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Das Braune Haus Wechselvolle Vorgeschichte des Palais Barlow

Stand: 16.03.2009 | Archiv

Die Nationalsozialisten wählten ein recht nobles Viertel für ihre Parteizentrale: die Maxvorstadt. Vorwiegend reiche Familien aus Adel und Wohlstandsbürgertum bewohnten dort ihre Villen, seit König Max I. Joseph Anfang des 19. Jahrhunderts dieses Areal nördlich des Stadtzentrums anlegen ließ. München wurde zu jener Zeit großzügig erweitert, die Hauptstadt des eben geschaffenen Königreichs Bayern sollte ein repräsentatives Gesicht zeigen.

Baujahr 1830

Palais-Architekt Métivier hatte schon mit der ersten Münchner Synagoge der Neuzeit große Anerkennung gefunden.

Eines der herrschaftlichen Häuser der Maxvorstadt war das spätere "Braune Haus". Der französische Architekt Jean Baptiste Métivier, königlicher Baurat unter Ludwig I., ließ es 1830 an der Brienner Straße errichten, also genau an der Achse zwischen Residenz und Schloss Nymphenburg. Métivier galt als einer der begabtesten Baumeister in Bayern, er hatte nur das Pech, von den zur selben Zeit agierenden Stararchitekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner überstrahlt zu werden.

Demokratisches Intermezzo

Das im Unterhalt sehr teure Palais im klassizistischen Stil nutzte Métivier jedoch nicht als eigenes Domizil, er vermietete es 1831 an Karl Ludwig Freiherr von Lotzbeck. Der vermögende Industrielle aus dem Badischen stand den demokratischen Ideen der politischen Vormärz-Bewegung nahe - ein Zeitgenosse, der damit möglicherweise nicht unbedingt nach dem Geschmack des Königs war.

Katholische Intrige

Ludwig I.: Ein Besitzer des späteren "Braunen Hauses" trug mit dazu bei, dass der König abdanken musste.

1838 bezog das Palais Métivier mit Fabio Pallavicini ein italienischer Diplomat, der am anderen Ende der politischen Skala stand. Doch ironischerweise war es nicht Lotzbeck, der 1848 zum Sturz von König Ludwig I. beitrug, sondern ausgerechnet der konservativ-erzkatholische Pallavicini. Denn der machte an der Seite der Jesuiten Stimmung gegen das Verhältnis des Monarchen mit dessen in der Bevölkerung unbeliebten Mätresse Lola Montez.

Ab 1878 Palais Barlow

1866 kaufte die Immobilie der königliche Hoffotograf Joseph Albert, ein bürgerlicher Aufsteiger der Gründerzeit. Zehn Jahre später wechselte die Stadtresidenz erneut den Besitzer: Nun zog der als Textilfabrikant reich gewordene englische Industrielle Richard Turner Barlow ein. Seine deutsche Ehefrau Maria Amalie wurde eine der bedeutendsten Kunstmäzeninnen der Stadt. Nach ihrem Tod 1911 übernahm Sohn Willy Barlow den Besitz an der Brienner Straße. Als er 1919 aus München wegzog, vermietete er ihn an Privatleute und gewerbliche Nutzer.

1931: Einzug der NSDAP

1928 kehrte seine Witwe Elisabeth Stefanie nach München zurück und bewohnte zunächst wieder die alte Familienresidenz. Sie bot sie jedoch noch im selben Jahr zum Verkauf an. Für die Immobilie samt 4.000 Quadratmeter Grund interessierte sich zunächst die Stadt, die sie als kommunales Musikhaus nutzen wollte. Aber auch die NSDAP streckte sofort ihre Fühler aus.

Stahlmagnat Fritz Thyssen

Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage Ende der 1920er-Jahre musste die Stadt München schließlich verzichten. So erhielt die Nazi-Partei den Zuschlag, am 26. Mai 1930 erwarb sie es für den Preis von 805.864 Goldmark. Um ihn bezahlen zu können, erhob die Partei eine außerordentliche Mitglieder-Abgabe, aber auch großzügige Kredite der Industriemagnaten Fritz Thyssen und Friedrich Flick waren hilfreich. Nach Umbauarbeiten bezog die NSDAP das Palais 1931.

Es gibt keine Hinweise, dass die Barlow-Erbin Elisabeth Stefanie mit den Nazis sympathisierte, sie verkaufte vermutlich aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus. Aus rechtlichen Gründen erschien auf dem Vertrag als Käufer der Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterverein e.V., für den Adolf Hitler mit "Schriftsteller in München" unterschrieb. Doch de facto zog die NSDAP ins Palais Barlow ein, das schon bald offiziell in "Braunes Haus" umbenannt wurde.


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