Leseratten und Bücherwürmer Wie umweltfreundlich sind E-Books?
Digital oder gedruckt: Die Entscheidung für oder gegen ein E-Book ist nicht nur eine des Lesevergnügens. Auch der Umweltgedanke spielt für viele Menschen eine Rolle: Wie grün ist das E-Book? Der BAYERN 1 Umweltkommissar ermittelt.
Schon seit 14 Jahren gibt es E-Book-Reader, aber erst in den vergangenen Jahren sind digitalisierte Bücher zu einer echten Konkurrenz zum gedruckten Buch geworden. Auch aufgrund der technologischen Entwicklung, aber vor allem aufgrund des inzwischen breiten Angebots.
Klar ist: Für gedruckte Bücher werden Bäume gefällt. Die Produktion von Papier erfordert Unmengen an Wasser und Chemikalien. Noch dazu werden in Deutschland etwa 80 Prozent der benötigten Fasern importiert, stammen also nicht aus recyceltem Papier.
Vergleichsgrundlage
Der Deutsche liest im Schnitt etwa zehn Bücher und jedes Buch ist - rein statistisch betrachtet - etwa 200 Seiten dick. Dies hat das Freiburger Ökoinstitut bei einer umfassenden Studie zur Ökobilanz von E-Book-Readern angenommen. Das ist insofern wichtig, um eine Basis zu haben, aufgrund derer gedruckte Bücher mit E-Book-Readern verglichen werden können. Es liegt auch auf der Hand, dass die Produktion von E-Book-Readern Ressourcen verschlingt. Auch der Stromverbrauch bei den Endgeräten muss untersucht werden.
Verdrängen E-Books das gedruckte Buch?
Die Angst der Buchhändler und vieler Verlage ist, dass E-Book-Reader die Bücher aus Papier langsam aber sicher verdrängen. Bislang lesen immer noch weit über 80 Prozent der Deutschen gedruckte Bücher. Allerdings war der Anstieg der neuen E-Book-Leser vor allem im vergangenen Jahr rasant: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von" Bitkom" wurden 2012 über 800.000 E-Book-Reader verkauft. 2013 Jahr sollen es schon knapp 1,5 Millionen sein.
Die Lesegeräte werden in den USA aber auch hierzulande inzwischen zu Niedrigpreisen verkauft. Die billigsten Modelle gibt es bereits ab 50 Euro zu kaufen. Teurere Geräte kosten bis zu 300 Euro. Auch die Tablet-Computer werden von vielen Menschen zum Bücherlesen genutzt.
Der Kauf von digitalisierten Büchern ist natürlich im Vergleich zu Büchern auf Papier, je nach Buch und Verlag, um ein paar Euro günstiger, weil der Druck und das Papier wegfallen. US-Gigant "Amazon" bietet bereits eine Art Flatrate für Bücher mit seiner "Kindle-Leihbücherei" auch für Deutschland an. Wer ein neues E-Book ausleihen möchte, muss das derzeit ausgeliehene E-Book vom Gerät aus wieder zurückgeben. Es ist mittlerweile auch möglich, Bücher in den städtischen Leihbüchereien auszuleihen und auf den Reader zu übertragen.
Kopierschutz
Eine Spezialsoftware (Adobe Digital Editions) sorgt übrigens auf dem Computer dafür, dass Buchinhalte nicht unkontrolliert weiterverbreitet werden und lediglich auf eine beschränkte Anzahl von Medienträgern übertragen werden kann. Außerdem gibt es noch in sich geschlossene Systeme, wie bei Amazon (Kindle) oder Apple (iBooks): E-Books, die dort gekauft werden, haben einen speziellen Kopierschutz und können nur auf den exklusiv angebotenen Endgeräten gelesen werden. Die Reader sind hier so konzipiert, dass andere Formate nicht unterstützt werden. Wer eine große digitale Bibliothek aufgebaut hat und später ein anderes Lesegerät der Konkurrenz kaufen möchte, "verliert" damit seine sämtlichen Bücher bzw. kann sie nicht übertragen.
