Gackern, Graben, Geiern Das Schneehuhn
Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: In der Eiszeit wandert ein Lebewesen aus der Arktis in den Alpenraum ein, weil es sich hier so wohl fühlt. Dann schmelzen die Gletscher und dieses Lebewesen, das Schneehuhn, folgt der Kälte hinauf in die Höhe.
Auf rund 2.000 Meter Höhe findet es seinen idealen Lebensraum und der Winter ist die Zeit, die für das Tier wie gemacht ist.
In den Allgäuer Hochalpen geht es mit Henning Werth, dem Wildbiologen und Gebietstreuer, stundenlang auf Schneehuhn-Pirsch. Nur sein geübtes Auge erkennt dann den aufgeplusterten weißen Balg in der Eintönigkeit des Schnees: ein Schneehuhn auf der Suche nach Essbarem. Es ist die letzte Stunde dieses Tages im Hochwinter und es dämmert bereits.
Jede Nacht verbringt dieser arktische Überlebenskünstler in einem sauberen Bett. Wenn es für den Menschen besonders unwirtlich ist, weil es stürmt und schneit, dann zeigt das Schneehuhn seine wahre Meisterschaft, erklärt auch Gerald Lesacher, Nationalparkbetreuer im Nationalpark Hohe Tauern. Auch für Michael Martys, den Direktor des Alpenzoos in Innsbruck, gehört das Schneehuhn zu den idealtypischen Vertretern der Alpentiere, da es bestens angepasst ist an extreme Lebensbedingungen. So bewegt sich der aufgeplusterte Vogel mit seinen nur im Winter gefiederten Füßen durch den Schnee. Um das Auge hat das Schneehuhn einen wie bei den ägyptischen Pharaonen geschwungenen Lidstrich. Es ist schon ein majestätischer Moment, diese Tiere zu beobachten, die so unscheinbar und so besonders zugleich sind.
Eingewandert in der Eiszeit haben sich die Schneehühner mit dem Rückzug der eiszeitlichen Gletscher ins Hochgebirge gerettet. Viel Luft nach oben haben sie allerdings nicht mehr. In Bayern wird es deshalb zunehmend eng werden für die rund 500 Exemplare, die es hier nach Schätzungen noch geben soll. In den niedrigeren Gebieten wie zum Beispiel dem Mangfallgebirge fehlt der weitere Rückzugsraum.
Schneehühner haben zudem ein hohes Ruhebedürfnis, setzen sie doch auf den Tarneffekt ihres makellos weißen Gefieders, ducken sich und flüchten erst, wenn es gar nicht mehr anders geht. Werden sie also gestört und aufgescheucht, verbrauchen sie bei der Flucht viel Energie. Deshalb bedürfen sie besonders der Rücksichtnahme von Schneeschuh- und Skitourengehern, betont Jochen Grab, Wildbiologe im Nationalpark Berchtesgaden. Die Winternahrung aus Kiefernnadeln und Latschenknospen ist karg, Fluchtversuche sind somit auf Dauer lebensgefährlich.