Pinselohren & Pfotenmarsch Der Luchs
Eine Winterlandschaft mit viel Schnee ist für Wanderer wunderbar. Wildtiere aber müssen 24 Stunden am Tag mit Schnee, Kälte und frostigem Wind zurechtkommen und sie haben ganz verschiedene Methoden, um den Winter gut zu überstehen – auch der Luchs.
Sepp Miedl zieht im Nationalpark Bayerischer Wald einen Sack mit Heu über den Schnee. Der Jäger stapft zur Futterkrippe im Wald, wo er den Winter über die Rehe in seinem Revier mit Heu, Hafer und Apfeltrester füttert. Aber von den Rehen ist heute gar nichts zu sehen, denn sie fürchten nicht den futterbringenden Zweibeiner, sondern einen vierbeinigen Jäger - den Luchs. An der Wildfütterung bekommt er seine Beute wie auf dem Silbertablett serviert.
Fütterungen sind tatsächlich Fallen für die Rehe, sagt auch die Luchsforscherin Sybille Wölfl. Sie empfiehlt dagegen, dass die Jäger mehrere kleine Futterstellen im Revier anlegen, zumal Rehe noch viel schlechter durch den Schnee kommen als ihr tierischer Verfolger. Dank seiner großen Pfoten, die er noch dazu gut spreizen kann, bewegt sich der Luchs fast wie auf Schneeschuhen.
Dabei wird ihm nicht einmal kalt, denn das dichte Fell mit der dicken Unterwolle ist eine prima Isolation und erlaubt ihm auch, im Schnee zu schlafen. Nur nasskaltes Wetter macht auch dem Luchs zu schaffen. Er kann sich zwar schütteln, wenn es regnet und die Nässe geht normalerweise nicht durch bis auf seine Haut. Schwierig aber wird es dann im ersten Winter für die Luchsjungen, die zu dem Zeitpunkt erst ein knappes halbes Jahr alt sind. Die Hälfte der Luchsjungen stirbt im ersten Jahr. Auch für die erwachsenen Luchse ist der Winter nahrungstechnisch eine harte Zeit. Sie erwischen beileibe nicht nur Rehe. Dann muss auch mal ein Hase, ein Fuchs oder ein Vogel ausreichen.
Weil die Luchse auch im Bayerischen Wald immer noch sehr selten sind, ist schon eine Luchsspur im Schnee eine kleine Sensation. In einer Art energiesparendem Gänsemarsch setzen Luchse ihre Hinterpfote genau in den Abdruck der Vorderpfote und schreiten so lautlos und majestätisch durch den verschneiten Winterwald.