Gabriele Münter "Meine Sache ist das Sehen"
Zusammen mit Wassily Kandinsky und Franz Marc gründete sie den "Blauen Reiter". Gabriele Münter war eine der bedeutendsten Malerinnen ihrer Zeit. In ihrem Haus in Murnau traf sich vor dem Ersten Weltkrieg die expressionistische Kunstszene des süddeutschen Raums.
"Meine Sache ist das Sehen, das Malen und Zeichnen, nicht das Reden", sagte Gabriele Münter einmal von sich. In der Tat überließ sie das Theoretisieren lieber ihrem langjährigen Lebensgefährten Wassily Kandinsky, der sich dem Geistigen in der Kunst verschrieben hatte und damit einige Künstlerkollegen und Malerfreunde hinter sich ließ.
Ein Leben unterwegs
Münter, 1877 in Berlin geboren und im Rheinland aufgewachsen, wollte Zeichenlehrerin werden und besuchte mit 20 entsprechende Kurse an der Kunstschule in Düsseldorf. Zwar fand Münter hier inhaltlich eher weniger Inspiration für ihre eigene künstlerische Entwicklung, aber sie lernte das Handwerkszeug. Sie verließ die Schule nach einem Jahr und reiste zwei Jahre lang mit ihrer Schwester durch die USA, fertigte Zeichnungen und Skizzen an.
Schicksalhafte Begegnung
Dass sich Münter und Kandinsky überhaupt kennenlernten, ist dem fragwürdigen Umstand zu verdanken, dass Frauen damals nicht an der Kunstakademie studieren durften. Münter, die sich in der glücklichen Lage befand, dank einer Erbschaft finanziell abgesichert zu sein, setzte alles daran, ihre künstlerische Bildung voranzutreiben und besuchte die private Kunstschule "Phalanx" - gegründet von Kandinsky, der Münter auch unterrichtete.
Künstlerisch und räumlich - ankommen
Die beiden wurden ein Paar. Kandinsky, wie Münter später sagte, habe ihr Talent "geliebt, verstanden, geschützt und gefördert" - auch wenn sein energisches Antreiben sie manchmal ärgerte. Ihn beeindruckte besonders ihre expressive Linienführung, die sie aus ihrem zeichnerischen Schaffen in die Malerei übernommen hatte. Murnau "entdeckten" die beiden Maler im Sommer 1908. Ein Jahr später kaufte Münter hier ein Haus, wo sie mit Kandinsky lebte und oft ihre Malerfreunde Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin bewirtete. Hier entstanden Münters bedeutendste Bilder für die beiden Ausstellungen des "Blauen Reiter", den sie 1911 als Redaktionsgemeinschaft ins Leben riefen: Franz Marc, Kandinsky und Münter.
Schmerzhafte Trennung
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, musste Kandinsky Deutschland verlassen. Er und Münter gingen zunächst in die Schweiz, doch schließlich kehrte Kandinsky nach Russland zurück. Münter zog über Dänemark nach Schweden und wartete auf ihn. Ende 1915 sahen sie sich noch einmal, dann trennten sie sich, denn Kandinsky hatte eine andere kennengelernt, Nina, die er 1917 heiratete. Münter war am Boden zerstört und geriet in eine jahrelange Lebens- und Schaffenskrise.
Die Entdeckung der Gabriele Münter
Erst 1927 begann sie wieder regelmäßig zu arbeiten - bis dahin hatte sie tatsächlich immer wieder mit Kandinsky darüber streiten müssen, wie der einst gemeinsame Haushalt nun aufgeteilt werden solle. Als sie wieder anfing zu malen und auszustellen, lernte sie den Berliner Kunsthistoriker Johannes Eichner kennen. Bis zu seinem Tod im Jahr 1958 waren die beiden ein Paar. Eichner unterstützte Münter, die nach dem Zweiten Weltkrieg quasi "wiederentdeckt" und entsprechend hofiert wurde. An ihrem 80. Geburtstag 1957 schenkte sie dem Münchner Lenbachhaus den Nachlass Kandinskys und verhalf dem Haus damit zu einer Sammlung, die heute Weltruf genießt. Nach ihrem Tod 1962 erbte München ihr Werk und ihren schriftlichen Nachlass, darunter auch den Briefwechsel mit Kandinsky.