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Ein Streifzug durch Slowenien Alpine Natur und Zeitgeschichte zwischen Triglav und Soča

Im Fernweh-Alpenmagazin an Mariä Himmelfahrt sind wir unterwegs in Slowenien. Der demokratische Staat, der an Italien, Kroatien, Österreich und Ungarn grenzt, hat nicht nur einen großen Anteil am so genannten „Grünen Band Europas“, er liegt auch im „Blauen Herzen von Europa“ - eine Bezeichnung für das weit verzweigte Netz aus Fließgewässern auf dem Balkan. In puncto Naturschutz und Nachhaltigkeit übernimmt Slowenien inzwischen eine Vorreiterrolle.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 21.08.2024

Fernweh: Alpine Natur und Zeitgeschichte zwischen Triglav und Soča: Ein Streifzug durch Slowenien

In Fernweh auf Bayern 2 sind wir unterwegs in Slowenien. Der demokratische Staat, der an Italien, Kroatien, Österreich und Ungarn grenzt, hat nicht nur einen großen Anteil am so genannten „Grünen Band Europas“, er liegt auch im „Blauen Herzen von Europa“ - eine Bezeichnung für das weit verzweigte Netz aus sehr naturnahen und zum Teil sogar noch völlig unberührten Fließgewässern auf dem Balkan. Grünes Band und Blaues Herz sind ein Lebensraum-Verbund von Naturschutz-Initiativen zum Erhalt der Biodiversität – und in puncto Naturschutz und Nachhaltigkeit übernimmt Slowenien inzwischen eine Vorreiterrolle. Ein Beispiel dafür ist das ökologische Fluss-Management an der Soča. Vor allem wegen seines glasklaren und leuchtend türkisen Wassers gilt der Wildfluss als einer der schönsten in Europa.

Kleines Land - Sport für alle

Für Bergsteiger, Mountainbiker und Wanderer, für Kajakfahrer, Rafting-Experten und Fliegenfischer, aber auch für kulturhistorisch und zeitgeschichtlich Interessierte hat die alpine Region zwischen Kransjka Gora und Kobarid, zwischen dem Karnischen Kamm, den Julischen und Savinischen Alpen und der Soča, zwischen Karst und Adria-Küste viel zu bieten. Kulturelle wie kulinarische Einflüsse aus Kärnten und dem Friaul prägen Land und Leute in diesem Dreiländereck. Es ist ein Land mit oft noch unberührter Wildnis auf der Sonnenseite der Alpen - viel zu schade nur zum Durchfahren.

Die Gipfel erheben sich direkt über den Dächern

40 Bergsteigerdörfer gibt es mittlerweile in den Alpen – drei davon in Slowenien: Dovje-Moistrana, Luce und Jezersko, das älteste slowenische Bergsteigerdorf, früher Seeberg im Tal der Kanker. Der Ort liegt unmittelbar südlich des österreichisch-slowenischen Grenzübergangs Seebergsattel zwischen den Gipfeln der Karawanken und der Steiner Alpen. Ausgedehnte Mischwälder, Wiesen und Weiden und klare Gebirgsbäche prägen die Landschaft. In den Höhenstufen zwischen 700 und 2500 Metern findet man über 1000 zum Teil endemische Pflanzenarten. Zum kulturellen Erbe gehören die in ihrer ursprünglichen Form erhaltenen Gehöfte aus dem 16. Jahrhundert – ein einzigartiges architektonisches Erbe.

Im Osten von Jezersko erheben sich kranzförmig die Steiner Alpen zwischen den Flüssen Save und Savinja, weshalb sie auch Savinische Alpen heißen. Zuweilen werden sie auch Kamniker Alpen genannt, manchmal auch – um die Verwirrung komplett zu machen – Sanntaler oder Sulzbacher Alpen. Wie dem auch sei – in diesem Teil der Südlichen Kalkalpen kann man herrlich wandern und radeln, zum Beispiel im idyllischen Logartal – ein Landschaftspark mit markanten Gipfeln, steilen Felswänden, saftig grünen Almen und historischen Höfen.

