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Große Literatur auch für Kleine Garmisch ehrt Michael Ende ganz besonders

"Die unendliche Geschichte" war sein größter Erfolg - obwohl er ausgerechnet Michael Ende hieß. Der Schriftsteller kam 1929 in Garmisch auf die Welt. Die Stadt würdigt ihren berühmten Sohn mit dem Michael Ende-Kurpark und der Dauerausstellung "Der Anfang vom Ende" im Kurhaus.

Stand: 06.11.2016

Große Literatur auch für Kleine: Erinnerungen an Michael Ende in Garmisch-Partenkirchen

Seine Figuren heißen "Beelzebub Irrwitzer", "Tyrannja Vamperl", "Graógramán", "Uyulála", "Filemon Faltenreich" oder "Ping Pong" und "König Alfons, der Viertel vor Zwölfte", die in Michael Endes erstem Buch "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" auftauchen. Das Werk erschien 1961 - und bescherte dem Schriftsteller den Deutschen Jugendbuchpreis. Doch bis dahin war es ein steiniger Weg. Michael Ende ist in Garmisch geboren, noch vor der Zwangsvereinigung mit Partenkirchen.

"Da kommt die erste Namensgeschichte schon her: Man sagt, nachdem er hier zur Welt gekommen ist, habe der Arzt zu seiner Mutter gesagt: 'Das ist also der Anfang vom Ende'."

Georg Büttel

Der Laden von Michael Endes Mutter in Garmisch, darüber die Wohnung der Familie

Das erzählt Georg Büttel, Autor und Theaterregisseur aus Garmisch-Partenkirchen. Büttel ist auch Vorsitzender der Phantastischen Gesellschaft. Dieser Verein fördert phantastische Literatur und Kunst, will aber vor allem das Werk von Michael Ende lebendig halten. Die Phantasten haben das kleine Michael-Ende-Museum im Kurhaus von Garmisch-Partenkirchen initiiert und gestaltet.

Zauberhafte Orte und fantastische Gestalten im Michael-Ende-Kurpark

Früh übt sich ...

Michaels Vater ist der surrealistische Maler Edgar Ende. Mit seiner Frau Luise und dem kleinen Sohn zieht die Familie Ende zu Beginn der 30er Jahre nach München. Sie leben in Schwabing, mitten in der Künstlerszene. Hier liegen die Wurzeln für eine grenzenlose Fantasie, die Michael Ende in allen seinen Büchern erschafft, und die ihn zum wohl größten fantastischen Schriftsteller macht, sagt Georg Büttel. Edgar Ende hatte seinen Sohn beauftragt, Titel für seine Gemälde zu erfinden. 

"Wir können uns den kleinen Michael Ende schon so vorstellen, wie er die Bilder seines Vaters - in denen ganz oft mythologische Szenen und Wesen wie Schildkröten vorkommen oder Traumlandschaften, wie wir sie später  in der 'Unendlichen Geschichte' oder 'Momo' beschrieben finden - wie der kleine Michael die sieht und versucht das in Worte zu fassen und ihnen die Titel zu geben. Und damit sind wir genau bei Bastian in der unendlichen Geschichte, als er die Welt komplett neu erschafft aus einem Sandkorn. Er gibt den Dingen Wirklichkeit, indem er sie beim Namen nennt."

Georg Büttel

Endes Bücher haben weltweit eine Gesamtauflage von über 25 Millionen

Michael Ende Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt.

Bastian begegnet dem Werwolf Gmork in der "Unendlichen Geschichte". Der Bub, der die Schule hasst - wie übrigens auch der echte Michael Ende - erschafft sich eine Fantasiewelt. Dieses Buch wird das erfolgreichste von Michael Ende.

Seine Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt. In Japan wird Michael Ende seit Jahrzehnten bewundert, sagt Georg Büttel.

"Michael Ende wurde in seinen Hauptwerken bereits in den 70er Jahren ins Japanische übertragen. Mit Momo hat es begonnen. Und da hat er sehr viel Verbreitung gefunden, weil er dort von Anfang nicht als Kinder- und Jugendbuchautor wahrgenommen wurde, sondern als politischer Denker, als philosophischen Ratgeber. Und als solcher genießt Michael Ende auch bis heute noch in Japan große Verehrung ."

Georg Büttel

Werke (Auswahl)

1960

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Sie stiegen in das Führerhäuschen, schlossen die Türen und fuhren in die Wüste hinein. Die Dampfwölkchen aus dem Schornstein der guten dicken Emma stiegen in den Nachthimmel empor, immer höher und höher und zergingen endlich ganz hoch droben, wo leuchtend der große silberne Mond stand": So beginnt Michael Endes Schriftstellerlaufbahn. "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" ist sein erstes veröffentlichtes Buch und ein Bestseller. Zuvor hatten 12 Verlage das 500 Seiten dicke Manuskript abgelehnt; die Fortsetzung "Jim Knopf und die wilde 13" hätten viele gern gehabt. Noch bekannter wird Ende durch die Verfilmungen der Augsburger Puppenkiste.

1973

Momo

Als Ende nach Rom zieht, hat er das "Momo"-Manuskript bereits im Gepäck. Die ewige Stadt mit ihren abertausend Geschichten inspiriert ihn: Momo, das kleine Mädchen, das den Kampf mit den Zeit raubenden "grauen Herren" aufnimmt, begegnet uns in einem alten Amphitheater. Für viele Fans ist Momo Endes gelungenstes Buch - was auch daran liegt, dass es sich ebensogut als Märchen lesen lässt wie als spannender Abenteuerroman und Allegorie auf die kapitalistische Gesellschaft.

