"Gasthof Berghammer" Abschied ist nah
Gastzimmer: 60 Personen. Nebenzimmer: 28 Personen. Festsaal: 200 Personen. Die räumlichen Kapazitäten des altehrwürdigen "Gasthof Berghammer" sind beachtlich. Ausgeschöpft werden sie schon lange nicht mehr: Der Festsaal ist aus "feuerpolizeilichen Gründen" längst zugesperrt, die goldenen Zeiten des Wirtshauses im oberpfälzischen Kareth sind vorbei. Brigitte Berghammer (75) betreibt das letzte Wirtshaus im Ort bereits in vierter Generation, seit 150 Jahren ist das Haus in Familienbesitz. Wenn sie einmal nicht mehr kann, wird zugesperrt. Für immer.
Brigitte Berghammer ist Wirtin. Das ist nicht ihr Beruf, das ist ihre Berufung. Sie übernahm das Lokal 1971 von ihrer Schwiegermutter. Seit damals hat sich am Erscheinungsbild der Wirtschaft wenig geändert. Einfach, weil es nicht notwendig war - den Einwohnern von Kareth gefiel der urige Gasthof mit seinen Eichenböden, den Holzvertäfelungen, dem zweckmäßigen Mobiliar. Hier schaute man gern am Abend vorbei, trank seine Halbe und erzählte sich von den großen und kleinen Sorgen und Freuden des Alltags. Doch der Alltag von heute ist nicht mehr der Alltag vor 20 oder 30 Jahren ...
"Die Zeiten des Feierabendbiers sind vorbei"
Die Wirtin sieht die Entwicklung pragmatisch: "Heute arbeiten viele in der Stadt, in Regensburg. In ihren Berufen müssen alle hundert Prozent geben, da kann es sich keiner mehr leisten, verschlafen oder verkatert im Büro aufzukreuzen. Die Zeiten des Feierabendbiers sind vorbei." Genauso wie die legendären Faschingsbälle im großen Festsaal. Heute machen nur noch die alten Stammtische und Veranstaltungen das Geschäft aus: Von der Kommunion bis zum Leichenschmaus findet das gesellschaftliche Leben noch im Wirtshaus statt. Ab Oktober, wenn Kirchweih ist, kann man sogar von einem Saisongeschäft sprechen. Dann folgen die Weihnachtsfeiern der Vereine. Doch ab Januar ist schon wieder Flaute.
Schon immer öko
Im "Gasthof Berghammer" ist seit 150 Jahren Standard, was andernorts im Zuge der Ökowelle gerade erst wieder auf dem Vormarsch ist: Sämtliche Gerichte werden aus Zutaten von regionalen Biobauern zubereitet. Fertigknödel oder Packerlsuppen: Fehlanzeige. Hier wird noch mit Liebe und von Hand gekocht. Schweinsbraten, Rehbraten, Sauerbraten, Ente, Kalbshaxen, Schweinshaxen, das Repertoire ist groß. Sogar gewurstet wird selbst. Aber täglich wird in der Wirtschaft in Kareth nicht mehr gekocht - am Wochenende bekommen die letzten verbliebenen Stammkunden das, was sie eine Woche vorher bestellt haben. Laufkundschaft in dem Sinne gibt es nicht mehr, unangemeldete Gäste müssen sich mit Brotzeiten begnügen. Die Preise sind moderat: der Schweinsbraten mit hausgemachten Reiberknödeln kostet 7 Euro 20, ein Helles geht für 2 Euro 30 über die Theke. Ein Preisniveau, an das man sich in größeren Städten Bayerns kaum noch erinnern kann.
Das letzte Wirtshaus im Ort
Die Zukunft des "Gasthof Berghammer" sieht nicht rosig aus: Die Wirtin wird das Lokal betreiben, solange sie körperlich dazu in der Lage ist. Aber jemand, der die Tradition fortsetzen wird, ist nicht in Sicht. Der Sohn ist genau wie ihr Mann in der Landwirtschaft, die Tochter hat schon eine Wirtschaft in Chammünster. Brigitte Berghammer kann sich nichts Traurigeres vorstellen als ein leerstehendes Wirtshaus, aber an einen Fremden zu verpachten - das kommt für sie auch nicht infrage: "So wie das Lokal heute da steht, wird das keiner übernehmen wollen. Wir müssten da so viel herrichten und modernisieren, das würde jeden Rahmen sprengen." Bis vor Kurzem gab es noch ein anderes Wirtshaus in dem 2000 Einwohner zählenden Dorf: "Der Keller". Doch das Haus wurde verkauft, die Wirtschaft geschlossen, momentan wird saniert. In Bälde soll dort ein Tagescafé eröffnen. Immerhin ein Ort, an dem sich die Dorfgemeinschaft dann treffen kann - aber die Zeiten des Feierabendbiers, die sind in Kareth ein für allemal vorbei.