Super Bowl 2025 Kendrick Lamar serviert die Schwärzeste Halbzeitshow der Geschichte – und Trump sieht zu
Er ist der erste Solo-Rapper, der eine Halbzeitshow gehostet hat: Kendrick Lamar. Beim 59. Super Bowl in New Orleans liefert er genau das, was den Umständen angemessen ist: lyrische Finesse, Symbolkraft und Blackness pur.
![Kendrik Lamar bei der Halbzeitshow des 59. Super Bowl | Bild: John Angelillo/Newscom/pa Kendrik Lamar bei der Halbzeitshow des 59. Super Bowl | Bild: John Angelillo/Newscom/pa](/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/kendrik-lamar-super-bowl-halftime-100~_v-img__16__9__l_-1dc0e8f74459dd04c91a0d45af4972b9069f1135.jpg?version=ad6fa)
Die Kulisse für Kendrick Lamars Performance beim Super Bowl ist ein Highway bei Nacht. Der Rapper startet mit einem Acapella-Rap-Part in die größte Performance seines Lebens.
"The revolution will be televised, you got the right time, but the wrong guy..."
Kendrick Lamar, Rapper
Diesen Satz skandiert Kendrick Lamar direkt nach dem Opener, noch dem ersten bekannten Song des Abends. Der Rapper nimmt hier die berühmten Zeilen des afroamerikanischen Künstlers Gil Scott-Heron, "Revolution will not be televised", und verkehrt sie ins Gegenteil. Die erste Ansage des Abends. Schaut hin! Die Revolution läuft eben doch gerade im Fernsehen. Es sei auch höchste Zeit, nur der Anführer der Falsche.
Kendrick Lamar verbindet Kommerz und Community
Meint Lamar damit sich selbst? Dann muss man widersprechen: Kendrick Lamar ist nicht nur der wichtigste zeitgenössische Rapper, und noch dazu Pulitzer-Preisträger, er ist vor allem ein Meister der Balance. Seit Jahren hält er stabil das Gleichgewicht zwischen Kommerz und Community, Crowd Pleasing und Aktivismus. Er schreibt einen lyrischen Deep Dive zu Rassismus und bringt es damit auf Platz 1 der Billboard Charts.
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Kendrick Lamar's Apple Music Super Bowl Halftime Show
K.dot liefert also. Auch gestern, als er beim Super Bowl die vielleicht 13 Schwärzesten Minuten aufführte, die die größte Bühne der Welt je gesehen hat. Und das vor Donald Trump, der selbst im Stadion in New Orleans war.
"Ich verdiene alles. Warum denkt ihr, dass ihr mich, den G.O.A.T (Greatest of all time) verdient habt?", ruft Kendrick Lamar der Crowd und Trump zu und spielt nach dem recht einfachen Opening nicht etwa eine umfangreiche Werkschau der letzten 15 Jahre. Nein, der Fokus liegt auf den Hits seines neuesten Albums "GNX". Songs, geprägt von seinem Beef mit Rapper Drake, den er sogar namentlich in der Show erwähnt und disst. Nur für drei Songs, darunter "HUMBLE", reist er in seiner Musikhistorie zurück. Also alles eher unpolitische Album-Promo?
Samuel L. Jackson als Schwarzer Uncle Sam
Vor der Show waren die Erwartungen hoch. Dass Rapperin SZA zusammen mit Lamar auf der Bühne stehen wird, war bereits klar. Wild wurde über weitere Gastauftritte, etwa von Bob Dylan oder Childish Gambino spekuliert – beide ebenfalls oft politisch unterwegs. Am Ende ist es Schauspieler Samuel L. Jackson, der als Überaschungsgast die Figur des Uncle Sam verkörpert: die Personifizierung der USA, die hier nicht wie sonst üblich weiß, sondern bei Lamars Halbzeitshow ebenso konsequent Schwarz ist. Uncle Sam gibt immer wieder kleine Zwischenmonologe zum Besten, persifliert Vorurteile, auf die Kendrick und Afroamerikaner:innen im Allgemeinen immer wieder stoßen: "Zu laut, zu rücksichtslos, zu ghetto."
