Erika Mann "Sekretärin und Tochter-Adjutantin"
Nach 1945 managt Erika Mann das "Großunternehmen Thomas Mann". Sie organisiert Umzüge, redigiert Texte und verwaltet den Nachlass ihres Vaters.
1937 übersiedelte Erika Mann in die USA und organisierte den Umzug auch der Eltern dorthin: 1938 zunächst nach New York, 1940 nach Pacific Palisades bei Los Angeles. Am 17. März 1937 trat sie als Rednerin auf der ersten amerikanischen Anti-Hitler-Demonstation auf. In den folgenden zehn Jahren versuchte sie auf zahlreichen so genannten Lecture-Tourneen, die Amerikaner "Hitler-conscious" zu machen, sie also über Nazi-Deutschland aufzuklären.
Nach Kriegsende konzentrierte sich Erika Mann in erster Linie auf die Zusammenarbeit mit ihrem Vater. Diese intensivierte sie noch 1949 nach dem Selbstmord ihres geliebten Bruders Klaus. Sie half ihrem Vater bei dessen Vortragsreisen und redigierte den Roman "Doktor Faustus" - kurz: sie managte das "Großunternehmen Thomas Mann". Die Tochter avancierte zur "Sekretärin, Biographin, Nachlaßhüterin, Tochter-Adjutantin", schrieb Thomas Mann in sein Tagebuch.
Die Eri salzte die Suppe
Erika Mann konnte dabei auf weitere Talente zurückgreifen, die ihr Vater neben dem schauspielerischen sehr schätzte: Organisationsgeschick und die Fähigkeit, dem Zauderer Thomas Mann praktische Entscheidungen abzunehmen. "Die Eri soll die Suppe salzen", pflegte er zu sagen, wenn Bedarf an Problemlösung bestand. Er spielte dabei auf eine Episode an, in der die junge Erika Mann einfach Salz in eine Pilzsuppe streute, um sie genießbar zu machen, nachdem die gesamte Familie sie zunächst für giftig gehalten hatte.
Zurück in die Schweiz ...
Die Familie Mann war enttäuscht über die beginnenden politischen Verhältnisse in den USA der Nachkriegszeit. Die antikommunistische Hexenjagd der McCarthy-Ära hatte für Erika Mann, die sich auch öffentlich zunehmend kritisch darüber äußerte, zur Folge, dass sie in den USA keinen Beruf mehr ausüben konnte.
1952 organisierte sie den Umzug der Eltern in die Schweiz, zunächst nach Erlenbach bei Zürich, 1954 fand sie schließlich eine Villa in Kilchberg hoch über dem Zürichsee. Sie wurde zum letzten Wohnort Thomas Manns bis zu seinem Tod 1955. Davon schwer getroffen, veröffentlichte Erika ein Jahr später über Thomas Mann, den sie stets außerordentlich bewunderte, das Huldigungsbüchlein "Das letzte Jahr. Bericht über meinen Vater".
... und nicht nach Deutschland
Dass Thomas Mann seinen Wohnsitz nicht in Deutschland nehmen wollte, soll nicht unwesentlich auch auf den Einfluss seiner Tochter zurückgegangen sein. Erika Mann verhehlte nicht die Enttäuschung über die politische Entwicklung im Nachkriegsdeutschland. Sie kritisierte die antikommunistische Stimmung und das Ausbleiben einer grundlegenden Entnazifizierung. Als linksgerichtete Re-Emigranten waren für sie in einem Land, in dem noch nach dem Krieg Exilanten wie ihr Vater oder die Schauspielerin Marlene Dietrich als "Verräter" beschimpft wurden, die Aussichten auf einen Job praktisch gleich Null.
Nachlass-Verwalterin
Katia Mann (l) und ihre Tochter Erika 1959 mit Liselotte Pulver (r) bei den Dreharbeiten zu der Roman-Verfilmung "Die Buddenbrocks" in Hamburg.
So kümmerte sich Erika Mann nach dem Tod ihres Vaters um dessen Nachlass und kontrollierte Verfilmungen seiner Romane. Zwischen 1961 und 1965 publizierte sie eine dreibändige Ausgabe der Briefe Thomas Manns. Diese fand nicht das Lob der Germanisten, da die Widersprüche des Künstlers durch die Auswahl der Dokumente getilgt worden seien. Außerdem unterstützte sie eine Neuausgabe der Werke ihres Bruders Klaus. In den letzten Lebensjahren unter zahlreichen Krankheiten leidend, starb Erika Mann 63-jährig am 27. August 1969 im Kantonsspital Zürich.