Stefan Schuchort empfiehlt: "The Sound Of Cologne" von Kristina Schippling

Was hat Köln für den deutschen Techno je getan? Ok. Eine Menge. Aber das wissen nur Insider. Diese wunderschöne Doku zeigt, wie wichtig Köln für die elektronische Musikszene war. Und was die Techno-Pioniere mit Daniel Düsentrieb gemein hatten. Denn in den 1950er Jahren hört man elektronische Musik in Versuchslaboren und nicht auf der Tanzfläche. Der Film lässt alle zu Wort kommen und würdigt die Stadt Köln. Berlin und Frankfurt sind auserzählt.

Im Kino

Julia Fritzsche empfiehlt: "The Old Oak" von Ken Loach

Immer wieder wollen Regierende die einen Armen gegen die anderen Armen ausspielen. Doch immer wieder verbünden sich die Armen allen Erwartungen zum Trotz miteinander – im Falle von "The Old Oak" geflüchtete Menschen aus Syrien und britische Arbeiter*innen. Mit dem Film stellt Ken Loach wieder Mal Wärme, Witz und Solidarität der kruden Behauptung von Individualismus und Konkurrenz gegenüber. Solche Bewegungen sind klein und schwach, aber in unserer bedrängenden Gegenwart die einzige Hoffnung.  

Im Kino

Paula Lochte empfiehlt: "Anatomie eines Falls" von Justine Triet

Vermischt Whodunit mit einem Kammerspiel über den Niedergang einer Paarbeziehung, wie man es so treffend zuletzt nur in "Marriage Story" gesehen hat. Gleichzeitig erleben wir, wie gnadenlos frauenfeindlich ein Gerichtsprozess sein kann. Der Film stellt uns aber auch die Frage: Wem glauben wir, wenn es keine eindeutigen Beweise gibt? Film wie Hauptdarstellerin Sandra Hüller wurden für den Golden Globe nominiert.

Im Kino

Ferdinand Meyen empfiehlt: "Oppenheimer" von Christopher Nolan

Ein Film nicht nur mit atomarer, sondern auch mit unglaublicher politischer Sprengkraft. Christopher Nolans Biopic über den Vater der Atombombe ist einer der besten Filme des Jahres. Wahnsinniges Sound-Design, tolle Schauspieler bis in die kleinste Nebenrolle und eine politische Botschaft, die im Angesicht von Krieg und Terror aktueller nicht sein könnte. Gut, dass der Film den Zuschauer*innen etwas zutraut, Grautöne zulässt und so eines der stärksten pazifistischen Plädoyers des Jahres geworden ist. Oppenheimer ist hoffentlich die Zukunft des Blockbuster-Kinos – und mit Barbie übrigens in keinster Weise zu vergleichen. 

Im Kino, auf Amazon Prime und Apple TV

Valerie Trebeljahr empfiehlt: "The Quiet Girl" von Colm Bairéad

Der Debütfilm des irischen Regisseurs Colm Bairéad ist eine stille Sensation, er bleibt lange, lange im Gedächtnis und war zurecht für einen Oscar nominiert: Die neunjährige Cáit wächst in extremer Armut auf. Die Eltern sind überfordert, die Geschwister haben sich gegen sie verschworen. Einsamer kann ein Kind kaum sein. Als niemand mehr weiter weiß, wird Cáit bei entfernten Verwandten abgeladen – und erlebt dort zum ersten Mal Verbundenheit und Empathie. Man sollte den Film unbedingt im Original sehen.

Im Kino und auf Apple TV

Stefan Schuchort empfiehlt: "Acht Berge" von Felix Van Groeningen und Charlotte Vandermeersch.

In "Acht Berge" geht es um die Freundschaft zwischen Alm-Öhi Bruno und Weltenbummler Pietro. Bewegend ist darüber hinaus Pietros Suche nach einem Zugang zu seinem Vater. Das Drama lässt einen darüber nachdenken, ob man von seinen Familienangehörigen nicht manchmal zu viel erwartet und ob es nicht weitsichtiger ist, sich mit ihnen zu versöhnen, bevor es zu spät ist. Man muss übrigens kein Faible fürs Wandern mitbringen, um die Aufnahmen des Aostatals atemberaubend schön zu finden. Taschentücher dabei zu haben, ist aber angebracht. Spätestens dann, wenn zu der herzzerreißenden Geschichte um Bruno und Pietro auch noch der zärtliche Soundtrack von Daniel Norgren über die Bergkuppe weht.

