Haus der Kunst Ein Glaspalast aus deutschem Stein
Am Anfang stand ein Feuersturm. Am 6. Juni 1931 - keine zwei Jahre, bevor der Brand des Berliner Reichstags die Machtergreifung der Nazis befeuerte - ging auch in München ein Gebäude mit Symbolkraft in Flammen auf.
Der Glaspalast am alten botanischen Garten, der sich über die Jahre vom Messebau zu einer Kunsthalle von europäischem Rang entwickelt hatte. Für Hitler ein Wink des Schicksals: Statt der spinnwebhaft filigranen Glas-Eisen-Konstruktion des Architekten August von Voit ließ er ein Mausoleum deutscher Staatskunst in die Landschaft stellen.
Dabei hatte das bayerische Kultusministerium trotz Wirtschaftskrise noch 1932 Vorarbeiten für einen moderat modernen Wiederaufbau am selben Platz in Auftrag gegeben. Hitler aber bremste die Planungen des TU-Professors Adolf Abels rüde aus: Der "neue Glaspalast", so der Führerbefehl, soll aus deutschem Stein sein, am Rande des Englischen Gartens errichtet werden und den Titel "Haus der deutschen Kunst" tragen.
Parteidampfer unter falscher Flagge
Rückblick
Als Architekt sucht sich Hitler Paul Ludwig Troost aus. Der ist bis dahin vor allem als Innenarchitekt und Ausstatter von Überseedampfern bekannt. Dabei hat er schon 1906 den zweiten Preis in der Ausschreibung für den Bau des "Deutschen Museums" gewonnen - mit einem Entwurf, der weit weniger teutonisch ist als der dann realisierte. Jetzt aber plant Troost nur noch "Großes": Nahezu zeitgleich errichtet er die Parteibauten rund um den Königsplatz und legt den Grundstein für einen kraftgermanisch vergröberten Musentempel nach klassischen Vorbildern.
Die Fertigstellung erlebt Troost nicht mehr. Den Planungen der Parteileitung zum Trotz stirbt der 55-jährige "erste Baumeister des Führers" schon Anfang 1934. Er nimmt mit ins Grab, was keiner wissen soll: unter einer Haut aus Stein und Marmor verbirgt Troosts Museum eine innovative Stahlskelettkonstruktion, die ohne Voit und andere Architekten der internationalen Moderne nicht denkbar wäre.
Doppelschlag für die deutsche Kunst
Genau die aber wird jetzt bekämpft: "Wir werden von jetzt ab einen unerbittlichen Säuberungskrieg führen gegen die letzten Elemente unserer Kulturzersetzung", erklärt Adolf Hitler am 19. Juli 1937 in München. Am Vortag hat er mit einem pompösen Festakt die "Große Deutsche Kunstschau" im neuen Prachtbau eröffnet, die definieren soll, was im NS-Staat Kunst ist. Im Anschluss öffnet in einem damals schäbigen Nebentrakt des Hofgartens das Gegenstück: "Entartete Kunst".
Gezeigt und hämisch kommentiert werden 600 von 20.000 zuvor aus 32 Museen entfernten Werken, die später meistbietend ins Ausland verschleppt oder vernichtet werden. Der Verlust des Jahres 1931, als 3.000 Kunstwerke in den Flammen des Glaspalast verbrennen, findet jetzt seine inszenierte und potenzierte Fortsetzung.
Zu den damals zerstörten Werken Caspar David Friedrichs und anderer Romantiker kommt jetzt die Vernichtung eines wichtigen Teils der Kunst im frühen 20. Jahrhundert - von Franz Marc und Oskar Kokoschka bis Wassily Kandinsky und Paul Klee. Selbst Ernst Barlach und Emil Nolde - eigentlich Sympathisanten des Regimes - entkommen seinem Bannfluch nicht. Schwacher Trost: Die verfemte Kunst zieht gut dreimal so viele Besucher an wie der Blut-und-Boden-Cocktail des Führers, der dafür in den nächsten Jahren noch mehrfach angerührt wird.