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Bücher Die besten Krimis von der Frankfurter Buchmesse 2024

Rund 4.000 Verlage aus 95 Ländern haben vom 16. bis 20. Oktober 2024 auf der Frankfurter Buchmesse ihre Neuerscheinungen präsentiert. Eine gewaltige Anzahl an Büchern, die entdeckt werden wollen. Buchexpertin Sabine Abel hat sich das Genre "Krimi und Thriller" vorgenommen und bereits im Vorfeld jede Menge Geschichten gelesen. Daraus hat sie ihre vier besten Bücher ausgewählt: Leseschmankerl, die sie besonders spannend, klug oder witzig findet.

Stand: 24.10.2024

Aufgeschlagenes Buch | Bild: BR / Lisa Hinder

Bella Mackie: What a way to go

Anthony, ein Self-Made-Millionär, Patriarch und Womanizer, begeht mit großem Pomp seinen 60. Geburtstag. Doch zum Höhepunkt der Party findet er sich überraschend im Jenseits wieder. Von dort aus muss er beobachten, wie "seine Lieben" die eine oder andere Krokodilsträne angesichts seines Todes hervorpressen, sich de facto allerdings nur für eines interessieren: das Erbe. Aber wie, verdammt, ist er eigentlich gestorben? So einige Partygäste hätten sicher Grund gehabt, ihm die Lichter auszublasen: betrogene Geschäftspartner, sitzengelassene Geliebte, raffzahnige Familienmitglieder. Die Polizei scheint keinerlei Interesse an Ermittlungen zu hegen. Insofern ruht Anthonys ganze Hoffnung auf einer jungen True-Crime-Bloggerin, die mit erstaunlicher Zähigkeit Nachforschungen anstellt. Fragt sich nur, mit welcher Agenda.

Sabine Abel: "Anthony ist, mit Verlaub, ein Armleuchter, den seine Frau Olivia nur erträgt, weil er ihr Geld und Sicherheit bietet. Als Anthony zu Tode kommt und sich in einem Zwischenreich wiederfindet - wo sich alle aufhalten, die noch herausfinden müssen, wie sie gestorben sind - trifft er schon bald auf Gattin Olivia. Beide versuchen, zu erfahren, wer Schuld an ihrem Tod sein könnte. Die ganze Familie besteht nur aus fiesen Typen. So bringen auch die vier gemeinsamen Kinder nichts auf die Reihe und wollen maximal vom Vermögen der Eltern profitieren. Haben Sie etwas mit deren Tod zu tun?
Dieses Reich zwischen Leben und Tod finde ich sehr originell. Es ist organisiert wie ein Kreisverwaltungsreferat mit unzähligen Büros. Anthony muss sich mit anderen einen Schlafsaal teilen. Dort will er einfach nur weg und hofft, dass der 'echte Tod' besser wird. Aber da erlebt Anthony dann nochmal eine gewaltige Überraschung.

Diese Geschichte werden alle lieben, die britischen, schwarzen Humor mögen, wahnsinnig gut gezeichnete Figuren und böse Charaktere sowie eine schräge, abgefahrene Geschichte, die nicht vorhersehbar ist. Die Autorin treibt die Klischees humorvoll auf die Spitze und leitet den Leser immer wieder in die Irre. Das Buch ist aber nicht nur witzig, sondern auch sehr spannend."

Wolfgang Schorlau: Black Forest

Aus Sorge um seine Mutter reist Georg Dengler in den Schwarzwald. Über den Hof, auf dem er seiner Kindheit verbracht hat, schleichen nachts Gestalten. Um herauszufinden, was die Eindringlinge suchen könnten, stöbert Georg durch das Inventar mehrerer Leben, das in den Winkeln des weitläufigen Hauses verstaut ist: Seit Generationen war der Hof Familienbesitz, erst nach dem Unfalltod ihres Mannes gab Margret die Landwirtschaft auf. Aber das scheint plötzlich nur die halbe Wahrheit zu sein.
Statt auf Antworten stößt Dengler auf immer neue Fragen: Wer sind die Kerle auf dem Hof und wer hat sie geschickt? Wer war sein Vater, bevor er ein treusorgender Ehemann wurde? Wieso liegt Auerhahnkot am Feldberg, wo seit Jahren keiner der Vögel mehr gesehen wurde?
Als Dengler feststellt, dass sich seine Familie inmitten erbittert geführter Kämpfe um die Zukunft der Energiegewinnung befindet, ist es fast zu spät: Nach einem Sturz liegt seine Mutter im Koma.

Sabine Abel: "'Black Forest' ist der elfte Fall von Georg Dengler, der früher eine große Nummer beim Bundeskriminalamt war und jetzt privat ermittelt. Diesmal zieht es ihn in seine Heimat, weil er schauen möchte, ob seine Mutter womöglich dement wird, jedenfalls schenkt ihr die örtliche Polizei keinen Glauben. In den alten Unterlagen, die bis zurück zum Zweiten Weltkrieg reichen, entdeckt Dengler eine dunkle Vergangenheit, die sowohl seinen Vater als auch das kleine Dorf betreffen. Dazu rücken das Grundstück seiner Mutter, das für eine moderne Windkraftanlage geeignet wäre, und die örtlichen Windkraft-Gegner immer mehr in den Mittelpunkt.