Die Herstellung von Büchern
Allein die deutschen Verlage produzieren pro Jahr knapp eine Milliarde Bücher. Mehr als 80 Prozent werden derzeit auf Frischfaserpapier gedruckt. Das hat enorme Folgen für die Umwelt. Das Umweltinstitut München nimmt an, dass für eine Million Kopien eines Buches mit durchschnittlich 250 Seiten über 12.000 Bäume gefällt werden müssen. Außerdem werden bei der Herstellung eines Buches sehr große Mengen Wasser und Energie verbraucht. Druck und Vertrieb miteinberechnet, summieren sich für zehn Bücher mit etwa 200 Din-A5-Blättern etwa elf Kilogramm des Treibhausgases CO2, das als Hauptverursacher der weltweiten Klimaerwärmung gilt.
Bücher werden immer noch viel zu selten auf Recyclingpapier gedruckt. Viele Verlage sträuben sich dagegen, weil Recyclingpapier angeblich für den Buchdruck ungeeignet ist. Dagegen spricht, dass es hochqualitatives Umweltpapier bereits für Zeitschriften und Bücher gibt.
Der kanadische Verlag "Raincoast Books" hat es vorgemacht und die Millionenauflage eines Harry-Potter-Bands auf 100 Prozent Recyclingpapier gedruckt. Allein dadurch sind 30.000 Bäume vor der Rodung bewahrt und über 47 Millionen Liter Wasser eingespart worden. Allerdings fallen auch bei der Herstellung von zehn Büchern auf Recyclingpapier noch neun Kilogramm CO2 an.
Die Herstellung von E-Book-Readern
Wichtig für die Ökobilanz eines E-Book-Readers ist zunächst einmal der Herstellungsort. Die meisten Geräte werden in China hergestellt. Deshalb muss immer auch der lange Transportweg, entweder mit dem Schiff oder sogar dem Flugzeug, miteingerechnet werden.
In den Geräten mitverbaut werden zahlreiche seltene und edle Metalle, darunter Kupfer, Silber, Gold oder Palladium. Da ist die Batterie bzw. der Akku gar nicht berücksichtigt. Zusätzlich steckt in den Geräten jede Menge Kunststoff. Daher ist die Lebensdauer und auch ein mögliches Recycling der Lesegräte von immenser Bedeutung für die Ökobilanz. Denn 99 Prozent des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen, hat das Freiburger Ökoinstitut errechnet, verursacht die Herstellung der E-Book-Reader. Der anschließende Gebrauch ist trotz des immer wieder notwendigen Aufladens des Akkus besonders energiesparend.
Auch wenn die Hersteller bei den Akkulaufzeiten wie üblich etwas übertreiben, muss ein gutes Lesegerät auch bei intensiver Nutzung nur alle zwei Wochen aufgeladen werden. Dieser Wert verringert sich natürlich, wenn die Lesegeräte LCD-Farbdisplays und Multimediafunktionen haben. Besser ist es übrigens, den Reader am Laptop aufzuladen, während man es sowieso nutzt. An der Steckdose hängen die Geräte meist länger als notwendig.
Richtig entsorgen
Am Verbraucher selbst liegt es auch, wie umweltgerecht ein alter oder kaputter E-Book-Reader entsorgt wird. Leider landen viele Geräte noch im Hausmüll, obwohl einerseits die Hersteller verpflichtet sind, Altgeräte zurückzunehmen. Auch Wertstoffhöfe können die Lesegräte sinnvoll für das Recycling entsorgen. Kupfer und andere Edelmetalle können beispielsweise fast vollständig zurückgewonnen werden.
Das Ökoinstitut in Freiburg hat insgesamt für die Herstellung eines guten, robusten E-Book-Reader mit einer Bildschirmgröße von sechs Zoll und einem eInk-Display berechnet, dass bei der Herstellung etwa acht Kilogramm des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) anfallen.
Wissenswertes über E-Books
Das Angebot von elektronischen Büchern wird auch in Deutschland immer größer. Wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in einer Studie 2012 feststellte, haben über die Hälfte der Verlage E-Books im Programm und mehr als die Hälfte aller Neuheiten sind bereits als elektronisches Buch verfügbar. Der Umsatzanteil von E-Books am Gesamtumsatz der Verlage ist beispielsweise 2012 stärker gestiegen als geschätzt. Er lag bei knapp zehn Prozent, erwartet waren 7,2 Prozent. Für 2013 werden bereits weit über zehn Prozent geschätzt.
