SPD "Mir san die bayerischen Sozis"
Mindestlohn, Mietpreisbremse, mehr Kinderbetreuung und eine Korrektur des G8: Mit vielen ihrer Programmpunkte ist die Bayern-SPD durchaus mehrheitsfähig. Auch ihr Spitzenkandidat kommt gut an. An eine Regierungsübernahme glauben trotzdem nur Optimisten.
Für Rekorde ist die älteste Partei Deutschlands auch in Bayern gut. Das war schon 1980 so, als der Memminger Ivo Holzinger mit 32 Jahren zum jüngsten Bürgermeister Bayerns gewählt wurde. Heute ist er das dienstälteste Stadtoberhaupt im Freistaat, und das jüngste stellt mit Stefan Rottmann (26) aus Schonungen bei Schweinfurt wieder die SPD. Sein Parteigenosse Michael Adam (28) aus Bodenmais, der diesen Ehrentitel auch schon führen durfte, ist inzwischen Landrat und damit "jüngster Altbürgermeister Deutschlands".
Schwach im Land, stark in den Städten
Leider stehen auch diese Rekorde im Raum: Die Partei, die den Begriff "Freistaat" erfand, drückt in Bayern länger als in jedem anderen Bundesland die Oppositionsbank. Bei der Landtagswahl 2008 fährt sie mit 18,6 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Kurz vor der Wahl 2013 könnte die Partei laut Bayerntrend mit 21 Prozent rechnen. Es fällt der SPD schwer, kommunale Kompetenz in bayernweite Wahlerfolge ummünzen - auch wenn die Hoffnungsträger sich nicht wie Michael Adam auf Facebook mit der Parteispitze anlegen.
Dennoch ist es logisch, dass der Spitzenkandidat der SPD Kommunalpolitiker ist (und ebenfalls rekordverdächtig, nämlich bei den Wahlergebnissen): Die landesweite Parteiprominenz von Florian Pronold über Markus Rinderspacher bis Natascha Kohnen ist nur mäßig zugkräftig. Dafür regieren Sozialdemokraten vier der acht bayerischen Großstädte, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) ist Präsident des Deutschen Städtetags.
Warten auf den "Ude-Effekt"
Viel hat die Partei sich davon versprochen, nach zwei erfolglosen Anläufen mit dem allseits geachteten, aber allzu leisen Franz Maget jetzt mit dem Mann an den Start zu gehen, der in Beliebtheitsumfragen die bayerische Konkurrenz seit Jahren abhängt. Christian Ude hatte sich früher nicht um den Job gerissen. Am Ende mag weniger die Überzeugungskraft von Landesparteichef Pronold als die bayerische Gemeindeverordnung den Ausschlag gegeben haben, die dem 66-Jährigen eine erneute Kandidatur als Münchner OB verwehrt.
150 Jahre SPD: Alles Gute, alte Tante!
Doch der Paukenschlag verhallte ohne Echo in den Umfragen. Ein Grund: Dass es für Rot-Grün reichen könnte, ist unwahrscheinlich. Ob es Ude aber gelingt, die Freien Wähler in eine Anti-CSU-Koalition einzubinden, ist trotz eines schlagzeilenträchtigen Treffens mit FW-Spitzenkandidat Hubert Aiwanger auf dessen Bauernhof ungewiss.
Die Spritzer aus den Fettnäpfchen des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück machten zudem auch die bayerischen Wahlkämpfer nass. Und die Konkurrenz schlachtete genüßlich aus, dass Ude im Eifer des Wahlgefechts das unterfränkische Aschaffenburg in Oberfranken ansiedelte - weshalb Ude im Sprachgebrauch der CSU meist nur der "Münchner Oberbürgermeister" ist.
Das Programm: "Wir bringen Bayern ins Gleichgewicht"
Umso mehr setzt Ude darauf, in der heißen Wahlkampfphase die Positionen der SPD bekannt zu machen, die sie selbstbewusst in einem "Regierungsprogramm 2013-2018 für Bayern" festhält. Leitmotive sind soziale Gerechtigkeit und eine Harmonisierung der Lebensbedingungen in den boomenden Zentren und den strukturschwachen ländlichen Regionen.
Die Beschäftigungsaffäre im Bayerischen Landtag kam der SPD Anfang des Jahres gerade recht - bis sich herausstellte, dass auch vier Abgeordnete der SPD unrechtmäßig Angehörige beschäftigt haben. Punkten könnte Christian Ude dagegen mit den guten Wirtschaftdaten der Stadt München und der verbreiteten Unzufriedenheit über mangelnde Kinderbetreuung und das achtjährige Gymnasium - zwei Themen, die er auch im TV-Duell kurz vor der Wahl fokussierte.
Wirtschaftskraft, Kinderbetreuung, Wohnen
"Die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen müssen überall in Bayern befriedigt werden: gerecht entlohnte Arbeit, bezahlbarer Wohnraum, wohnortnahe Bildungseinrichtungen, Unterstützung für Familien, hochwertige medizinische Versorgung, eine moderne Verkehrsinfrastruktur, schneller Zugang zum Internet."
Aus der Präambel des SPD-Wahlprogramms
Auch beim Thema bezahlbares Wohnen kann der ehemalige Mieteranwalt die CSU vor sich hertreiben. Dass CSU-Finanzminister Markus Söder die Verantwortung für die Wohnungen der kriselnden BayernLB nicht selbst übernommen, sondern die Immobilien an einen Großinvestor verscherbelt hat, nehmen viele Mieter der Staatsregierung übel. Und das Thema erinnert an die verzockten Milliarden der Landesbank.