Lego, Affen und Knieschüsse Drei brandneue Biopics zeigen, wann Musikfilme gelingen – und wann sie scheitern
Mit „Piece by Piece“ verfilmt Pharell Williams sein Leben als Lego-Film, Robbie Williams inszeniert sich in „Better Man“ als Affe und die irischen Rapper Kneecap spielen sich in einem neuen Biopic selbst. Warum zwei der drei Filme mit ihrer unkonventionellen Art begeistern, einer aber scheitert.
Meistens folgen Biopics dem Baukasten-Prinzip. Bausteine, die auf keinen Fall fehlen dürfen: die schwere Kindheit in der Sozialbausiedlung, die erste Verhandlung mit einem griesgrämigen Label-Chef, das erste Mal auf der Bühne vor tausenden Fans, durchzechte Nächte zwischen ausgesoffenen Vodka-Flaschen und Kokain, Zerwürfnisse mit Familie und Freunden. Und klar: schließlich die Läuterung, die Rettung durch die Kinder, die liebende Ehefrau oder Gott.
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PIECE BY PIECE - Official Trailer [HD] - Only In Theaters October 11
Darum geht es im neuen Pharell-Williams-Biopic
Beim neuen Biopic "Piece by Piece" von und über Pharrell Williams sollte wahrscheinlich deutlich werden, wie bausteinhaft dieser Baukasten ist. Denn "Piece by Piece" über den US-amerikanischen Rapper und Beat-Bauer ist ein Lego-Film. Den gibt’s aktuell nur auf Englisch im Kino – denn Pharrell erzählt seine Geschichte mit eigener Stimme. Und genau wie die Interviews mit Co-Stars wie Gwen Stefani, Snoop Dogg oder Jay-Z kommt das besser mit Untertiteln. All diese Stars sehen wir aber nicht als echte Menschen, sondern als animierte Lego-Figuren – als Werbemaskottchen dieser globalen Spielzeugmarke.
Warum "Piece by Piece" enttäuscht
Ja, die Lego-Idee unkonventionell und kreativ, zum Beispiel, wenn Snoop Dogg als Lego-Hund ins Bild hoppelt. Und ja, die Pharrell-Songs knallen auch im Kino. Aber sonst erzählt "Piece by Piece" wenig Neues. Nur die alte Leier: "Da hatte jemand Talent, hat hart gearbeitet, dran geglaubt und dann kam das Geld." Hip-Hop trifft auf FDP-Wahlprogramm. Ganz anders ist das bei Biopic Nummer zwei auf dieser Liste.
Darum geht es im neuen Robbie-Williams-Biopic
"Ich weiß, was ihr denkt: Was soll der Affe?" fragt Robbie Williams im Trailer zu seinem neuen Biopic "Better Man". Zunächst wirkt das alles, wie ein Film, den man so schon oft gesehen hat. Nur, dass der Rockstar in diesem Film halt nicht von einem Menschen, sondern von einem animierten Affen verkörpert wird. "Ich fand mich eigentlich immer ein bisschen primitiver", begründet Robbie.
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BETTER MAN – DIE ROBBIE WILLIAMS STORY | Der neue Trailer | Jetzt im Kino!
Warum "Better Man" ein geniales Biopic ist
Anders als "Piece by Piece" erzählt "Better Man" aber eine sehr berührende Geschichte. Über einen von Selbstzweifeln zerfressenen Star, der sich mit seiner Drogensucht von einer Krise in die nächste reißt. Eine Sucht, die auch auf einer sehr ungewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung fußt. Und anders als Pharrell weiß dieser Williams, dass man Glück braucht, um in diesem System Erfolg zu haben: Hätte Robbie dem Manager von Take That beim Casting für die Boyband nicht frech zugezwinkert – er säße heute noch bei seiner Mutter auf der Couch. Regie geführt hat hier Michael Gracey, der schon für "Rocketman" und "Greatest Showman" verantwortlich war. Tolle Bilder und echte Emotionen, trotz – oder gerade wegen des Affen.
Darum geht es im neuen Kneecap-Biopic
Eine noch bessere Geschichte gibt’s aktuell nur in Biopic Nummer drei zu sehen. Die Entstehungsgeschichte des irisch-sprachigen Rap-Trios Kneecap kommt ins Kino. Ihre Berufung, sagen Kneecap: "Den Briten den Mittelfinger zeigen". Der Film "Kneecap" erzählt davon, wie drei Rapper den nordirischen Revolutionskampf weg vom Terrorismus hin zu einer Rap-Rebellion entwickeln. Schon der Bandname spricht Bände: "Kneecapping" war eine innerhalb der Terrororganisation IRA durchgeführte Bestrafung – ein Schuss in die Kniescheibe.
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KNEECAP | Official Trailer (2024)
Warum "Kneecap" ein ungewöhnliches Biopic ist
In "Kneecap" spielen sich die Bandmitglieder selbst, in einer Gastrolle ist Michael Fassbender zu sehen. Der verkörpert einen untergetauchten IRA-Terroristen, der überhaupt nicht cool findet, dass sein Sohn Móglaí Bap mit Drogen dealt und eine Rap-Karriere anstrebt. "Du sprichst Irisch, aber du verstehst nicht, was dahintersteckt", schimpft Fassbender einmal.
Es bräuchte mehr Biopics wie dieses. Filme über Menschen wie DJ Próvaí. Der ist der Pharrell Williams hinter Kneecap. Er baut die Beats der beiden Rapper, obwohl er fast doppelt so alt ist wie sie. Wie es dazu kam? Próvaí, der frustrierte middle-aged Musik- und Irischlehrer wird eines Abends auf die Polizeistation zitiert. Da wurde ein Junge verhaftet, der sich weigert, Englisch zu sprechen. Der Lehrer soll übersetzen, da entdeckt er die irischen Rap-Texte im Notizblock des Jungen und das Potenzial dahinter – die Geburtsstunde von Kneecap.
"Kneecap" zeigt, dass ein gutes Biopic den Baukasten begräbt
Und Erfolg: Das heißt hier mal nicht Big Money und Charts. Jedes irische Wort ist eine Kugel für die Freiheit Irlands, finden Kneecap. Am wichtigsten ist ihnen, Dinge zu verändern, zum Beispiel die Ausgrenzung von Iren und Nordiren in Großbritannien zu beenden, und so einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Und so beweisen Kneecap, dass der beste Musikfilm ihn am besten ganz ignoriert, den klassischen Biopic-Baukasten.