Ansonsten liefert der Rapper keine raffinierten Medleys, keine Stunts, sondern einfach 13 Minuten Rap pur. Lamar zwingt die Leute, zuzuhören, sich auf ihn einzulassen. Er fesselt die Leute mit seiner lyrischen Virtuosität ohne viel Tam Tam. Trotzdem ist die Performance mehr als ein normales Konzert, mehr als Album-Promo. Der Rapper hat einige politische Easter Eggs versteckt.
Kendrick Lamar serviert beim Super Bowl politischen Rap, gekleidet in blau, weiß und rot. Sie stehen hier also für Amerika, und sie cripwalken und stompen über den künstlichen Asphalt, als tanzten sie nicht auf eine der größten Bühnen der Welt, sondern bei sich daheim in Compton, dem berühmten Vortort von L. A.
Kendrick Lamar fordert uns auf, den Fernseher auszuschalten!
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Kendrick Lamar - tv off (Music Video)
Zum Schluss übt Lamar Kritik an den Medien. Oder an denen, die sie konsumieren. In den Lyrics zum letzten Track der Show, "tv off", produziert von DJ Mustard, referenziert er erneut den Protestsong von Gil Scott-Heron im Geist der Bürgerrechtsbewegung. "Schaltet den Fernseher aus und geht auf die Straße! Nehmt euren Kampf selbst in die Hand!" Heißt es darin. Über 50 Jahre später weist Lamar auch seine Crowd an, den TV auszuschalten. Umso bedeutungsvoller, wenn man bedenkt, dass in den USA das Fox Network dieses Jahr den Superbowl übertragen hat, also das Medienunternehmen mit dem rechts-konservativen Nachrichtensender Fox News, das ganz auf Trumps Linie ist.
Nach der Show gibt es neben viel Zuspruch auch kritische Stimmen. Einige Fans sind enttäuscht, dass Lamar nicht mehr ältere Tracks einbaute, quasi nicht die vollen Geschütze aufgefahren hat. So fehlte zum Beispiel der Track "Alright", eine Hymne für Durchhaltevermögen und schwarzen Zusammenhalt im Kampf gegen Rassismus. Oder "King Kunta", ein Track, stark beeinflusst von der Geschichte eines schwarzen Sklaven und Rebellen. Dazu habe K.dot alle Schimpfwörter zensiert und so die Möglichkeit nicht genutzt, vor dem US-Präsidenten mal so richtig auf die Kacke zu hauen, schreibt ein User auf Instagram.
Antifaschismus statt Hakenkreuze auf T-Shirts wie bei Kanye West
Aber mal ehrlich: Kein anderer Künstler, keine andere Künstlerin wird an so hohen Standards gemessen wie Kendrick Lamar. Der Standard ist Kendrick Lamar selbst! Wenige üben Sozial- und Gesellschaftskritik so scharf und poetisch wie er. Wenige sind damit gleichzeitig so erfolgreich. Es ist vermessen, von ihm zu verlangen, dass er bei einer solchen Show noch einen drauflegen müsste. Vergangene Halbzeitshows hatten dagegen wenig bis gar keine politische Schlagkraft. Die von Kendrick Lamar kam sogar ohne Schimpfwörter aus, auf die Rap-Artists seit jeher reduziert und dafür verurteilt werden.
Während Rapper Kanye West neuerdings T-Shirts mit Hakenkreuzen verkauft, begreift Lamar dagegen Kultur als das, was sie vor allen Dingen sein kann: ein Bollwerk gegen den Faschismus. Und er bleibt sich dabei selbt treu: ein lyrisches Genie, das HipHop-Kultur zu 100 Prozent lebt und die Welt zum Zuhören bringt. Und das alles während des Black History Month. Das ist Gold wert.