Der Königsplatz Am Allerheiligsten des NS-Systems
"Hitler residiert hier wirklich als König", schilderte ein Zeitgenosse seinen Besuch im "Braunen Haus", das so protzig ausstaffiert war, dass man es als "braunes Operettenhaus" und "Haus Größenwahn" verspottete.
Nur - der "Führer" war dort, vor allem wegen ausgiebiger Kaffeehaus-Besuche, eher selten anzutreffen. Viel wichtiger als seine persönliche Anwesenheit war ihm ohnehin die Symbolkraft des Ortes: die NSDAP-Zentrale nur wenige Meter entfernt vom Königsplatz.
Ihn ließ er später vor dem Hintergrund der steinernen Antikenkulisse mit Propyläen, Glyptothek und Antikensammlung zu einem "vaterländischen Heldenplatz" umgestalten - als militärisches Aufmarschareal und als Kultzentrum der "Bewegung".
Kultstätte Königsplatz
Dazu ließ Hitler 1935 auf dem Königsplatz die Grünflächen entfernen und durch Granitplatten ersetzen. Zwischen Königsplatz und "Braunem Haus" errichtete man zwei die Briennerstraße flankierende Pathos-Bauten: die sogenannten "Ehrentempel" als Fokus des NS-Totenkults.
Ab 9. November 1935 dienten sie als Grabstätte der zu "Blutzeugen" stilisierten Toten des gescheiterten Hitler-Putsches vom 9. November 1923, dem man fortan alljährlich bei Fackelschein gedachte - unter Anteilnahme von tausenden Münchnern.
Maxvorstadt verwandelt sich in "Parteistadtviertel"
Eine Fülle von NS-Funktionsbauten entstanden nach und nach rund um den Karolinenplatz, unter anderem der ehemalige "Führerbau", in dem 1938 das Münchner Abkommen unterzeichnet wurde, und der Verwaltungsbau der NSDAP. Beide Gebäude - sie stehen noch heute - stammen von Hitlers Lieblingsbaumeister Paul Ludwig Troost. Er war ein Vertreter eines trivialisierten Neoklassizismus, einer bei Faschisten beliebten Brachialarchitektur für Repräsentationsbauten.
Das gesamte NSDAP-Gebäudeensemble verwandelte die Maxvorstadt in eine Art "Parteistadtviertel". Pöbelnde SA-Männer zogen nun durch die Straßen, wo unter anderem Honoratioren wie etwa Thomas Manns jüdischer Schwiegervater Alfred Pringsheim wohnten.
Großzügiger Ausbau
Inzwischen war das "Braune Haus" großzügig ausgebaut worden. Auch damit war Troost beauftragt worden. Im September 1930 war Richtfest für den Rohbau der Kartothek, schließlich mussten mittelfristig mehrere Millionen Mitglieder verwaltet werden. 1931 begannen im rückwärtigen Gartenareal die Bauarbeiten zu einem 45 Meter langen Gebäude für die "Reichsführerschule".
Widerstand - und wie ihn die Nazis vergolten
Die Nazis konnten sich zunächst nicht ungehindert in der Maxvorstadt ausbreiten. Der bayerische Innenminister Karl Stützel, zuständig für solche Baugenehmigungen, versuchte Anfang der 1930er-Jahre als erklärter NS-Gegner mehrere Bauvorhaben der Nazis zu verhindern. Nach ihrer Machtübernahme rächten die sich umgehend an dem Politiker der Bayerischen Volkspartei: Sie verschleppten ihn am 9. März 1933 ins "Braune Haus", um ihn dort zu demütigen und körperlich zu misshandeln. Anderen NS-Gegnern erging es in der NSDAP-Zentrale noch schlimmer: Sie wurden in Kellerräumen schwer gefoltert. Mindestens ein Gefangener starb dabei.
Reichsleitung in Berlin, Parteileitung in München
Im "Braunen Haus" nahmen einige der NS-Bonzen Quartier, so der spätere Reichsschatzmeister Franz Xaver Schwarz, SA-Chef Ernst Röhm und Hitlers Privatsekretär Rudolf Heß, der dort später als Stellvertreter des Führers, formal also als zweiter Mann im Reich, fungieren sollte.
Als Hitler 1933 das NS-Machtzentrum in die Reichshauptstadt Berlin verlagerte, ließ er die NSDAP-Leitung bewusst in München, der "Hauptstadt der Bewegung" - und gönnte dem "Braunen Haus" samt den weiteren NSDAP-Gebäuden mit insgesamt 5.800 Beschäftigten üppig Personal.
Im Krieg durch Bomben zerstört
Während des Krieges verlor das "Braune Haus" zunehmend an Bedeutung. NSDAP-Kanzleileiter Martin Bormann - Nachfolger von Rudolf Heß nach dessen England-Flug von 1941 - arbeitete in Berlin. Ab 1942 bombardierten die Alliierten München. Dabei wurde auch mehrmals das "Braune Haus" getroffen, am 7. Januar 1945 so schwer, dass nur noch eine Ruine übrig blieb. Nach dem Krieg wurde das Grundstück Eigentum des Freistaats Bayern. Der ließ die Überreste der einstigen NSDAP-Zentrale im Februar 1951 abreißen.