1979

Die unendliche Geschichte

Es klingt wie ein Traum: Zum Start erscheint Endes "Kinderbuch für Erwachsene" mit 20.000 Exemplaren. Fünf Jahre später ist die Auflage fast ohne Werbung auf eine Million gestiegen - und ein Alptraum beginnt: Lange schon wollte Ende eines seiner Bücher im Kino besuchen. Indes kennt er sich im Reich der Fantasie besser aus als mit Filmrechten. Mehrfach wechselt der Stoff den Besitzer, am Ende realisiert Bernd Eichinger eine wenig subtile Version, die Ende vergebens vor Gericht zu verhindern versucht. Zwei Tage nach dem Premierenbesuch stirbt Endes Frau an einer Lungenembolie. Ohne sie fehlt ihm der kreative Widerpart und die Kraft zu den ganz großen, epischen Abenteuerreisen.

1983

Der Spiegel im Spiegel

Ein Experiment: Die Geschichten in Endes surrealistischem Erzähllybyrinth sind voneinander unabhängig, jedoch durch Motive aufeinander bezogen. Das Buch erinnert passagenweise an die Arbeiten des Argentiniers Jorge Luis Borges, gewidmet ist es Endes Vater Edgar, dem fantastischen Maler. Besser verkauft sich sechs Jahre später der "satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch", in dem sich Michael Endes Lust am kunterbunten Fabulieren noch einmal Bahn bricht.

1984

Der Goggolori

In Rom hat Ende den Komponisten Wilfried Hiller kennengelernt, der sein Freund und kongenialer Partner wird. Zusammen realisieren sie unter anderem den "Goggolori", eine "bairische Mär mit Musik" nach Motiven aus alten Volkssagen. Die Oper wird ein großer Erfolg und zählt zu den Klassikern bei den Orff-Festspielen auf Kloster Andechs. Über das Musikverständnis seines Freundes erzählt Hiller: "Was für Michael wichtig war, gerade wenn es um die Bühnenwerke ging: dass die Musik erst dann einsetzen musste, wenn er mit dem Wort nicht mehr weiter kam. Mit Musik kann man die Grenzen der Fantasie noch eher erreichen als mit dem gesprochenen Wort."

Seine Themen sind auch heute noch aktuell

Die kleine Momo mit der Schildkröte Kassiopeia lässt sich von den Zeitdieben nicht einschüchtern.

Momo ist nicht nur ein Jugendbuch - es ist voller politischer und philosophischer Gedanken. Das Mädchen Momo kämpft gegen die Macht der Zeitdiebe, die den Menschen die Lebenszeit stehlen wollen. Im Michael-Ende-Museum in Garmisch-Partenkirchen baumeln die Zeitdiebe als Marionetten in einer dunklen Kammer.

Die Zeitdiebe und die Kritik an unserer Geldpolitik in "Momo" stammen aus dem Jahr 1973 - und sie sind heute aktueller denn je. Die Lust an Sprachschöpfungen und das Spiel mit seinem Namen hat Michael Ende auch in Momo ausgekostet, sagt der Autor Georg Büttel.

"Zum Beispiel am Ende von Momo taucht auf dem Schildkrötenpanzer von Kassiopaia das Wort 'ENDE' als Schriftzug auf. Und in vielen anderen Geschichten gibt's Wendungen auf ENDE. Zum Beispiel die berühmte Geschichte, wo ein alter weiser Mann ein Kind trifft und sich mit den Worten vorstellt: 'Am Anfang heiße ich Ende'. Die Geschichte endet dann damit, dass die zwei Hand in Hand in die Welt hinausgehen und man weiß nicht, wer wen führt."

Georg Büttel

Ein offener Schluss ist charakteristisch für den erfolgreichen deutschen Schriftsteller. Kinder und  Erwachsene sollen in ihrer Phantasie Geschichten fortschreiben.

"Was du nicht kennst, das, meinst du, soll nicht gelten?
Du meinst, dass Phantasie nicht wirklich sei?
Aus ihr erwachsen künftige Welten:
In dem, was wir erschaffen, sind wir frei"
Zitat

Endes Vorliebe für Schildkröten

In vielen Büchern von Michael Ende tauchen Schildkröten auf und auch im Museum in Garmisch-Partenkirchen liegt im Filmraum eine riesige Schildkröte. Seine Vorliebe für Schildkröten hat er einmal sehr schön erklärt, erinnert sich Georg Büttel:

"Erstens sind das Tiere, die niemandem etwas tun. Zweitens sind es Tiere, die vollkommen nutzlos sind. Und sie scheinen immer etwas zu wissen, und deshalb kommt's einem so vor, wenn man einer Schildkröte ins Gesicht sieht, als würde sie leise lächeln."

Michael Ende

Erinnerung an einen großen Schriftsteller

Nirgendwo ist Michael Ende lebendiger als an seinem Geburtsort: In Garmisch-Partenkirchen ehrte man den Autor mit einem "Phantasién-Lexikon" und der Umgestaltung des Kurparks in einen Themenpark mit versunkenen Skulpturen, rätselhafte Brunnen und Amphitheatern - alles nach dem Vorbild jener italienischen Gärten, die Michael Ende so mochte. Im Kurhaus befindet sich eine Michael-Ende-Ausstellung, die von regelmäßigen Sonderausstellungen ergänzt wird. Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.


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