"Heimliche Franken" Die Franken in Württemberg
Franken liegt in Bayern. Ganz Franken? Nicht ganz: Auch Baden-Württemberg hatte im Zuge der napoleonischen Neuordnungen um 1806 einige fränkische Gebiete zugeschlagen bekommen.
Auch außerhalb Bayerns finden sich noch Volksstämme mit fränkischen Wurzeln. Das sind zum einen die Tauberfranken im Norden Baden-Württembergs, die vor allem vom Dialekt her stark auf Würzburg fixiert sind. Aber da gibt es auch noch die Hohenloher in der Gegend um Öhringen, Crailsheim Künzelsau und Schwäbisch Hall - mit ihrer typischen südostfränkischen Art und Mundart.
"Hoheloher Landwei" - Fränkisch oder Schwäbisch?
Landwei ha i ma bstellt innara hohelohische Wirtschaft
Schwäbischen habe se bracht
Gwachse issa em Ort
Imma droa denke muss ma
Beim hohelohische Ländle
Dass unsa beste Woa
Schwäbisiert wird wie mir
Edelstoa und Altarbilda hebe sie uns fria scho gstoala
Des verzeihema no
Arme Schlucker sans gewe
Dass se aber mi´m Wein und da Sproch
A no d´Seel uns stehla
Hinterfetzig is des
Vo unsare schwäbische Freind.
(Heimatdichter und Sprachwissenschaftler Walter Hampele)
Unter dem Einfluss der Württemberger
Der Schwäbisch Haller Heimatdichter und Sprachwissenschaftler Walter Hampele ist der fränkischen Seele im Hohenlohischen seit gut 30 Jahren auf der Spur. Denn die von den Franken anfangs bitter beklagten Einflüsse der württembergischen Beamten und Lehrer, hatte der heute 78-jährige selbst noch gespürt: "Ich wusste überhaupt nicht, dass ich ein Hohenloher war. Ich hab das erst gehört, als ich Student in Tübingen war. Da sprach man mich an, ich sei doch Hohenloher. Ich stand Kopf, ich wusste es nicht", erzählt der Sprachwissenschaftler. In der Schule sei das ihnen nie vermittelt worden, man habe ihnen nie klar gemacht, dass sie Franken sind.
Selbstbewusste Reichsstädter
Aber auch vor der württembergischen "Besetzung" war das mit dem Fränkisch-Sein nicht immer so klar gewesen. Im Wirrwarr von weltlicher und geistlicher Herrschaften im historischen Franken war das auch nicht immer leicht abzugrenzen. Zum Beispiel die freie Reichsstadt Hall: Dort wollte der Würzburger Bischof gern zu Gericht sitzen. "Das wollte sich Hall nicht bieten lassen, weswegen man sich im Schriftverkehr mit Würzburg ganz plakativ als 'Schwäbisch Hall' bezeichnete", erklärt Stadthistoriker Gerhard Lubich.
Man wollte sich von Franken abgrenzen und die Eigenständigkeit einer freien Reichsstadt betonen. Das hieß jedoch nicht, so Lubich weiter, dass man sich zu Württemberg oder zum Herzogtum Schwaben rechnete. Die Freie Reichsstadt Schwäbisch Hall sah sich gern als Stadt am Kocher, zwischen Franken und Schwaben.
Nur "heimliche Franken"
Mit der Eingliederung nach Württemberg habe man sich schließlich wieder seiner Wurzeln besinnt, erzählt Stadthistoriker Lubich. Der "Verein für Württembergisch Franken" wurde gründet. Heute befasst sich der Verein mit Hohenloher Geschichte - die Betonung des Fränkischseins ist hier und in der Region leiser geworden. Für den Rothenburger Stadtarchivar und Würzburger Professor Karl Borchardt auch eine Frage des Geldes: "Württemberg hat schon früher als Bayern stark auf Industrialisierung, auf Handel und solche Dinge gesetzt. Die württembergischen Franken sind im Allgemeinen etwas besser davon gekommen, als die Rothenburger oder die Dinkelsbühler, die sich ja heute noch als zu wenig beachtet fühlen."
"Ich soch ned sou und ich sach ned sou"
Auch der ehemalige Landesarchivar Gerhard Taddey erkennt eine besondere hohenlohisch-fränkische Mentalität: "Ich würde sagen, die Gegensätze zwischen den bayerischen Franken, den Altbayern und den bayerischen Schwaben gibt es hier nicht. Die Hohenloher sind ein selbstbewusstes Völkchen geblieben und fühlen sich als ein besonderer Volksstamm in Baden-Württemberg." Namen wie der Hohenlohekreis und die Region Heilbronn-Franken tragen dem heute noch Rechnung: Einem Selbstbewusstsein, das sich die Hohenloher Franken vielleicht auch grade wegen ihrer sprichwörtlichen diplomatischen Art bewahrt haben, die Walter Hampele auf das enge Zusammenleben in den Kleinstaaten zurückführt. Eine bekannte Redewendung, die man über die Hohenloher sagt, lautet: "Ich soch ned sou und ich sach ned sou, dann kann koina sochen, ich hätt sou gsocht."