Pechmann-Preis 2024 Auszeichnungen für Erinnerungs- und Geschichtsprojekte
Gleich zwei Projekte des BR wurden am 4. November mit dem Wilhelm Freiherr von Pechmann-Preis der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ausgezeichnet: das ARD-History-Dokudrama "Hitlerputsch 1923: Das Tagebuch der Paula Schlier" mit dem zugehörigen Bayern 2-Podcast "Paula sucht Paula: Vergessene Heldin im Hitlerputsch?" und das Erinnerungsprojekt "Die Rückkehr der Namen".
"Erinnerungskultur ist wichtig für den Geist unserer Demokratie": Damit eröffnete der Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral die Preisverleihung in der Markuskirche.
"Wir erinnern uns an die Opfer des NS-Terrors, damit uns immer wieder klar wird, welchen Wert unsere rechtsstaatliche Demokratie hat."
"Nie wieder ist jetzt"
Den Sonderpreis der Jury unter dem Vorsitz von Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel und Regionalbischof Prieto Peral erhielt das Erinnerungs- und Demokratieprojekt "Die Rückkehr der Namen" des Bayerischen Rundfunks und der Landeshauptstadt München, Abteilung Public History. Auf bewegende Weise seien die Lebensgeschichten von über 1.000 Münchner Opfer des Nationalsozialismus auf die Straßen und "in unsere Herzen" gebracht worden, sagte Pietro Peral in seiner Laudatio.
"Der Satz: 'Nie wieder ist jetzt' ist ein wichtiger Satz. Aber dieser Satz muss auch mit Inhalt erfüllt werden. Die Kurve der antisemitischen Straftaten steigt steil an. Das darf nicht zum Alltag werden. Daran dürfen wir uns niemals gewöhnen. Jedes kriminelle Verbrechen in Wort und Tat ist auch ein Anschlag auf unsere Demokratie."
Stellv. Programmdirektor Kultur Andreas Bönte
Das Preisgeld spendet die Redaktion an die ErinnerungsWerkstatt München, die sich ehrenamtlich für die Erinnerungskultur und historische Aufarbeitung der NS-Zeit einsetzt.
Auszeichnung für ARD-History-Dokudrama und Bayern 2-Podcast
Das ARD-History-Dokudrama "Hitlerputsch 1923: Das Tagebuch der Paula Schlier" von Oliver Halmburger und der Bayern 2-Podcast "Paula sucht Paula: Vergessene Heldin im Hitlerputsch?" der BR-Autorin Paula Lochte teilen sich einen der vier Preise, der mit jeweils 2.500 Euro dotiert ist. Beide Projekte sind in der Redaktion "Grundbildung, Geschichte und Gesellschaft" entstanden. Oliver Halmburger und Paula Lochte dankten dem gesamten Team für die gelungene Zusammenarbeit, insbesondere Rainer Schaller für die Regie, Adele Meßmer für Ton und Technik, Redaktionsleiterin Susanne Poelchau und Redakteurin Andrea Bräu für die Betreuung sowie Werner Reuß, dem Leiter des Ressorts Wissen und Bildung, der das Projekt von Anfang an unterstützt und großes Vertrauen in seine Mitarbeitenden gesetzt hat.
"Ein großartiger Preis für ein großartiges Projekt! Die Kombi aus Doku und Podcast eröffnete den Autoren und der Redaktion die Möglichkeit, ein für den Verlauf der deutschen Geschichte wichtiges Ereignis subjektiv und dennoch multiperspektivisch, emotional und einfühlsam, packend und zugleich berührend zu erzählen. Zugleich wurde mit dem Projekt eine damals junge und extrem mutige Frau gewürdigt, die sich selbst überhaupt nicht wichtig nahm, deren Notizen aber noch heute ganz wesentlich zum Verständnis des menschenverachtenden Ungeistes im Völkischen Beobachter beitragen.
Herzliche Gratulation zu diesem ehrenvollen Preis und ein herzliches Dankeschön der Autorin, der Redakteurin, der Redaktionsleiterin und dem gesamten Team zur sensiblen Umsetzung ihrer tollen Programmidee! Chapeau!"
Werner Reuß, Ressortleitung Wissen und Bildung:
"Wir sind glücklich und stolz, dass 'Paula' immer noch weitere Preise gewinnt. Und gerade in diesen Tagen ist uns allen wieder so bewusst, wie wichtig Menschen wie sie sind, die genau hinschauen, sich nicht blenden lassen und ihren Überzeugungen treu bleiben."
Susanne Poelchau, Redaktionsleitung Redaktion Grundbildung, Geschichte und Gesellschaft
Bei der feierlichen Preisverleihung in der Münchner St. Markus Kirche sprachen auch Dr. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, sowie Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.
Wilhelm-Freiherr von Pechmann: "Nimmermehr!"
"Kann und darf die Kirche schweigen? Nimmermehr!" Mit diesen Worten setzte sich Wilhelm Freiherr von Pechmann, der erste gewählte Präsident der Evangelisch-Lutherischen Generalsynode in Bayern, zu seiner Zeit entschieden für die Menschen ein, die unter dem NS-Regime zu leiden hatten.
Der renommierte Preis ist inspiriert von der Zivilcourage Wilhelm Freiherr von Pechmanns. In der Zeit des Nationalsozialismus hat er aus christlicher Überzeugung seine Stimme für Menschenwürde, gegen Rassismus und Antisemitismus erhoben. Der Preis fördert "herausragende wissenschaftliche Forschungsarbeiten und Leistungen in Bildungsarbeit und Publizistik, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzen. Außerdem werden überzeugenden Beispiele für Gemeinsinn und Zivilcourage in der Gegenwart ausgezeichnet.
"Ignoranz ist keine Option"
Synodalpräsidentin Dr. Annekathrin Preidel betonte in ihrem Schlusswort, wie aktuell das sei, was Wilhelm Freiherr von Pechmann zu seiner Zeit vorlebte: "Ignoranz ist keine Option. Im Gegenteil: Wir dürfen nicht aufhören, unbequeme Fragen an unsere Geschichte und Gegenwart zu stellen", mahnte Preidel. "Menschenwürde, Toleranz und Respekt stehen auf dem Spiel, und zwar heute, hier und jetzt, mitten in unserem Land."