1922 bis 1948 Am Anfang war Musik
Zunächst als reine Sendestation für das Münchener Hörfunkprogramm gedacht, geht das Nürnberger Studio bereits 1925 zu eigenen Musik-Produktionen mit fränkischen Künstlern über. Untergebracht war der Sender Nürnberg zunächst in der Postdirektion, nach dem Krieg im ehemaligen Pferdelazarett.
Das Zeitalter des Rundfunks beginnt in Bayern am 30. März 1924: An diesem Tag nimmt die "Deutsche Stunde in Bayern, Gesellschaft für drahtlose Belehrung und Unterhaltung" ihren Mittelwelle-Sendebetrieb in München auf. Da die Reichweite für einen guten Empfang in ganz Bayern nicht ausreicht, wird bereits am 2. August in der Postdirektion Nürnberg eine weitere Sendeanlage in Betrieb genommen.
Ab 1931 aus der Oberpostdirektion Nürnberg in der Allersberger Straße.
Es handelt sich dabei um den ersten "Zwischensender" Deutschlands, denn er soll ausschließlich der Ausstrahlung des Münchener Hörfunkprogramms dienen. Doch schon 1925, nach dem Bezug neuer Senderäume in der Keßlerstraße, steuert der Sender wöchentlich einige Stunden an eigenen Live-Musikproduktionen und gelegentlichen Wortbeiträgen zum bayerischen Programm bei. 1931 erfolgt aus Platznot ein weiterer Umzug: Die neue Adresse des Nürnberger Senders ist die Allersberger Straße. Dort wird der Sender bis 1948 zuhause sein.
"Nebensender Nürnberg" im Dritten Reich (1933 bis 1945)
In den Jahren 1933 und 1934 wird der Rundfunk in Deutschland von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet und dem Reichspropagandaministerium unterstellt. Der bisherige Studioleiter Alfred Graf wird aufgrund seiner politischen Überzeugung suspendiert und durch Wilhelm Paulus ersetzt. Der "Nebensender Nürnberg" produziert fortan nur noch Musikbeiträge für das Programm des Reichssenders München und stellt bei politischen Großereignissen in Nürnberg - wie den Reichsparteitagen der NSDAP - die technische Ausrüstung zur Verfügung. Im Herbst 1939 müssen die deutschen Nebensender den Produktionsbetrieb auf Befehl des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels weitgehend einstellen. Auch der Sender Nürnberg fungiert bis Kriegsende nur noch als reine Sendestation des Münchener Programms beziehungsweise des Reichsprogramms.
Neuanfang unter US-Militäraufsicht (1945 bis 1948)
Am 17. April 1945 stellt der Nebensender Nürnberg nach zweitägigem Artilleriebeschuss seinen Betrieb ein. Aber noch im selben Jahr, am 22. November, ist der Nebensender Nürnberg unter amerikanischer Militäraufsicht als Nebenstation von "Radio München" wieder "on Air". Seine Programmbeiträge beschränken sich zunächst auf Kommentierungen der "Nürnberger Prozesse". Sprecher dieser Kommentare ist der Journalist Fritz Mellinger, der spätere erste Leiter des Studios Nürnberg der Nachkriegszeit. Mit dem Ende der "Nürnberger Prozesse" formiert sich der fränkische Sender neu: Im März 1948 wird zunächst die Musikabteilung unter der Leitung von Willy Spilling gegründet. In den folgenden Jahren prägt er mit beliebten Musikreihen das Programm des Studios Nürnberg. Den offiziellen Betrieb nimmt das Studio am 1. Oktober 1948 unter der Leitung von Fritz Mellinger auf.
Kranke Pferde und Panzer
Im Jahr 1949 zieht der Nürnberger Sender in die Wallensteinstraße um. Bevor das parkähnliche Gelände zum Rundfunksender wird, diente es ab 1937 als Standort für ein Pferdelazarett. Um die 100 Pferde und einige Militärhunde wurden in der Wallensteinstraße behandelt und trainiert, berichten Zeitzeugen. Nach der Besetzung Nürnbergs durch die Amerikaner beherbergten die heutigen Studio-Gebäude dann eine Reparaturwerkstatt für Panzer und einen amerikanischen Jazz-Club.
Der Pinguin-Club
Letzte Hinweise auf die Vorgeschichte des heutigen Studio-Geländes tauchen bei Renovierungsarbeiten auf. 1998 entdecken Bauarbeiter hinter einer Holzvertäfelung "Comics", die US-Amerikanische Soldaten mit einigen Mädchen im Hawaii-Look zeigen. Die Kreidezeichnungen stellen eine Combo dar, wie sie typisch für die Freizeitgestaltung der amerikanischen Besatzungssoldaten war. Auf dem Schlagzeug ist der Name "Pinguin-Club" zu lesen. Vermutlich besuchten vor allem US-Militär-Angehörige den Jazz-Club in der Wallensteinstraße. Die fast vier Meter hohe Combo aus dem Pinguin-Club ist heute im Haus der Deutschen Geschichte in Bonn ausgestellt.