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Künstliche Intelligenz KI: Die Medizin von morgen

Künstliche Intelligenz revolutioniert die Medizin – und könnte bald den Arztbesuch grundlegend verändern. Gesundheit!-Reporter Fero Andersen sieht sich in Bayerns Kliniken und Forschungseinrichtungen um und blickt in die Zukunft der Medizin.

Von: Florian Heinhold

Stand: 14.04.2025 |Bildnachweis

Künstliche Intelligenz: KI: Die Medizin von morgen

Im Forschungs-OP des Klinikums rechts der Isar dreht sich alles um neue Technologien, insbesondere um Künstliche Intelligenz. Prof. Dirk Wilhelm forscht hier zum Einsatz von KI und Robotics in der Medizin. Zum Beispiel an einem Roboter, der die OP-Kamera bedient, die in den Bauchraum eingeführt wird.

Roboter im Operationssaal

Den Roboter kann man klassisch mit einem Joystick von Menschenhand steuern. Aber er soll bald dank KI auch schon eigenständig die OP begleiten, selbst handeln und erkennen, was er filmen muss – quasi wie ein Mensch.

"Das ist nichts anderes als autonomes Fahren. Ein autonomes Auto weiß: An der Ampel bleibe ich stehen, bei grün darf ich fahren. Wenn ich links abbiegen will, setze ich den Blinker. Und wir übertragen das ganze auf eine Operation."

Prof. Dr. med. Dirk Wilhelm, Chirurg, TU München

Ein weiterer KI-Roboter, der hier erforscht wird, heißt Aurora. Aurora kann eigenständig erkennen, welche Materialien für die OP benötigt werden und diese den Operierenden an den Tisch bringen. Ihr Entwickler, Lukas Bernhard, zeigt, wie man mit ihr kommuniziert.

"Aurora hat Kenntnis über viele tausende Operationen. Wenn ich operiere, habe ich meine Handschuhe, meine Fäden, meine Technik. Und das weiß Aurora und kann mir dann auf dieser Basis das geben, was ich will."

Prof. Dr. med. Dirk Wilhelm, Chirurg, TU München

Weniger Arbeitsplätze aufgrund von Robotern?

So ein Roboter hat einen Vorteil gegenüber den Menschen: Er wird nie müde, nie unkonzentriert und arbeitet immer auf dem gleichen Standard. Doch: Werden so Arbeitsplätze abgebaut?

"Wenn ich Personal hätte und Leute, mit denen ich arbeiten kann, würde ich die bevorzugen. Wenn ich jetzt Personalmangel habe, kann ich hier sinnvoll meinen Personalbedarf reduzieren und die Personen dort einsetzen, wo wir sie mehr brauchen."

Prof. Dr. med. Dirk Wilhelm, Chirurg, TU München

Noch sind das nur Forschungsprojekte, noch macht die KI auch Fehler. Aber die Einsatzmöglichkeiten sind riesig.

KI-Avatare als virtuelle Ärztinnen und Ärzte

Wie können KI-Avatare als digitale Ärztinnen und Ärzte helfen? Daran arbeitet das Team von Prof. Wolfgang Böcker am Klinikum Großhadern. Die KI-Avatare hier sind Teil einer Studie, die untersucht, wie offen die Menschen für virtuelle Ärztinnen und Ärzte sind – und wie gut diese arbeiten. Die KI soll eine Zweitmeinung vor einer Knie-OP bieten. Jedes Jahr gibt es in Deutschland hunderttausende Prothesen-OPs.

"Aus Sicht des Patienten können damit unnötige Operationen vermieden werden. Jede Prothese, die vermieden werden kann, ist für den Patienten etwas Gutes. Und dass Komplikationen auftreten, ist nicht sehr ungewöhnlich – wie Lockerungen, Infekte oder Brüche an Prothesen."

Prof. Dr. med. Wolfgang Böcker, Unfallchirurg, LMU Klinikum, München

Mehr Zeit für Patientinnen und Patienten

Professor Böcker hat auch seinen ganz eigenen Avatar, der ihm sehr ähnlich sieht und auch genauso redet. Aber: Der Avatar hat viel mehr Zeit. 80 Fragen geht er Punkt für Punkt mit einer Patientin durch.

