Haus der Kunst Kunst, die keine sein durfte
Einen Tag nach der Einweihung des "Haus der Deutschen Kunst", am 19. Juli 1937 fand in der benachbarten Galerie am Hofgarten die Eröffnung der Propaganda-Schau "Entartete Kunst" statt.
Beide Veranstaltungen waren bewusst aufeinander bezogen und sollten in den Augen der Nationalsozialisten den größtmöglichen Kontrast zwischen "deutscher" und "undeutscher" Kunst aufzeichnen. In der als Gegenausstellung konzipierten Propagandaschau "Entartete Kunst" wurde die zeitgenössische, moderne Kunst, die in Deutschland seit 1910 entstanden war, als krankhaft und verkommen dargestellt. International anerkannte Künstler wie Otto Dix, George Grosz, Ernst Barlach, Max Beckmann, die zweifelsohne zur künstlerischen Avantgarde der deutschen Kunstszene gehörten, standen am Pranger.
Moderne Kunst als Krankheit
Die Ausstellungsräume waren eng und schlecht beleuchtet. Die 300 Werke und 280 Grafiken selbst hingen in willkürlicher Reihenfolge nebeneinander gepfercht, mit polemischen Wandparolen kommentiert in dunklen, schmalen Räumen, die dazu noch mit Stellwänden künstlich verkleinert wurden. Es sollte der Eindruck von Chaos und Verwirrung entstehen; die moderne Kunst wurde hier als krankhafter Auswuchs einer "jüdisch-marxistischen Weltverschwörung" vorgeführt, die es darauf abgesehen hatte, die "deutsche Volksseele" zu zersetzen.
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Die "Entartung" galt als ein Krankheitsbild des Modernen Menschen, wie sie bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts von Kulturpessimisten, wie zum Beispiel durch den Schriftsteller und Mediziner Max Nordau beschrieben wurde: "Das hektische Leben verdichtet sich in der Großstadt, wo der Entartete in der Regel zuhause ist. Der Stadtbewohner befindet sich im Zustand einer andauernden Nervenerregung durch Abgase, durch welke, verunreinigte und gefälschte Speisen (...) das Krankheitsbild der Entartung trägt Züge die mit der Malaria vergleichbar sind. Die Vergiftung des Volkskörpers durch die Abgase des Fortschritts.. "
Die Nationalsozialisten, die die Bausteine ihrer Ideologie zum Teil in den Werken der Kulturpessimisten wie Max Nordau fanden, übertrugen das "Krankheitsbild" des Modernen Menschen auf Kunst, die nicht in ihre Weltanschauung passte. Kunst, die die Widersprüche und Abgründe des menschlichen Lebens darstellte, anstatt die Reinheit und Überlegenheit der "arischen Rasse" zu behandeln, wurde demnach als "entartet" betrachtet.
Angeblich zwei Millionen Besucher
Die Propagandaschau "Entartete Kunst" wurde nach München in leicht veränderter Form in Berlin, Hamburg und weiteren Orten im deutschen Reich gezeigt. Die NS-Statistik prahlte damit, dass allein in München zwei Millionen Menschen die Ausstellung gesehen hätten - was angesichts der beengten Raumverhältnisse in der Hofgarten-Galerie unwahrscheinlich erscheint. Doch selbst, wenn diese Statistik gefälscht ist, bleibt festzuhalten, dass wohl niemals sonst so viele Menschen in einer Ausstellung über moderne Kunst gezählt wurden.