Ruhmeshalle The Thermals - The Body, The Blood, The Machine
Mitte der 00er Jahre waren die USA ein von der Bush-Regierung gebeuteltes Land: erz-konservativ, religiös fanatisch und im Krieg. Ein paar Portland-Punks hatten die Nase voll und schrammelten sich ihre Verachtung von der Seele.
Verstärkerfeedback. Hingerotzte Powerakkorde. Und dann - das alles zerstörende Riff. "A Pillar of Salt" von The Thermals war der erste Track auf einer CD, die im September 2006 der monatlichen Musikzeitschrift meines Vertrauens beilag. Was sonst noch auf dieser Compilation drauf war? Keine Ahnung. Der erste Song, der war es.
"The Body, The Blood, The Machine" heißt die Platte, auf der "A Pillar of Salt" drauf ist. The Thermals sind Veteranen der Punkszene in dem damals noch nicht komplett gentrifizierten Portland und sie wollen auf diesem Album mit dem erzkonservativen Establishment in den USA abrechnen. Diese Infos klaube ich mir im aus Plattenrezensionen und Interviews zusammen, aber eigentlich nutze ich die Musik hauptsächlich als Soundtrack zum Bier trinken und Luftgitarre spielen.
Fette Riffs gegen Rechts
Mittlerweile weiß ich, dass ich diesem Album durch das oberflächliche Anhören Unrecht getan habe. Klar sind die Riffs fett - aber eigentlich sind sie nur das Vehikel, in denen Frontmann Hutch Harris seine giftigen Texte in die Welt schickt. Im Jahr 2006 haben die USA fünf Jahre unter Präsident George W. Bush hinter sich. Der senkte die Steuern für Reiche, setzte sich gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ein und schickte die Amerikaner in blutige, scheinbar endlose Kriege im Irak und in Afghanistan. Heute weiß jeder, wie viel unter Bush schief lief. The Thermals wussten es schon damals.
Dystopien und apokalyptische Fantasien
Harris ist angeekelt von der konservativ und religiös geprägten Stimmung im Land und konzipiert "The Body, the Blood, the Machine" als die Geschichte eines Liebespaares, das den Klauen einer faschistisch-christlichen Regierung entfliehen will. Die Texte sind voller verstörender Querverweise: auf George Orwells dystopisches Roman-Meisterwerk 1984, auf das Nazi-Regime und auf die Apokalypse. Harris und Thermals-Bassistin Kathy Foster wurden beide streng katholisch erzogen und sind dementsprechend bibelfest. 35 Minuten lang schreien und schrammeln sie sich ihre Verachtung für geifernde Fanatiker von der Seele - das Ergebnis ist eine der besten Indierock-Platten der 00er Jahre.
Thematisch ist "The Body, the Blood, the Machine" stark in der Bush-Ära verankert. Veraltet klingt das Album trotzdem nicht - für diese Riffs und Melodien würden sich heute noch Bands wie die Cloud Nothings, Japandroids und The Front Bottoms die eigenen Arme ausreißen. Und Songs zum Bier trinken und Luftgitarre spielen wird die Welt auch in 20 Jahren noch brauchen.