Triglav-Nationalpark

Fliegenfischen

Das alpine Herzstück Sloweniens ist der Triglav-Nationalpark in den Julischen Alpen, benannt nach dem höchsten Berg des Landes, dem 2864 Meter hohen Triglav. Vor über 40 Jahren wurde der Triglav-Nationalpark ganz im Nordwesten des Landes gegründet. Er umfasst vier Prozent der slowenischen Landesfläche und bietet auch nicht unbedingt primär alpinen Sportarten wie zum Beispiel dem Fliegenfischen viel Raum.

Es gibt nur wenige Berge, die so sehr mit einer Volkskultur verbunden sind, wie der Triglav mit Slowenien. Daher steht im Norden, im Bergsteigerdorf Mojstrana, dem Hauptausgangspunkt für den Triglav auch das slowenische Alpinmuseum, das die Besteigungsgeschichte der Julischen Alpen erzählt. Der Aufstieg auf den Triglav ist gut versichert, etwa wie der Weg durch das Höllental auf die Zugspitze. Allerdings sollte man schon geübt und konditionell stark sein, da es auch auf dem Normalweg weit ist bis zur Hüttenübernachtung. Die Triglav-Nordwand zählt zu den höchsten Wänden der Ostalpen.

Zackige Bergketten aus Dolomit und Dachsteinkalken prägen die Julischen Alpen. Weil es nur rund 50 Kilometer Luftlinie zur Adria sind, mischen sich mediterrane mit alpinen Einflüssen auf engstem Raum. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts und damit früher als die Zugspitze wurde der Triglav bestiegen. Der eigentliche Erschließer der Julischen Alpen war dann um 1900 Julius Kugy. In der k&k-Zeit, als die Julischen Alpen zu Österreich-Ungarn gehörten, war Kugy dort als Kletterer unterwegs und als Schriftsteller hat er damals schon im Münchner Rother Verlag Bücher veröffentlicht.

Radln über die Grüne Grenze

Im Triglav-Nationalpark gibt es sehr ruhige Ecken, in die buchstäblich Bären und Wölfe zurückgekehrt sind. Land- und Almwirtschaft ist in dem steilen Gelände schwierig, sie wird nur noch in den langen Tälern von der Krainer Seite im Norden her betrieben. Es gibt viele alte Kultur- oder Militärwege, auf denen man ganz allein unterwegs ist und in der Mittellage um 2000 Meter Höhe Bergmassive, die vereinsamt sind. Triglav und Mangart mit ihren Klettersteigen und der Alpe-Adria-Trail sind im Sommer oft überlaufen, den kantigen Jalovec oder den zweithöchsten slowenischen Berg, die Felspyramide der Skrlica, kennt kaum jemand. Am Nordrand des Triglav-Nationalparks liegt der wohl bekannteste alpine Ferienort Sloweniens: Kranjska Gora - Kronau oder der Krainer Berg, wie es zu k&k-Zeiten hieß. Hier führt auch der Alpe-Adria-Radweg durch – einer Radtour ohne Grenzen steht nichts im Wege.

Türkiser Wildfluss Soča

In den Julischen Alpen, am Fuß des knapp 2400 Meter hohen Travnik im Mangart-Jalovec-Massiv entspringt die Soča – das Naturjuwel Sloweniens. Der 140 Kilometer lange Wildfluss fließt von Norden nach Süden und mündet in Italien, südlich von Monfalcone im Friaul, als Isonzo in die Adria. Das Mündungsdelta steht unter Naturschutz und umfasst eines der größten Vogelschutzgebiete der oberen Adria.

Die Soča ist ein Paradies für Wassersportler und besticht mit ihrem leuchtenden Smaragdgrün

Das berühmte magische Türkis entsteht durch zwei Komponenten: Zum einen bricht sich an den feinen Kalkpartikeln im Wasser die kurzwellige Strahlung und ergibt ein kräftiges Blau. Zum anderen sorgen mikroskopisch kleine Flusslebewesen, die Grünalgen, für grüne Farbanteile – und zusammen ergibt das dann jenes leuchtende Smaragdgrün oder irisierende Türkis. Schmale tiefe Schluchten, Naturpools, die so genannten Soča-Tröge, die zum Baden einladen, sind typisch.

