Münchner Dok.fest Diese Musik-Dokus solltet ihr nicht verpassen
In München ist Dok.fest: Hier werden die besten Dokumentarfilme des letzten Jahres gezeigt. Und das Tollste: Ihr könnt viele Filme auch online schauen: bis zum 20. Mai. Wir sagen Euch, welche Musikdokus sehenswert sind.
"Omar and Cederic": Porträt von At the Drive-In und Mars Volta
Darum geht’s: Eine kurvige Straße. Omar und Cedric fahren zum Studio, hier nehmen sie das dritte At the Drive-In-Album auf. "Relationship Of Command" wird die fünf Jungs aus El Paso endgültig berühmt machen – was die Band aber nicht verkraften wird: 2001, auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs, löst sich die legendäre Post-Hardcore-Band auf. "Wenn Du bekommst was Du willst, dann musst Du aufpassen, denn das ist der Moment, in dem Du es nicht mehr kontrollieren kannst. Mit einem Mal haben wir für dieses riesige, weiße Publikum gespielt, das niemals unsere eigentlichen Beweggründe verstehen würde."
At the Drive-In werden dafür geliebt, dass die Bandmitglieder an ihre Grenzen gehen, für ihre Dringlichkeit und vermeintliche Härte, aber die Band ist eben auch bewusst politisch, kommt aus einer Straight-Edge-Hardcore-Kultur. Es passt nicht zusammen. Omar und Cedric, die beiden Gründungsmitglieder der Band, machen als Mars Volta weiter.
Fazit: Die Doku erzählt anhand von collagierten privaten Filmaufnahmen, was passiert, wenn eine Band von ihrem Erfolg überrollt wird, wenn Ruhm und die Ansprüche der Fans nicht mehr mit dem eigenen Gefühl und der politischen Weltanschauung zusammenpassen. Und sie erzählt die Geschichte der Freundschaft von Omar und Cedric – und wie schön das ist, wenn man zusammen seine künstlerische Vision rettet.
Für Fans von: den Nullerjahren, Punk, Indie – und wackeligen Filmaufnahmen, schnellen Schnitten und Oldschool-Videoeffekten.
Omar and Cederic: Hier geht's zum Film
Freitag, 10.5., 20.30 Uhr, City
"Let the Canary Sing": Porträt der Sängerin Cyndi Lauper
Darum geht’s: "Girls Just Wanna Have Fun" und "Time After Time": Man kennt Cyndi Lauper als die Frau mit den punkig-bunten Haaren, die mit ihren Girls in der elterlichen Wohnung eine Parade der Rebellion anführt. Der Dokumentarfilm von Alison Ellwood setzt der Musikerin ein Denkmal, ihrem Kampf darum, ihr eigenes Ding zu machen, der sie bis vor Gericht führte. Der Richter urteilte zu ihren Gunsten mit dem titelgebenden Satz: "Let the canary sing" – lasst den Kanarienvogel singen.
Fazit: "Let the Canary Sing" ist vielleicht der erstaunlichste Dokumentarfilm in dieser Reihe an Musikdokus. Denn seien wir ehrlich, zuerst denkt man sich: Braucht die Welt wirklich eine Doku über Cyndi Lauper, die zweifelsohne unglaublich tolle Songs geschrieben hat, aber in ihrer Schrillheit auch irgendwann formelhaft wurde und aus der Zeit fiel? Doch die Doku porträtiert eine Ausnahmekünstlerin, nicht nur wegen ihrer Stimme und Songwriting-Künsten, sondern auch weil Cyndi Lauper von jeher Aktivistin war, zuerst in eigener Sache, dann für die Rechte von Frauen und queeren Menschen: "'True Colours' wurde von queeren Menschen verehrt. Da es uns nicht wirklich erlaubt war, uns zu zeigen, führten unsere Hetero-Allys die Unterhaltung, mit der wir selbst nicht rausgehen konnten", erzählt ein Freund von ihr. Insofern: Ja, diese Doku ist sehenswert und zeigt einmal mehr, dass man sich von Vorurteilen trennen sollte.
Für Fans von: den 80er-Jahren, Kampf um Gleichberechtigung für Frauen und queere Menschen
Let The Canary Sing: Hier geht's zum Film
Mittwoch, 8.5., 11 Uhr, HFF
Samstag, 11.5., 18.30 Uhr, Neues Rottmann
"A Hip Hop Minute": Vermächtnis der New Yorker Hip Hop-Pioniere
Darum geht’s: 1986 veränderte die Doku "Big Fun in the Big Town" über Hip Hop in New York Pascal Garniers Leben. Er fängt an zu rappen und wird Host der ersten Rap-Sendung im belgischen Radio. 35 Jahre später macht sich Garnier auf die Suche und besucht die Stars der damaligen Doku, allen voran Russell Simmons von Def Jam und Rapper LL Cool J, und lässt sie auf die Zeit zurückblicken und ihre Karriere reflektieren.
Fazit: "A Hip Hop Minute" ist eine nostalgische Doku, eine Verbeugung und ein Dankeschön des Regisseurs an die Helden seiner Jugend. Es wird nichts erzählt, was nicht schon an anderer Stelle gesagt worden wäre, aber es ist schön wie Damals und Heute gegengeschnitten werden und LL Cool J wieder im Haus seiner Großmutter sitzt, wo er damals seine Musikkarriere begonnen hat: Das Sofa steht immer noch an der gleichen Stelle.
Für Fans von: den 80er-Jahren, Oldschool Hip Hop, Def Jam, LL Cool J und Roxanne Shanté
A Hip Hop Minute: Hier geht's zum Film
Dienstag, 7.5., 21 Uhr, City
Donnerstag, 9.5., 11.30 Uhr, HFF
Freitag, 10.5., 20.30 Uhr, Pasinger Fabrik
und Online
"Catching Fire": Anita Pallenberg und die Rolling Stones
Darum geht’s: Anita Pallenberg ist Model, Schauspielerin und Stil-Ikone der Swinging Sixties, vor allem aber wird sie als Groupie der Rolling Stones bekannt, die zuerst mit Brian Jones, dann mit Keith Richards liiert ist, mit dem sie drei Kinder bekommt. "Catching Fire" erzählt aus ihrer Perspektive: "Das Konzert war wild, die Polizei musste das Publikum zurückdrängen. Mick bekam Angst, er musste sich verstecken – ich liebte jede Minute", schreibt Pallenberg in einem nach ihrem Tod gefundenem Manuskript, im Film vorgelesen von Scarlett Johansson.
Fazit: "Catching Fire" ist eine recht konventionelle Doku, langsam und manchmal zu bedächtig erzählt für die heutige Sehgewohnheit. Neben Wegbegleitern wie Regisseur Volker Schlöndorff kommen auch Keith Richards und ihr Sohn Marlon zu Wort, der auch Produzent des Films ist. Die Doku besticht vor allem durch Fotos und Super-Acht-Material aus dieser Zeit. Man hätte sich gewünscht, dass Musikeinsatz und Schnitt ein bisschen mehr Sixties-Vibes reingebracht hätten.
Für Fans von: den 60er-Jahren, den Rolling Stones (man sieht bisher unveröffentlichte Urlaubserinnerungen) und schönen Schwarz-weiß-Fotos
Catching Fire: Hier geht's zum Film
Mittwoch, 8.5., 18 Uhr, HFF
Samstag, 11.5., 20 Uhr, City
und Online