Kultur - Kunst und Design


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Haus der Kunst Faschingsbälle statt Faschismus

Den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs übersteht von allen großen Münchner Museen ausgerechnet das Haus der Kunst unversehrt - ein Resultat brauner Tarnoperationen, die das Gebäude am Parkrand mit künstlichen Baumkronen ummanteln.

Von: Michael Kubitza

Stand: 27.12.2010 | Archiv

Die Amerikaner nehmen den Bau als GI-Casino in Beschlag, feiern darin Kostümfeste und stellen fest, dass sich die hohen Räume zum Baseball-Spielen eignen. Eines Abends, hat die Historikerin Sabine Brantl erfahren, unterhält die Zirkusdirektorin Christl Sembach-Krone die Besatzungsmacht mit einer Pferdedressur in der Ehrenhalle.

Graham Sutherland vor seinem Adenauer-Porträt im Haus der Kunst

Schritt für Schritt aber wird das "Haus der deutschen Kunst" zum "Haus der Kunst". Erst finden alte Meister aus den zerstörten Pinakotheken hier Asyl, dann kehren die "Entarteten" aus dem Ausland zurück: "Der Blaue Reiter. München und die Kunst des 20. Jahrhunderts" heißt 1949 eine vielbeachtete Retrospektive.

Daneben präsentieren die Räume Kunstgewerbe und Trachtenmode, und in der "5. Jahreszeit" verwandelt die Kunst-Trutzburg sich zu den Klängen Max Gregers und Hugo Strassers in eine Hochburg des Faschings. Als Dauermieter bleibt die Kunst.

Ein normales Museum?

Beuys-Installation "Das Ende des 20. Jahrhunderts"

Erst ist es die Raumnot, dann eine Art Exorzismus, schließlich die Gewohnheit, die den NS-Klotz in einen "normalen" Ausstellungsbau verwandeln. Durch eine Verkleinerung der Raumfluchten und eingehängte Zwischendecken wird das Haus der Kunst "architektonisch entnazifiziert". Dennoch entwickelt sich zwischen neuer Kunst und historischem Raum immer wieder eine Art Dialog - so im Fall von Joseph Beuys' Installation "Das Ende des 20. Jahrhunderts" (1984), das seinerzeit im Haus der Kunst noch mehr am Platz schien als heute in der Pinakothek der Moderne.

Systematisch "re-historisiert" wird das Gebäude in den 90er-Jahren vom neuen Direktor Chris Dercon, der einen "kritischen Rückbau" einleitet und auch die merkwürdige "Goldene Bar" der braunen Vorgänger neu eröffnet - jetzt möbliert mit Designermöbeln aus Plastik. Darin lässt sich also wieder anstoßen - darauf eher nicht. Noch immer gilt, was Dercons Vorgänger Christoph Vitali 1997 anlässlich des 60. Geburtstags des Führerkunstbunkers anmerkte: Das Jubiläum sei "kein Grund zu feiern, aber ein Anlass, sich zu erinnern".

Buchtipp::

Die 1969 geborene Historikerin Sabine Brantl hat die erste umfassende Monografie der Geschichte des ehemaligen Nazikunsttempels geschrieben:

"Haus der Kunst, München. Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus". Allitera Verlag, München 2007


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