine Vanilleschote, evtl. Kardamon)
Zubereitung
Den Zucker (lieber zu wenig als zu viel) karamellisieren lassen, mit einem Schuss Weinbrand ablöschen. Die Orange auspressen, den Saft zugeben, rühren bis sich der Zucker auflöst. Den Wein und die Gewürze zusammen mit der abgeriebenen Schale der Zitrone zugeben und alles erhitzen (nicht kochen!). Ein paar Minuten ziehen lassen. Sollte der Wein nicht süß genug sein mit Zucker oder Honig nachsüßen.

Und auch das Getränk des Dionysos gehört natürlich bis heute dazu zum Feiern in dieser Jahreszeit. In früheren Zeiten, in der Antike und im Mittelalter, wurde Wein allerdings selten so rein getrunken, wie wir das heute tun. Gehandelt wurde er meist in konzentrierter Form. Vor dem Genuss streckte man ihn mit Wasser, man süßte ihn nach und versetzte ihn mit Gewürzen. Aus dieser uralten Tradition kommt unser Glühwein, ohne den die Adventszeit heute weniger als je zuvor denkbar ist. Und wenn es sowas wie eine Welthauptstadt des Glühweins gibt, dann ist das Nürnberg. Denn dort gibt es nicht nur den weltberühmten Christkindlesmarkt, von dort stammt auch der gleichnamige Christkindlesmarkt-Glühwein, den es fertig gemischt in Flaschen zu kaufen gibt. Aber natürlich wissen die Nürnberger auch immer noch, wie man ihn selber braut …

Oberbayern

Der Evangelist und die Liebe. Johanniswein

Die frühen Christen haben sich für ihre Gottesdienste an den Gräbern ihrer Verstorbenen getroffen. Bis heute ist ja der Altar in jeder katholischen Kirche ein symbolisches Grab, weswegen dort immer eine Reliquie eingeschlossen ist. Im Gegensatz zur heutigen heiligen Messe aber war das frühchristliche Herrenmahl mit Brot und Wein noch ein wirkliches Festmahl und es waren regelrechte Metten, sprich: Gelage, die da in den Katakomben veranstaltet worden sind und bei dem die Toten, deren Auferstehung damit allsonntäglich gefeiert wurde, immer mit dabei waren. Später hat man das liturgische Gedächtnismahl vom Picknick am Grab der Angehörigen getrennt. In der orthodoxen Ostkirche aber hat sich bis heute die sogenannte Agape, will heißen, das Liebesmal erhalten. Und bei uns im Land zwischen Alpen und Main, wo man ja vor 1.500 Jahren auch aufs engste mit Ostrom verbandelt war, gibt es noch einen letzter Reflex dieser uralten Kultpraxis: Die sogenannte Johannisminne oder den Johanniswein, der alljährlich am Fest des heiligen Evangelisten Johannes gesegnet und anschließend getrunken wird.

Mehr Bayern genießen im Fernsehen

Bei unseren Kollegen vom Fernsehen weiter mit Bayern genießen und  Beerenweinen, die man jetzt "glühend" genießen kann. Außerdem gehts um einen besonderen Schaumwein aus Äpfeln, den Pomme Royal, der in der Fränkischen Schweiz nach der Champagnermethode hergestellt wird. Aber auch was Rustikaleres ist dabei: In der Oberpfalz machen sie einen Wein aus Sauerkrautsaft. Das alles in "Zwischen Spessart und Karwendel" sonntags, um 15 Uhr, auf BR alpha.


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