Auf Netflix, Amazon Prime und Apple TV

Sandra Limoncini empfiehlt: "Barbie" von Greta Gerwig

Im Sommer 2023 war in den USA angeblich die Farbe Pink ausverkauft. Warum? Wegen Barbie!! Der Film, der als Gegenmodell zum düstern Oppenheimer fast gleichzeitig in den Kinos weltweit anlief. Ich war sehr, sehr gespannt auf den Film. Margot Robbie in der Hauptrolle und Ryan Gosling als Ken. Fette Starbesetzung. Und dann Greta Gerwig als Regisseurin. Sozusagen als feministisches Gegengift, zur Plastik-Puppen-Welt. Und was soll ich sagen? Bei mir hat‘s funktioniert. Ich will jetzt nicht behaupten, dass Barbie plötzlich als emanzipatorische Ikone durchgeht, aber der Film ist einfach wirklich sehr, sehr lustig. Er nimmt sich, Ken, den Feminismus und die Welt nicht zu ernst und das macht einfach richtig Spaß. Das Set-Design ist der Hammer. Die Kostüme sind oscarverdächtig und für den Soundtrack konnte man Künstler wie Dua Lipa, Billie Eilish, Lizzo, Nicki Minaj oder Sam Smith gewinnen. Außerdem will man danach unbedingt Kens Rollerskates haben. Ach und seinen Sweater!! Also, selbst, wenn man, wie ich, nicht wirklich mit Barbie-Puppen gespielt hat, der Film ist ein pinkes, unterhaltsames, kreischendes Plastikwunder und deshalb absolut zu empfehlen.

Im Kino und auf Apple TV und Amazon Prime

Ferdinand Meyen empfiehlt: "Operation Fortune" von Guy Ritchie

Ein typischer Guy Ritchie, der eigentlich alles macht wie immer. Sehenswert aber vor allem wegen Hugh Grant, der schon im vorigen Guy-Ritchie-Film "The Gentlemen" angedeutet hatte, welch komisches Potenzial in ihm steckt. In diesem Film spielt er einen Milliardär, der sich mit Waffen-Deals dumm und dämlich verdienen will. Seine Performance allein macht diesen Film sehenswert. Ansonsten ist Operation Fortune eine Oldschool-Actionkomödie zum Hirnausschalten. Weil es so etwas aber gerade fast überhaupt nicht mehr gibt, ist der Film meiner Ansicht nach bei den Kritikern viel zu schlecht weggekommen. 

Auf Amazon Prime, Apple TV und WOW

Barbara Wossagk empfiehlt: "Fallende Blätter" von Aki Kaurismäki

Kaurismäki at his best: In "Fallende Blätter" erleben wir stille Gestalten, Szenerien zum Dahinschmelzen, völlig aus der Zeit gefallen und vollkommen gegenwärtig. Die Komödie ist eine Romanze und pure Poesie. Und ein absoluter Höhepunkt ist der umwerfende Auftritt der Schwestern-Band Maustätytöt.

Im Kino

Alexandra Martini empfiehlt: "Smoke Sauna Sisterhood" von Anna Hints

Eine mit Feuerholz betriebene Rauchsauna in Estland. Im Dokumentarfilm sehen wir nichts als diese Sauna-Hütte, die Wiesen und den Wald drumherum, den kalten See. Wir sehen Frauenkörper die in ihn eintauchen, die umwerfend sind in ihrer Ungeschöntheit. Drinnen, in der Intimität der Rauchsauna unterhalten sie sich, über ihr Verhältnis zu ihrem Körper und über Erlebnisse, die sie nicht vergessen können, über Erwartungen an sie und ihren Lebensweg. Sie lachen zusammen und werden plötzlich still, sie weinen zusammen und gießen Wasser nach. Es ist eine große Wärme, und eine ruhige Nachdenklichkeit die von diesem Film ausgeht. Es ist ein Plädoyer für weibliche Solidarität. Und "Smoke Sauna Sisterhood" setzt dem Akt des Zuhörens ein stilles Denkmal. Triggerwarnung: An einer Stelle wird sexualisierte Gewalt nacherzählt. 

Im Kino

Stefan Schuchort empfiehlt: "All eure Gesichter" von Jeanne Herry

Der berührende französische Film widmet sich der Täter-Opfer-Aussprache. Ein sensibles Thema, dem Regisseurin Jeanne Herry mit einem ausgezeichneten Cast feinfühlig und akribisch nachspürt. Stilistisch erinnert der Film so an die großen Gesellschaftsdramen der Brüder Dardenne. Nicht zuletzt, weil er fast ohne Musik auskommt. Nachdem man den Film geschaut hat, fragt man sich, ob wir uns nicht alle in Kleingruppen regelmäßig treffen und austauschen sollten, um einander verstehen zu lernen und der Spaltung der Gesellschaft positiv entgegenzuwirken.

Im Kino

Johanna Hintermeier empfiehlt: "Vienna Calling" von Philipp Jedicke

Wie klingt Wien? Verdammt gut! Regisseur und Filmemacher Philipp Jedicke reiste aus Köln nach Wien, um dort die aktuelle Wiener Musikszene einzufangen: Voodoo Jürgens, der Nino aus Wien, Kerosin95 und EsRap treten auf und zeichnen ein neues und altes Musikbild der Stadt. Österreichische Sounds liegen popkulturell seit Jahren im Trend. Austro-Pop 2.0 ist über die Landesgrenzen hinaus so gefragt wie seit Falco nicht mehr. Die Wiener Legende darf nicht mitsingen, erst im Abspann erklingt er. Dafür treffen wir Falcos Friseur. Der schneidet heute dem Nino aus Wien die Haare. Und damit sind wir mittendrin in der komödiantischen, satirischen Szenerie des Films.

Im Kino