Die Soča ist natürlich auch ein Paradies für Kajakfahrer und Rafting-Begeisterte. Vor allem am Oberlauf der Soča zwischen Bovec und Kobarid sind in den letzten Jahren an die 80 Rafting-Agenturen wie Pilze aus dem Boden geschossen, weshalb ein gezieltes Fluss-Management mit der Vergabe von Tageskarten notwendig wurde, um den wilden Charakter des Flusses zu erhalten und einer „Disneylandisierung“ vorzubeugen – mit Erfolg. Naturschutz und Nachhaltigkeit im Spannungsfeld zwischen Ökologie, Overtourism und der Entwicklung eines sanften Tourismus sind gelungen, Bären, Wölfe und Luchse in der Folge wieder zugewandert.

Ausgezeichnetes Museum in Kobarid

Die steinerne Napoleonbrücke führt bei Kobarid über den Fluss

Bei Kobarid führt die steinerne Napoleonbrücke über eine der engsten Stellen des Flusses – und von Kobarid aus kann man an und über der Soča wunderbar wandern, begegnet dabei aber auch bedrückenden Zeugnissen aus dem Ersten Weltkrieg. Das kriegsgeschichtliche Museum von Kobarid, dem alten Karfreit, gilt als eines der besten Museen Sloweniens. Es thematisiert eindrücklich den Ersten Weltkrieg im Gebirge und die Isonzo-Schlachten und wurde 1993 mit dem Museumspreis des Europa-Rats ausgezeichnet.

Beeindruckend ist das Anti-Kriegsmuseum, das auch geführte Wanderungen anbietet

Der Besuch des Museums geht unter die Haut, ist aber wichtig, gerade auch in einer Zeit, in der es wieder Krieg gibt mitten in Europa. Das Museum Kobarid bietet auch geführte Wanderungen und Bergtouren auf den Spuren des Ersten Weltkriegs an.

Wetterunabhängige Touren

Geschützt vor Regen oder Hitze radelt es sich im Bergwerk

Sommerliche Hitzewellen in Kombination mit großer Trockenheit verschonen auch nicht die Bergwälder im slowenischen Karst. Immer wieder müssen ganze Dörfer evakuiert und die oft tagelang anhaltenden Brände bekämpft werden. Auch in Slowenien ist der alpine Klimawandel deutlich zu spüren. Wer wetterunabhängig die Kühle sucht, der ist ganz im Nordosten des Landes bei einer Bergwerks-Radtour in der slowenischen Provinz Unterkärnten gut aufgehoben. Geführte Mountainbike-Touren gibt es zum Beispiel durch die stillgelegte Blei- und Zinkmine von Mezika.

Faszinierende Formationen, die manchmal sogar magisch glitzern ...

Eine kühle Zuflucht in einem heißen Sommer sind auch die berühmten Höhlen von Postojna, in denen auch die augenlosen Grottenolme leben. Ein 24 Kilometer langes Gangsystem zieht sich durch die zweitgrößten für Besucher erschlossenen Tropfsteinhöhlen der Welt - eine märchenhaft-bizarre, unterirdische Welt mitten in Slowenien.

Adriaküste

Blick auf Piran und das Meer

Von Postojna ist nicht mehr allzu weit an die slowenische Adriaküste, die zwar nur 46 Kilometer lang ist, mit dem Parenzana-Radweg, einer alten Bahntrasse aus der Donaumonarchie, aber zu einer schönen Küstenradtour einlädt. Es geht von Koper nach Piran, Sloweniens schönster Küstenstadt mit Salinen, langer Pier und venezianischer Architektur. Und es ist genau jener alpin-mediterrane Mix aus Adria und Alpen, Küste und Karst, Salzluft und Bergwind, der Slowenien einen ganz eigenen Zauber verleiht.

Bilder

Video

Kajakfahren in Slowenien: Die Soça - unterwegs auf einem der schönsten Alpenflüsse

Video

Nationalpark Triglav: Unterwegs in den Julischen Alpen - der Cisti Vrh


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