"Die Zweiflers" Warum Serienschöpfer David Hadda ein "jüdisches Sopranos" erschaffen wollte
Die Serie "Die Zweiflers" hat viele Preise gewonnen und wird auch international gefeiert. Serienschöpfer David Hadda erklärt im Interview, wie er die dysfunktionale Familie entwickelt hat und warum er ein "jüdisches Sopranos" erschaffen wollte.
Die Serie "Die Zweiflers" ist eine deutsch-jüdische Familiengeschichte, die sich um ein Feinkostunternehmen im Frankfurter Rotlichtviertel dreht. Die sechsteilige Dramedy-Serie behandelt gleichzeitig lustig und reflektiert Themen von Familie und jüdischer Identität im Hier und Jetzt. Das Familienoberhaupt, Symcha Zweifler, will seinen Delikatessenhandel verkaufen, was die Familie vor eine Herausforderung stellt. Die Tochter möchte die Firma weiterführen. Der Großvater ist unsicher. Soll der Enkel übernehmen? Oder die Enkelin, die aber in Israel lebt? Wie soll es weitergehen mit der Familie? Durch die Verkaufspläne kommen auch alte Geschichten ans Tageslicht, die Großvater Symcha lieber vergessen möchte. Creator und Show Runner der Mini Serie ist David Hadda, der selbst in einer jüdischen Familie groß geworden ist.
David Haddas Großvater hat sieben Konzentrationslager überlebt
Beide Großeltern des Drehuchautoren sind mütterlicher als auch väterlicherseits Holocaustüberlebende. Sein Großvater hat sieben Konzentrationslager und einen Todesmarsch überlebt. Aber für David Hadda waren seine Großeltern nie Opfer, sondern Helden, die fast alles verloren und sich nach dem Krieg wieder aufgerappelt haben. Sie konnten ein neues Leben führen, neue Familien gründen. Und das im Land der Täter.
"In Deutschland oder insgesamt herrscht immer noch ein sehr starkes Opfernarrativ. Ich wollte eben einmal dieses Narrativ etwas hinterfragen."
David Hadda, Drehbuchautor.
David Hadda wollte eine Figur erschaffen, die ambivalent ist. Eine Figur, die alles verloren hat, nach Deutschland kommt und sich das nimmt, was sie braucht, um weitermachen zu können. Für ihn stand die Frage im Raum: Was macht das mit dieser Generation, aber auch mit den nachfolgenden Generationen, also mit seinen Kindern?
Jüdisches Leben, authentisch dargestellt
David Hadda kommt aus Frankfurt, ist dort groß geworden. Er wollte schon immer die Geschichte einer Familie erzählen, die in einem Mikrokosmos lebt, in dem er selber auch aufgewachsen ist. Bisher hatte er noch nie eine Geschichte im deutschen Fernsehen gesehen, die diese Lebensrealität wirklich gezeigt hat. Das war ein großer Wunsch des Regisseurs. Einmal etwas aus einer Sicht heraus zu erzählen, die die Fragen nach Identität, nach Zugehörigkeit und Zerrissenheit widerspiegelt.
In "Die Zweiflers" werden viele jüdische Traditionen verhandelt
In der Serie "Die Zweiflers" werden viele jüdische Traditionen und Themen verhandelt, wie zum Beispiel die Beschneidung, überhaupt die jüdische Kultur, natürlich auch der Holocaust, ebenfalls die traumatischen Erinnerungen der älteren Generation und ein bestehendes Misstrauen gegenüber Deutschen. Dazu kommen die Vorwürfe der jüngeren Generation den Eltern gegenüber, sie mit diesem Schuldgefühl belastet zu haben. Man fragt sich unweigerlich: Ist das Alltag in jüdischen Familien oder eben doch eine Überspitzung?
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DIE ZWEIFLERS – die ersten 8 Minuten UNCUT
Ist Deutschland ein Land, das wir unsere Heimat nennen?
David Hadda, der zusammen mit Juri Sternburg und Sarah Hadda, seiner Frau, die Drehbücher geschrieben hat, verwehrt sich, eine repräsentative Geschichte erzählen zu wollen. Seine Geschichte sei sehr spezifisch mit sehr eigenen Themenfragen und Konflikten. Er habe festgestellt, bei seiner Recherche, dass sich diese Kernfragen aus der Serie viele Generationen immer wieder aufs Neue gestellt haben: Können wir hier bleiben, ist das ein Land, das wir unsere Heimat nennen? Diesen Fragen sei er nachgegangen. David Hadda bezeichnet sich selbst als nicht sehr religiösen Menschen. Eher sei er dem Judentum kulturell verbunden. Es gäbe ja nicht nur eine Religionszugehörigkeit, sondern auch eine Volkszugehörigkeit. Es gäbe viele Aspekte, die natürlich auf der Religion basieren. Diese seien aber oft kompliziert und widersprüchlich. Seine jüdische Film-Familie sei eindeutig dysfunktional, aber er glaube, dass seien letztlich alle Familien. In Fall der Serie "Die Zweiflers" könne man das eben in einem kulturellen, religiösen Rahmen porträtieren, der so noch nicht gezeigt wurde.
David Hadda wollte ein "jüdisches Sopranos" schaffen
Inspiriert zu "Die Zweiflers" wurde Hadda von der Mafia-Familien-Saga "Die Sopranos". Eine für den Creator und Show Runner prägende Serie, wie er auch in vielen Interviews immer wieder betont hat. Die Darstellung in den Sopranos von wirklich komplexen, mehrdimensionalen Charakteren sei psychologisch hochgradig interessant. Man sähe, wie ein Mafioso lebt, sich aber auch total auf das Familienleben fokussiert. Tony Soporano, die Hauptfigur ist zwar ein brutaler Mafiaboss muss sich aber auch mit zwei pubertären Kindern rumschlagen. Gleichzeitig sind die Sopranos ein Portrait über die italienisch-amerikanische Identität.
Der Terrorangriff der Hamas auf Isreal während des Drehs
Dass der Serienstaat in eine Zeit fällt, in der sehr viel über Israel und Palästina gesprochen wird, wirke sich aber in keiner Weise auf die Rezeption der Serie aus, erklärt David Hadda. Der Terrorangriff der Hamas auf Isreal fand während des Drehs statt. Aber das habe nichts geändert. Dieser Nahostkonflikt sei schon sehr alt, der Antisemitismus sei noch viel älter und Hadda habe nie das Bedürfnis verspürt, in seiner Serie irgendwie darauf reagieren zu müssen oder etwas zu verändern.
"Ich kriege extrem viele Nachrichten, die mich sehr berühren und freuen, weil die Serie den Menschen aus der Seele spricht. Viele fühlen sich erinnert an ihre Kindheit."
David Hadda, Drehbuchautor
Die Reaktion auf die Serie in der jüdischen Community ist laut David Hadda durchweg positiv. Auch die nationalen und internationalen Kritiken zu "Die Zweiflers" sind teilweise hymnisch. Beim International Series Festival in Cannes hat "Die Zweiflers" drei Preise gewonnen. "Beste Musik", "High School Award for Best Series" und der Hauptpreis "Beste Serie" gingen an die ARD-Produktion.
Die Serie "Die Zweiflers" ist in der ARD Mediathek zu sehen.