"Der Arzt entscheidet immer. Die KI kann aber helfen, Informationen, die relevant sind, zusammenzutragen. Man spart auf der einen Seite Zeit, auf der anderen Seite wird man genauer."

Prof. Dr. med. Wolfgang Böcker, Unfallchirurg, LMU Klinikum, München

Und: Die KI kommt im Schnitt öfter als Ärztinnen und Ärzte zu dem Schluss, dass keine OP nötig ist. Lassen sich so auch Kosten im Gesundheitssystem senken? Bisher kommen die KI-Avatare nur in medizinischen Studien zum Einsatz.

KI als Unterstützung bei der häuslichen Pflege

Am Klinikum Großhadern ist KI vor allem in der Radiologie schon Standard. KI erkennt Tumore und Brüche auf MRT-Bildern. Sie hilft aber auch, neue Medikamente zu entwickeln. Und wird in der Pflege immer wichtiger, zum Beispiel auf der Intensivstation. Im Rahmen des Projekts KIADEKU analysieren die Pflegekräfte hier Wunden mit einer KI-App.

"Wir haben eben eine Wunde fotografiert. Im nächsten Schritt fahre ich die Wunde nach und die KI wertet dann aus, wie groß die Wunde ist. In dem Fall sagt die App, es ist ein Dekubitus, also ein Druckgeschwür. Man muss das immer bestätigen, weil die App sichergehen möchte, dass die Pflegekraft, das genauso sieht, wie die KI."

Johanna Steidle, Krankenpflegerin, LMU Klinikum, München 

Auch Therapievorschläge kann die KI liefern. Der Hauptnutzen wird in Zukunft aber gar nicht unbedingt in der Klinik liegen.

"Wir machen das vor allem auch für die häusliche Versorgung. Die meisten dieser Druckgeschwüre werden sie in der häuslichen Versorgung erleben. Wenn zum Beispiel ein Angehöriger seinen Angehörigen pflegt, der jetzt überhaupt keine fachliche Expertise hinsichtlich Wunden mitbringt."

Prof. Dr. med. Uli Fischer, Projektleiter KIADEKU, LMU Klinikum, München

Medizinethik: KI darf Menschen nicht ersetzen

Das klingt alles positiv. Aber wenn man sich unter den Menschen umhört, spürt man neben viel Hoffnung auch Sorge. Medizinethikerin Alena Buyx hat gerade erst ein Buch geschrieben, in dem sie sich intensiv mit KI in der Medizin befasst.

"Die Chancen sind riesig – in der Forschung, bei neuen Medikamenten, aber auch in der Früherkennung von Krankheiten. Das muss man aber verantwortlich machen. KI darf nie den Menschen wirklich ersetzen. Gerade in der Medizin sind das Instrumente, aber auch nicht mehr. Das heißt, wir dürfen denen nicht zu viel Verantwortung geben."

Prof. Dr. med. Alena Buyx, Medizinethikerin, TU München

VR-Brille als Hilfe für KI-Roboter

Im Klinikum der TU München geht es um die nächste Stufe von KI in der Medizin: und zwar um ein Ultraschallgerät, das autonom Patientinnen und Patienten untersucht. Medizinisch funktioniert das. Die Bilder sind gut. Dank VR-Brille soll es den Patienten so vorkommen, als würde eine Ärztin die Untersuchung durchführen. Studien haben gezeigt, dass sich Patientinnen und Patienten so mit dem KI-Roboter wohler fühlen.

"Du kannst sie alles fragen, sie ist freundlich und sie hat alles im Griff. Das steigert die Akzeptanz bei den Menschen."

Prof. Nassir Navab, PHD, Medizininformatiker, TU München

Professor Nassir Navab will damit auch Entwicklungsländern und benachteiligten Regionen der Erde helfen.

Von KI-Robotern im OP, über intelligente Avatare, KI-Apps für die Pflege, bis hin zu autonomen Ultraschalls – das alles ist heute schon möglich. Und es tut sich noch viel mehr in Sachen KI und Medizin.







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