Die Dengler-Fälle sind sehr gut recherchiert und aufbereitet, dazu voller aktueller Bezüge. Bei den Unterhaltungen der drei Generationen, die auf dem Hof der Mutter zusammenkommen, geht es zum Beispiel um politische Korrektheit oder Fremdenfeindlichkeit. So erklärt Denglers Sohn der Oma schon mal das Gender-Sternchen oder warum sie bestimmte Worte nicht mehr sagen darf. Der Fall selbst ist auch sehr spannend. Die Geschichte mit ihrem Gruselfaktor und den guten Dialogen haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Und trotz bester Unterhaltung ist der Leser hinterher ein bisschen schlauer als zuvor."

William Martin: Dezember 41

Einen Tag nach Pearl Harbor versammeln sich die schockierten Amerikaner vor ihren Radios und müssen mit anhören, wie Franklin D. Roosevelt den Kriegseintritt der USA erklärt. In Los Angeles plant unterdessen der deutsche Spion Martin Browning einen Anschlag auf den amerikanischen Präsidenten. Er will Roosevelt am Weihnachtsabend töten, wenn dieser vor dem Weißen Haus den Weihnachtsbaum erleuchtet. Wer wird ihn aufhalten? Der unerbittliche FBI-Agent Frank Carter? Oder Kevin Cusack aus Hollywood, der den Deutschen Bund in Los Angeles ausspioniert und schnell selbst zum Verdächtigen wird? Oder Vivian Hopewell, die ambitionierte Schauspielerin, die sich als Brownings Ehefrau ausgibt und sich dabei unweigerlich in ihn verliebt?
Während die Uhr tickt, beginnt ein Höllenritt, der am Weihnachtsabend 1941 zu einem atemberaubenden Showdown im Weißen Haus führt.

Sabine Abel: "Schon den Einstieg finde ich sehr spannend: William Martin beschreibt die unterschiedlichen Personen, die der Rede von Roosevelt zuhören: zum Beispiel der FBI-Agent, der offiziell in einem Filmstudio arbeitet, aber einen ganz anderen Auftrag hat. Oder die Schauspielerin, die über Umwege in die Geschichte verstrickt wird. Und natürlich der Attentäter, um den sich die ganze Geschichte herum aufbaut. Dabei bekommt der Leser viele geschichtliche Informationen quasi auf dem Silbertablett serviert. Zum Beispiel haben sich ein paar Amerikaner in antisemitischen, deutschfreundlichen Gruppierungen organisiert oder für Hitler eine 40-Zimmer-Villa in den USA vorbereitet.

In dem schnellen, geradezu atemlosen Thriller hat der Autor eine wahre, historische Begebenheit extrem spannend aufbereitet, und der Leser erfährt viel über die verschiedenen (historischen) Figuren und Ereignisse. Geschrieben in einem kurzen, knappen Sprachstil, geht es ordentlich zur Sache. Alles läuft auf den Showdown zu. Eine Empfehlung für alle, die Hochspannung und geschichtliche Zusammenhänge lieben."

Victor Lodato: Honey

Honey ist 82. So alt, dass Beerdigungen sich nicht mehr anfühlen wie ein "Arrivederci", sondern eher wie ein "A presto", ein "Bis bald". Nach einem Leben als Kunstexpertin ist sie nach New Jersey zurückgekehrt, in eine Heimat, die sie als Teenager gegen alle Widerstände verlassen hat. Die interessantesten Tage ihres Lebens liegen hinter ihr, glaubt sie. Aber sie irrt sich.
Zurück in der Stadt ihrer Kindheit muss sich Honey ihrer Vergangenheit stellen. Und sie muss sich mit ihrer Familie auseinandersetzen, in deren Garten die Leichen nicht nur sprichwörtlich vergraben liegen. Plötzlich ist sie sich nicht mehr sicher, was sie wirklich will: Vergebung oder Rache?

Sabine Abel: "Eine abgefahrene Geschichte ohne klassische Krimi-Handlung, dafür mit einer hinreißenden Hauptfigur: einer unangepassten Dame, die immer auf sich allein gestellt war, geplagt von den Verbrechen und der Gewalt ihrer italo-amerikanischen Mafia-Familie. Irgendwann stellt sie sich die Frage: wie viel Mafia steckt in ihr selbst?
Honey ist einerseits gefangen in den patriarchalen Strukturen, andererseits aber sehr emanzipiert. Eigentlich will sie ihre Ruhe und hängt nur noch auf Beerdigungen herum. Doch sie nimmt das Schicksal anderer,  die es selbst nicht schaffen, in die Hand. Zum Beispiel räumt sie kurzerhand den gewalttätigen Drogendealer aus dem Weg, der bei ihrer Nachbarin eingezogen ist. Oder sie kümmert sich um ihren transsexuellen Großneffen, der zwar Sohn eines Mafiabosses, aber künstlerisch veranlagt ist. Honey musste in ihrem Leben schon selbst jede Menge Mord und Totschlag erleben. Doch die Leichen holen sie irgendwann ein. Wird sie ihnen entkommen?

Die verschiedenen Facetten von Honey finde ich sehr spannend. Victor Lodato arbeitet sie auf ironisch-witzige und gleichzeitig tiefgründige Weise heraus. Und es passiert ständig etwas Neues. Die Geschichte ist rasant erzählt, mit tollen Dialogen, dabei vielschichtig und äußerst klug. Ich habe mich beim Lesen dieses Buchs prächtig amüsiert."


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