"Straight Outta Giasing" Diese Doku zeigt den Aufstieg des Münchner Bier-Underdogs: Giesinger Bräu
Vom Flaschensammler zum Bier-Revoluzzer: Ein neuer Dokumentarfilm zeigt, warum Steffen Marx und sein Giesinger Bräu unter den Münchner Brauereien so etwas wie die Punks sind. Und vor Ort wird auch schnell klar, was das Giesinger so besonders macht.
Drei Meter sind sie bestimmt hoch, die grauen Bier-Tanks, hier im Hinterzimmer des Giesinger Bräustüberls in München. "Wir sind mitten im Sudhaus", erklärt Giesinger-Chef Steffen Marx. "Hier brauen wir noch unsere Spezialitäten." Die Luft schmeckt nach Hopfen und Malz. Und in jedem dieser Tanks gären 6.000 Liter Bier. Das sind 6.000 Maß oder 12.000 Halbe, schon ein Tank müsste also den täglichen Bierbedarf einer Kleinstadt decken.
Neuer Dokumentarfilm: "Straight Outta Giasing"
Die größte Besonderheit aber, sagt der Giesinger-Gründer Steffen Marx, der mich durch seine Brauerei führt, ist auf dem Boden vor den Tanks: "Unser Logo ist hier in kleinen Mini-Fliesen auf den Boden vor der Eingangstür gefliest." Das Motiv dürfte vielen bekannt sein: Die Heilig-Kreuz-Kirche vom Giesinger Berg liegt hier als Bodenmosaik. "Das war auch recht teuer. Im Bau ist es ja immer so: hintenraus fehlt dir die Kohle, dann streichst du die coolen Sachen immer weg. Da haben wir gesagt: Wir legen das zuerst rein, nicht dass es nachher gestrichen wird", erklärt Marx.
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Straight Outta Giasing - Kinofilm Trailer #2
Über die Geschichte der mittlerweile eh schon sehr hippen Brauerei gibt es jetzt den Dokumentarfilm "Straight Outta Giasing". Das Privatfersenehen hatte die Giesinger beim Bau ihrer Produktionsanlage im Münchner Norden begleitet. Aus den vielen Stunden Rohmaterial hat die Brauerei mit Hilfe von Regisseur Raphael Lauer einen 90-minütigen Film gemacht. Im Trailer ist davon die Rede, dass unter den Münchner Brauereien seit Jahrhunderten die gleichen Mächte herrschen würden. Bis jetzt. Die Mächte, von denen die Rede ist: Die sechs anderen Münchner Brauereien Augustiner, Hacker-Pschorr, Hofbräu, Löwenbräu, Paulaner und Spaten. Die Geschichte der Giesinger, der siebten Brauerei, aber ist ein bisschen anders.
Giesing? Zufall. Hauptsache eine Brauerei!
Gründer Steffen Marx wächst eigentlich in Mecklenburg-Vorpommern auf. Dann geht er zur Bundeswehr und studiert schließlich Brauwesen in Neubiberg. Und um jeden Preis will er den Traum von einer eigenen Brauerei verwirklichen. "Die Anfänge waren ganz kurios", erzählt er. Man hätte fieberhaft nach Produktionsstätten gesucht, zum Beispiel in Solln oder Aubing. Giesing hätte es eigentlich gar nicht sein müssen. "Wir haben nur gesagt: Wir machen eine Brauerei, egal wo", sagt Marx.
In einer Garage in Giesing wird man fündig. Da fängt alles an. Die Idee: Über Crowdfunding eine kleines, lokal verwurzeltes Unternehmen gründen. Anfangs war das laut Marx Handarbeit: "Wir haben alles selber datiert, selber etikettiert, Flaschen per Hand gewaschen. Wir haben Kronkorken draufgemacht, die Flaschen in die Kisten eingepackt und per Hand verkauft." Die größter Herausforderung dabei: Flaschen finden. Weil neue zu teuer sind, sammelt Marx jahrelang Leergut von den anderen Brauereien ein, und füllt dort das Giesinger ab.
Vom Flaschensammler zum Bier-Revoluzzer: Steffen Marx
Anfänglich sei erstmal keiner begeistert gewesen in der Stadt. "Da mussten wir viele Klinken putzen." Immer wieder droht der finanzielle Ruin. "Dann wacht man morgens auf und sagt: Ja, scheiße. Aber lass uns einfach weitermachen", erinnert sich der Gründer. Der Trick sei gewesen, die Probleme ganz ruhig zu lösen. Eins nach dem anderen. Und natürlich seien oft fünf neue dazu gekommen, wenn man einmal zwei gelöst habe.
Und doch zieht Steffen Marx immer wieder neue Investoren an Land. Es gibt viele reiche Münchner, die Interesse an Bier haben, das zeigt auch der Film. "Straight Outta Giasing" begleitet Marx außerdem beim Bau einer größeren Fabrik in Milbertshofen im Münchner Norden. Heute, fast 18 Jahre später ist Giesinger mit einem Prozent Marktanteil eine etablierte Biermarke und vertreibt sogar Craft-Biere wie das Punk-IPA, das Steffen Marx zum Interview mitbringt.
Giesinger Bräu: die Punks unter den Münchner Brauereien sind
Und irgendwie sind diese Giesinger auch ein bisschen die Punks unter den Brauereien. Immer noch legen sie viel Wert auf DIY. Klar, um zu überleben, müssen sie das Spiel im Kapitalismus mitspielen, Profit machen. Gleichzeitig wollen sie aber bodenständig bleiben und ihr Crowdfunding-Prinzip beibehalten. Über 6.000 Mitglieder finanzieren mittlerweile das Giesinger Bräu. Als Ausgleich kriegen sie Gutscheine für Speis und Trank. Als wäre das Unternehmen eine Schablone für das Wirtschaften in einer sozialistisch-demokratischen Marktwirtschaft. Liberal, aber nicht ausbeuterisch. Und doch, sagt Marx, ist eine Sache noch wichtiger: "Man darf aber nicht vergessen, dass die Qualität des Bieres über allem steht. Wenn wir jetzt eine coole Marke haben und eine große Crowd, aber das Bier ist scheiße… Dann erübrigt sich das Thema relativ schnell."
Ein alkoholischer Film
Dass das Bier zumindest Marx schmeckt, sieht man auch in "Straight Outta Giasing". Der Film, mit dem sich Steffen Marx selbst ein Denkmal setzt, ist auch interaktiv. Oder Alkohol-intensiv: Man soll immer selbst einen Schluck Bier trinken, wenn der Gründer in Interviews Bier trinkt. Am Ende sind das über 40. In einer Szene des Films Film sieht man Steffen Marx auf einer Brauereibaustelle. Ein Bauarbeiter berichtet ihm, dass er noch einen Schädel von gestern hat. "Ich glaube in der Szene habe ich nur vor mich hingekichert", erinnert sich der Gründer. Er sagt: "Wenn man in einer Bauphase ist und jeder trägt ein Mikro, dann ist das ungefiltert und dann ist natürlich der ein oder andere Spruch dabei, der einfach so rausplatzt." Der Spruch, der Marx in dieser Szene rausplatzt, bezieht sich auf das Bier, das der Bauarbeiter getrunken hat: Paulaner aus der Dose. Auf der Baustelle ist das in "Straight Outta Giasing" von da an tabu.
Hinweis: Die Premiere der Giesinger-Doku findet am Sonntagabend, dem 19.05.2024, im Grünwalder Stadion in Giesing statt.