Je nach Anbieter können in Deutschland bereits bis zu 100.000 Titel aus dem Netz heruntergeladen werden. Rechtlich gesehen gelten aber für den Kauf eines E-Books andere Regeln als für den Kauf eines gedruckten Buches. Jeder, der sich E-Books kauft und runterlädt, erwirbt lediglich die persönliche Lizenz zum Lesen. Etwa fünf bis sechs Kopien sind erlaubt, allerdings können Inhalte wegen des Kopierschutzes nicht auf andere Reader übertragen werden.
Da die Vertriebs-, Druck- und Materialkosten wegfallen, sind E-Books in der Regel zwischen zehn und 20 Prozent günstiger als Papier-Bücher. Das ist weniger als mancher E-Book-Käufer erwartet, denn auch für E-Books gilt in Deutschland die Buchpreisbindung. Es gibt allerdings auch kostenlose Bücher zum Download. Außerdem gibt es immer mehr Möglichkeiten, auch E-Books zu leihen. Bei den Stadtbüchereien ist das oft nur mit sehr viel Vorlauf möglich, da es bei einer Lizenz pro E-Book meist zu Wartezeiten kommt. Insbesondere wenn es sich um Neuheiten handelt.
Der direkte Vergleich
Das Freiburger Ökoinstitut hat 2011 versucht, die Ökobilanzen von E-Book-Readern und Büchern aus Papier miteinander zu vergleichen. In der umfassenden Studie sind die Herstellung, Anwendung und Entsorgung von elektronischen Lesegräten untersucht worden sowie auch der Ressourcenverbrauch und die Umweltauswirkungen in Form von CO2-Emmissionen.
Ob E-Book-Reader letztlich umweltfreundlicher sind als Bücher, hängt vor allem von der Nutzung des Lesers ab. Bei einem gedruckten Buch werden bei der Herstellung etwa 1,1 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt. Ist das Buch auf recyceltem Papier gedruckt, sind es immerhin auch noch 900 Gramm. Die Produktion eines elektronischen Lesegeräts ist dagegen natürlich wesentlich aufwändiger. In einem guten E-Book-Reader stecken am Ende des Herstellungsprozesses etwa acht Kilogramm CO2.
Anschließend läuft ein E-Book-Reader ganz im Sinne der Umwelt. Es fallen wenig Energiekosten an. Wird er zudem noch mit Ökostrom "betankt", läuft er grün. Aber auch sonst ist das Aufladen des Akkus, bei einem guten E-Book, nur alle zwei Wochen notwendig; selbst bei intensiver Nutzung. Schließlich verbraucht nur das Blättern tatsächlich Strom. Bei Readern mit einem beleuchteten Display ist der Akku selbstverständlich früher leer.
Mit jedem geladenen, digitalen Buch verbessert sich anschließend die Ökobilanz des Readers im Vergleich zum klassischen, gedruckten Buch. Wer mehr als zehn Buchtitel pro Jahr auf seinem E-Book-Reader liest, spart nachhaltig Ressourcen wie Papier und sorgt so dafür, dass weniger Bäume gefällt werden. Das Ökoinstitut nimmt dabei an, dass der Reader mindestens drei Jahre in Betrieb ist. Dann ergeben sich wirklich positive Umweltauswirkungen: Es wird weniger Energie verbraucht und es entstehen weniger Treibhausgase. Diese Vergleichsdaten verschieben sich natürlich, wenn beispielsweise das Display des Readers beleuchtet ist oder Bücher zu hundert Prozent auf Recycling-Papier gedruckt werden.
Fazit
Unterm Strich gilt: Wer mehr als zehn Bücher pro Jahr liest, kann sich mit grünem Gewissen einen E-Book-Reader kaufen. Damit schlägt er die Ökobilanz der gedruckten Bücher deutlich. Je länger der Reader im Einsatz ist und desto mehr Bücher darauf geladen sind, desto besser für die Umweltbilanz.
Entsorgung
Auch was die Entsorgung angeht, könnte der Reader die gedruckten Bücher schlagen, wenn die Verbraucher ihn richtig entsorgen würden. Leider landen zu viele Altgeräte im Hausmüll, wo sie wirklich nicht hingehören. Bücher aus Papier verstauben meist im Regal. Auch hier kann die Ökobilanz verbessert werden: einfach weiterverschenken.
Wer aber lieber ein richtiges Buch in der Hand hat und sich gar nicht mit E-Book-Readern anfreunden kann, kann trotzdem ökologisch punkten: Das Leihen von Büchern in Bibliotheken ist umweltmäßig unschlagbar!